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Beschreibung
vor 9 Jahren
Wie wirkt sich die Biegesteifigkeit von Klaviersaiten auf die
Stimmung aus? Dieser Frage ist Niels Ranosch nachgegangen und
erklärt uns im Gespräch mit Gudrun Thäter seine Ergebnisse.
Das Schwingen von Klaviersaiten wird oft mit mit der
Wellengleichung modelliert und simuliert; die Annahme ist hier,
dass die Saite unendlich dünn ist. Betrachtet man die Saite
jedoch mit realistischer Querschnittsfläche, so treten durch
Dehnung und Stauchung weitere Kräfte im Material auf, und man
muss in einem erweiterten Modell gerade für dicke oder kurze
Saiten die Biegesteifigkeit der Saiten berücksichtigen.
Die Wellengleichung ist eine partielle Differentialgleichung, die
die Auslenkung der Saite mit zweiten Ableitungen im Raum und Zeit
beschreibt. Zur Erweiterung des Modells wurde die Saite in
einzelne Teilfasern aufgeteilt, für die jeweils einzeln die
Biegesteifigkeit berücksichtigt wurde. Beim Übergang zu
unendliche dünnen Teilfasern erhält man eine erweiterte
Differentialgleichung, in der nun auch Raumableitungen vierter
Ordnung auftreten.
Bei der Lösung des erweiterten Modells ergibt sich nun, dass die
Obertöne nicht perfekte Vielfache des Grundtons sind, und daher
bei genauer Stimmung des Grundtons nicht harmonisch zu höheren
Tönen wären. Daher werden die Grundtöne der Saiten absichtlich
leicht verstimmt, damit die Obertöne akzeptabel zu höheren Tönen
passen.
Ein weiteres Problem für die Harmonie auf dem Klavier liegt im
Quintenzirkel oder am Pythagoreischen Komma: Grundsätzlich kann
man nicht gleichzeitig Quinten mit Frequenzverhältnis 3/2 und
Oktaven mit Frequenzverhältnis 2 auf einem Klavier perfekt
stimmen; man kann durch Multiplikation mit 3/2 kein Vielfaches
von 2 erreichen. Nach 12 Quinten kommt man dem Ton nach 7 Oktaven
sehr nahe, und dies wurde als Grundlage für das Klavier mit 12
Tasten pro Oktave gewählt. Den Fehler versucht man dann mit
unterschiedlichen Stimmungen irgendwie erträglich zu machen, wie
mit der heutzutage gängigen gleichstufigen Stimmung.
Literatur und weiterführende Informationen
Gareth Loy: Musimathics, MIT Press, 2007.
S. M. Han, H. Benaroya, T. Wei: Dynamics of transversely
vibrating beams using four engineering theories, Journal of sound
and vibration 225.5: 935-988, 1999.
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