“Die Tage haben eine gewisse Schwere” – Tatjana Ohm über Kriegs- und Krisenberichterstattung.

“Die Tage haben eine gewisse Schwere” – Tatjana Ohm über Kriegs- und Krisenberichterstattung.

Pauline Stahl und Markus Trantow im Gespräch mit Welt-Chefmoderatorin Tatjana Ohm.
45 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Die Welt da draußen: "Viele da draußen denken entweder, wir rennen
da rein wie die Bekloppten und wissen nicht was wir tun, oder, wir
trauen uns nicht so weit, wie es manch ein Zuschauer gerne hätte",
sagt Welt TV-Chefmoderatorin Tatjana Ohm, die vor kurzem von ihrem
Reporter-Einsatz in der Ukraine zurückgekehrt ist. Im turi2
Clubraum mit Markus Trantow und Pauline Stahl erzählt sie, wie
Kriegs- und Krisenberichterstattung in der Realität aussieht. Die
Korrespontenten wüssten um die Verantwortung, die sie für ihre
Teams haben. Sie selbst halte es immer so: "Wenn einer aus dem Team
sagt, ich gehe da nicht mehr hin, dann geht das ganze Team nicht."
Ohm hat bereits aus diversen Kriegs- und Krisengebieten der Welt
berichtet. Weil sie kein Abitur hat, zieht sie jedoch Anfang der
1990er Jahre eine Karriere als Journalistin noch nicht in Betracht.
Erst während ihres Einsatzes für bosnische Flüchtlinge 1992 gibt
sie mehreren Fernsehteams Interviews – und ein freier Journalist im
Auftrag von RTL sagt ihr, sie müsse zum Fernsehen. Sie habe das
Angebot anfangs "für eine Anmache gehalten", sagt sie. Doch der
Journalist bleibt hartnäckig. Einen knappen Monat später ist Ohm
auf dem Weg, um aus dem Krieg in Bosnien zu berichten. "Wenn die
ersten Einsätze Kriegs- oder Krisenberichterstattungen sind – das
bleibt, und das prägt", stellt Ohm fest. Als "blutjunge Anfängerin"
trifft sie damals die Kriegsreporterin Antonia Rados, die zu einem
ihrer Vorbilder wird. Dass die Reporterin vor kurzem in Ruhestand
gegangen ist, ist für Ohm – trotz großem Verständnis – ein Verlust.
"Antonia ist vielleicht gar nicht bewusst, welche Vorbildfunktion
sie für eine ganze Generation von Frauen hat und auch noch haben
wird", sagt sie. Inzwischen – mit "Ü50" – habe sie selbst keine
Vorbilder mehr. Auch aus Krisengebieten hat sie lange nicht mehr
berichtet, doch angesichts des Krieges in der Ukraine habe sie
nicht anders gekonnt. Einen festen Alltag gibt es bei ihrer Arbeit
vor Ort nicht. Es gibt "eine Art Gerüst", sagt sie, aber man müsse
als Reporter immer damit rechnen, dass, "was immer man geplant hat,
auch Unwägbarkeiten unterliegt". Sie arbeite bis zu 14 Stunden am
Tag. Die Gefahr sei dabei immer zu sehen und zu hören. Manchmal
habe sie ein "mulmiges Gefühl", sei aber so beschäftigt, dass es
sie nicht beeinflusse: "Wenn du arbeitest, arbeitest du." "Die Tage
haben eine gewisse Schwere", sagt Ohm auch jetzt, zwei Wochen nach
ihrer Rückkehr nach Berlin, wo sie längst wieder bei Welt TV im
Studio steht. Die Schwere hänge an ihren Kleidern und ließe sich
nicht so einfach abschütteln. Ihr helfe, dass sie eine "robuste
Persönlichkeit" habe, aber auch der Rückhalt durch Familie,
Freundinnen und Kolleginnen – ihr "Netz". Dass sie erneut aus der
Ukraine berichten wird, steht für sie schon fest. Der turi2
Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem prominenten
Gast die Themen der Woche. Nächste Woche ist Christian Maertin zu
Gast, der die Unternehmenskommunikation bei Bayer leitet.

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