Folge 54: Pommes mit Respekt
34 Minuten
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Beschreibung
vor 10 Monaten
Heute sind wir an einem Ort, wo man Kalorien abbauen kann - wenn
man schwimmen geht - oder sich welche zuführen: Im Restaurant
„Seepferdchen“, dem Bistro im Berliner Kombibad Seestraße. Zu
Gast bei uns ist der Chef, Ersan Gümüsboga, der das Bistro nicht
nur jetzt im Winter betreibt, sondern auch im Sommer die
zahllosen hungrigen Badegäste mit Pommes, Cola und anderen Snacks
versorgt. Seit 20 Jahren macht Ersan das jetzt schon - und das
offenbar immer noch gern. Schließlich könne er hier in
Badelatschen zur Arbeit gehen, scherzt er, und im Gegensatz zu
seinem früheren Job in einem Moabiter Zeitungsladen muss der
gelernte Schweißer und Schlosser auch nicht so früh aufstehen.
Ohne Frage trotzdem ein hartes Geschäft, dem er da nachgeht, auch
wenn Ersan einen sehr entspannten Eindruck macht. Im Winter läuft
das Ganze recht gut, erzählt er, von 11 bis 20 Uhr (am Wochenende
10-17 Uhr) sind mehr oder weniger immer Gäste da, die sich nach
oder vor dem Schwimmen nochmal stärken wollen. Und: In den
Wintermonaten kann man den Laden am Wochenende abends auch mieten
- für ein Geburtstags-, Weihnachts- oder Hochzeitsfest oder was
immer man zu feiern hat, 90 bis 100 Gäste haben hier locker
Platz. Und das Ambiente ist besonders für Schwimmliebhaber:innen
großartig: Die Längswand des Bistros ist aus Glas, während
unseres Gesprächs schauen wir auf die Nichtschwimmer, direkt
dahinter das 50-Meter-Becken, so sind wir fast mittendrin in der
Schwimmhalle. Für uns jedenfalls eine herrliche Aussicht! Der
Winter ist für Ersan Erholung. Im Sommer dagegen kommen bis zu
12.000 Menschen an einem Tag ins Freibad Seestraße - und fast
alle sind hungrig. Da hilft nur: ruhig bleiben, sagt der Chef und
schmunzelt. Natürlich sei das stressig und laut, und manchmal
gehe es auch etwas rabiat zu, vor allem, wenn die Leute in der
Hitze mal länger warten müssen - aber dass im Freibad ständig
Randale sei, wie es im letzten Sommer mal wieder hieß, kann er
nicht bestätigen. Dabei liegt das Schwimmbad mitten im Wedding
und ähnlich wie in Neukölln sind auch hier sehr viele Jugendliche
zu Gast, bei denen das Testosteron immer mal wieder in die Höhe
schießt. Und doch liest man praktisch nie von
Auseinandersetzungen im Schwimmbad an der Seestraße. Ob das auch
an Ersan liegt, der seine Pappenheimer genau kennt und weiß, wie
er mit ihnen umgehen muss - das würde der türkeistämmige
Bistro-Chef so nie behaupten. Er weiß einfach, dass besonders
muslimische Jungs ihm mit großem Respekt begegnen - weil er
selber Muslim ist. Ersan-Abi eben. Und er kann auch nicht
bestätigen, dass es in den letzten Jahren schlimmer geworden sei,
die Jugendlichen schlechter erzogen oder brutaler. „Starke
Affen“, wie Ersan sie nennt, habe es früher genauso gegeben wie
heute. Mit 18, 19 kämen sie dann langsam zu Vernunft. Daran habe
sich nach seiner Erfahrung nichts geändert. Und vieles werde
einfach völlig überzogen dargestellt - und meist gar nicht so
wild. Ersan hat viele Menschen im Schwimmbad aufwachsen sehen und
freut sich über jeden, der auch als Erwachsener noch kommt. „Das
ist eine Gemeinschaft, man kennt sich einfach. Fast wie eine
Familie.“ Selber schwimmen geht er allerdings selten - leider,
wie er sagt. Aber auch da bleibt er entspannt.
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https://www.berlinerbaeder.de/baeder/detail/kombibad-seestrasse-hallenbad/
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