Die Rückkehr der Geopolitik: Systemkonfrontation und neue Konfliktordnung in Europa. NfE e.V. im Gespräch mit Dr. Jana Puglierin, Leiterin des European Council on Foreign Relations in Berlin
45 Minuten
Beschreibung
vor 2 Jahren
Der russische Großangriff auf die Ukraine ist im Westen als Zäsur
begriffen worden, der die Zeit in ein Davor und ein Danach
geteilt hat. Denn mit dem Angriffsbefehl auf die Ukraine hat
Wladimir Putin die europäische Friedensordnung nicht nur
erschüttert, sondern regelrecht zertrümmert. Militärische Gewalt
als Modus der Willensdurchsetzung ist zurück in Europa. Damit ist
eine neue Konfliktordnung entstanden, wie es sie nach dem Ende
des Zweiten Weltkrieges in Europa noch nicht gegeben hat. Noch
zeigt sich der Westen geschlossen gegen Putin. Auch die Staats-
und Regierungschefs der G7 haben erst kürzlich ganz klar das
Zeichen für eine dauerhafte Unterstützung der Ukraine gegeben.
Jana Puglierin ist überzeugt, dass Putin im Grunde eine groß
angelegte Revision der europäischen Ordnung anstrebt. Nie sei es
ihm nach dem Zerfall der Sowjetunion ernsthaft um eine Einbindung
der Russischen Föderation in eine europäische Friedensordnung
gegangen, analysiert sie. Deshalb müsse man jetzt Mittelosteuropa
vor Russland schützen.
Demokratie versus Autokratie? So einfach sei es nicht, sagt die
Leiterin des Berliner Büros des European Council on Foreign
Relations, denn viele Staaten gehörten weder eindeutig dem einen
noch dem anderen Lager an. Puglierin spricht zwar nicht von einem
„Kalten Krieg 2.0“, aber sehr wohl von einer Dynamik in Richtung
„Systemkonfrontation“ zwischen der „G7-Welt“ und der „Brics-Welt“
sowie einer massiven Rückkehr der Geopolitik. Mit Blick auf das
aggressive Russland spricht sie davon, dass es für Europa in
Zukunft um das „Management einer Konfliktordnung“ gehe.
Dazu passt, dass der russische Präsident auf der internationalen
Bühne keineswegs isoliert ist und sich eine Vielzahl von Staaten
vor allem des Globalen Südens den Sanktionen des Westens erst gar
nicht angeschlossen haben. Die wenigsten Länder dort wollen sich
in diesem Konflikt also eindeutig auf eine Seite schlagen. Es
wird in Zukunft für den Westen darum gehen, genau diese Staaten
von den Vorteilen einer regelbasierten internationalen Ordnung zu
überzeugen, sagt Jana Puglierin.
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