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Beschreibung
vor 1 Jahr
Künstlergeschichten sind in der Literatur nicht selten. Doch
„Erstes Leid“ ist einzigartig. Hier beschreibt Franz Kafka einen
vollkommen in seiner Kunsttätigkeit aufgehenden Künstler. Tag und
Nacht verbringt der Trapezkünstler oben auf seinem Trapez; es
gibt Diener, die „in eigens konstruierten Gefäßen“ alles, was
oben benötigt wird, hoch- und herunterziehen. In den Zügen, die
den Künstler manchmal von Ort zu Ort bringen, sitzt er „zwar in
kläglichem, aber doch irgendeinem Ersatz“ für seine sonstige
Lebensweise oben im Gepäcknetz! Ein Betreten des Bodens wird hier
nie beschrieben, es scheint ihm Schmerzen zu bereiten. Das alles
entbehrt in der Geschichte natürlich nicht einer gewissen Komik.
Doch dann stellt dieser Künstler eines Tages (unterwegs, in
seinem Gepäcknetz) zum ersten Mal seine gesamte Existenz infrage
– eine Existenz, die ja immer eine künstlerische war. Er spürt,
dass ihm etwas fehlt in seinem Leben, und er glaubt natürlich, es
fehle etwas in seiner Kunst, nicht etwa in einem möglichen Leben
abseits dieser. Das gibt es für ihn nicht. Das ist unvorstellbar.
Am Ende des Textes findet dieses Infragestellen im Leben des
Trapezkünstlers, der ja ein Körper-Künstler ist, dann auch einen
körperlichen Ausdruck. Beim Lesen und Hören des allerletzten
Satzes, der schon für sich ein Meisterwerk in deutscher Sprache
ist, werden wir gewissermaßen Zeugen dieses Prozesses. – Franz
Kafka schrieb und veröffentlichte „Erstes Leid“ im Jahr 1922. Es
liest Volker Drüke.
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