Datengesetze kontra Datenschutz

Datengesetze kontra Datenschutz

Mit Stephanie Richter, Holger Bleich und Joerg Heidrich
1 Stunde 13 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
Im Rahmen ihrer Datenstrategie vollzog die EU-Kommission ab 2020
eine Kehrtwende in der rechtlichen Behandlung von personenbezogenen
Daten: Während die geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
einen sehr restriktiven Ansatz verfolgt, stellen alle derzeit in
diesem Bereich geplanten Verordnungen die Wertschöpfung und die
Förderung der Datenwirtschaft in den Vordergrund. Weil die DSGVO
dennoch nicht angetastet werden soll, sind Widersprüche
vorprogrammiert. Holger und Joerg exerzieren diese Ungereimtheiten
anhand des Data Acts, also des auf deutsch so bezeichneten
"Datengesetzes", einmal durch. Dazu haben sie eine absolute
Expertin eingeladen: Stephanie Richter beschäftigt sich als
Rechtsanwältin und Associate in der Kanzlei TaylorWessing seit
längerem mit der Genese des Data Acts, und hat dabei auch die
Konflikte des Entwurfs mit den bestehenden DSGVO-Regelungen
seziert. Den ersten Entwurf zum Data Act hat die EU-Kommission im
Februar 2022 vorgelegt. Mittlerweile haben sich Rat und
EU-Parlament auf Positionen zu dem Vorschlag festgelegt, und das
Gesetzeswerk durchläuft die Kompromissfindung im Trilogverfahren.
Eventuell wird dieser Kompromiss noch in diesem Monat stehen,
sodass der Data Act bald verabschiedet werden könnte. Vermutlich
bleiben dann Unternehmen gerade einmal 12 Monate, um alle
Forderungen technisch und organisatorisch umzusetzen. Und die haben
es in sich: Der Data Act soll dafür sorgen, dass Daten, die von
Geräten gesammelt werden, nicht in Silos (Clouds) der Hersteller
verbleiben, sondern auf Wunsch der Dateninhaber über
Vermittlungsdienste gehandelt werden können. Dabei kann es um
Fahrzeuge genau wie um IoT-Geräte oder Sprachassistenten gehen.
Betroffen sind Verbraucher als Nutzende genauso wie Unternehmen. Es
geht um "Accessability by Design", also um Interoperabilität und
Schnittstellen. Stephanie weist darauf hin, dass Datenpools meist
aus einem unsortierten Bestand von personenbezogenen und anonymen
Daten bestehen, sogenannten "Mischdaten". Die mit dem Data Act
einhergehende Pflicht für Hersteller, diese Daten zugänglich zu
machen, kollidiere mit dem Gebot zur Datenminimierung in der DSGVO.
Würden Mischbestände weit ausgelegt, drohe eine Schwächung des
Datenschutzes. Umgekehrt könnten Unternehmen den Datensschutz vor
sich hertragen, um den Forderungen des Data Acts zu entgehen. Die
Rechtsanwältin schildert im Podcast weitere Kollisionen und weist
außerdem auf die Problematik hin, dass Daten auch
Geschäftsgeheimnisse enthalten. Im Fazit prognostiziert sie neue
Rechtsunsicherheiten sowohl für Verbraucher als auch für
Unternehmen. Es bedürfte wohl jahrelanger Gerichtsverfahren und
einiger EuGH-Entscheidungen, bis klar sei, ob der Data Act die von
der EU-Kommission gesteckten hohen Ziele erreichen könne.

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