Einfluss von Pflanzen-Extrakten (Vitex cienkowskii und Daniella oliveri) und physiologischen Ionen auf die glatte Gefäßmuskulatur und elektrophysiologische Eigenschaften des Herzmuskels

Einfluss von Pflanzen-Extrakten (Vitex cienkowskii und Daniella oliveri) und physiologischen Ionen auf die glatte Gefäßmuskulatur und elektrophysiologische Eigenschaften des Herzmuskels

Beschreibung

vor 19 Jahren
1. In der vorliegenden Arbeit sollte geklärt werden, ob
Pflanzenextrakte von Daniella oliveri und Vitex cienkowskii aus
Kamerun, denen u.a. von traditionellen Heilern nachgesagt wird,
dass sie antiarrhythmische und antiepileptische Wirkungen
aufweisen, tatsächlich Effekte besitzen, die mit einer Wirksamkeit
bei Herzrhythmusstörungen und Epilepsien vereinbar sind. Von den
beiden ausgewählten Heilpflanzen wurden durch Verwendung
verschiedener Extraktionsmittel unterschiedliche Extrakte
hergestellt, die sich in erster Linie durch die Lipophilie bzw.
Hydrophilie ihrer Inhaltsstoffe unterscheiden. Erste
chemisch-analytische Untersuchungen erbrachten Hinweise auf das
Vorkommen von Tanninen, Terpenoiden und Flavonoiden in beiden
Arzneipflanzen. 2. Primär wurde von der einfachsten
Arbeitshypothese ausgegangen, dass diese Extrakte eine Minderung
der Erregbarkeit sowohl am Herzen als auch am Gehirn verursachen.
Da bekannt ist, dass Magnesium als 2-wertiges Kation solche
Wirkungen besitzt, wurden zunächst grundlegende Untersuchungen
durchgeführt, durch die diese Wirkungen genauer beschrieben werden
und mit der Wirkung anderer Ionen bzw. Substanzen verglichen werden
sollten . 3. Es wurde mit Hilfe der Patch-Clamp-Technik erstmalig
nachgewiesen, dass eine Erhöhung der extrazellulären
Magnesium-Konzentration zu einer Anhebung der Schwelle für die
Auslösung des Natrium-Einwärtsstroms an Herzmuskelzellen führt. Aus
der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung (im Bereich von 0,5 bis 5
mmol/l) ergab sich, dass eine Erhöhung der extrazellulären
Magnesium-Konzentration um 1 mmol/l eine Anhebung der Schwelle für
die Auslösung des Natrium-Stroms um etwa 1 mV bewirkte. Diese
Wirkung von Magnesium kann man durch eine Änderung des
Oberflächenpotentials erklären. 4. Beim Vergleich mit anderen
Kationen ergab sich überraschenderweise, dass auch eine Erhöhung
der extrazellulären Kalium-Konzentration zu einer Schwellenerhöhung
führte, die sogar etwa doppelt so stark ausfiel wie die von
Magnesium. Im Gegensatz dazu führte eine Erhöhung der
extrazellulären Natrium-Konzentration nicht zu einer Erhöhung der
Schwelle. Auch das bekannte Antiarrhythmikum Sotalol mit
Kalium-Kanal-blockierenden Eigenschaften und der
Natrium-Kanal-Öffner Veratridin führten nicht zu einer Änderung der
Schwelle, was darauf hinweist, dass die Effekte von Magnesium und
Kalium nicht unspezifisch sind (z.B. auf Grund einer Änderung der
Osmolarität). 5. Orientierende Versuche bzgl. der Beeinflussung
elektrophysiologischer Phänomene am isolierten Papillarmuskel
erbrachten keine Hinweise, dass durch die Extrakte die Schwelle für
die Auslösung von Aktionspotentialen verändert wird. Da in den
Extrakten u.a. als Inhaltsstoffe Flavonoide gefunden wurden,
erfolgte zusätzlich in orientierenden Untersuchungen eine Testung
der Wirkung verschiedener Flavonoide auf die Schwelle des
Natrium-Stroms. Auch hier fanden sich keine Hinweise, dass diese
Schwelle verändert wird. Ausgehend von diesen Versuchen erscheint
es unwahrscheinlich, dass die untersuchten Extrakte über eine
Anhebung der Erregungsschwelle wirken. 6. Bei der weiteren
Untersuchung des Einflusses der Extrakte auf
Aktionspotential-Parameter zeigte sich kein wesentlicher Effekt bei
1 Hz. Bei einer Frequenz von 0,2 Hz wurde aber die
Aktionspotentialdauer durch den MeOH-Extrakt von D. oliveri
drastisch verlängert, jedoch blieben die Amplitude und die maximale
Depolarisationsgeschwindigkeit unverändert. Andere Extrakte wie der
Hexan-Extrakt und der Dichlormethan-Methanol-Extrakt von D. oliveri
und alle getesteten Extrakte von V. cienkowskii zeigten keine
wesentlichen Wirkungen auf das Aktionspotential. Die Verlängerung
der Aktionspotentialdauer durch den MeOH-Extrakt ist vergleichbar
mit der von Sotalol. Es ist anzunehmen, dass sie durch eine
Blockierung von Kalium-Kanälen zustande kommt. Weitere
Untersuchungen sind notwendig, um zu klären, welche speziell im
Methanol-Extrakt vorkommenden Substanzen auf Kalium-Kanäle wirken
und welche Kalium-Kanäle betroffen sind. Für den Methanol-Extrakt
von D. oliveri könnte es demnach zutreffen, dass er tatsächlich
antiarrhythmische (und evtl. auch antiepileptische) Wirkungen
besitzt. 7. Zusätzlich wurde getestet, ob die Extrakte auch einen
Effekt auf die glatte Muskulatur der Gefäße ausüben. Daniella
oliveri–Extrakte zeigten eine starke relaxierende Wirkung. Sowohl
die durch Noradrenalin als auch die durch Kalium vorkontrahierten
Aortenringe wurden durch sehr kleine Konzentrationen des MeOH-
(EC50 von 0,77 mg/l bzw. 0,85 mg/l) und des CH2Cl2-MeOH- (4,88 mg/l
bzw. 9,44 mg/l) Extraktes relaxiert. Auch bestimmte Extrakte von V.
cienkowskii zeigten eine erschlaffende Wirkung auf die
Gefäßmuskulatur, die aber schwächer war als die von den D.
oliveri–Extrakten. An Noradrenalin-vorkontrahierten Aortenringen
wurden bei den MeOH- (EC50 = 11,77 mg/l) und EtOAC- (EC50 = 40,69
mg/l) Extrakten relaxierende Wirkungen festgestellt. Beide Extrakte
lösten nur eine geringe Relaxation an KCl-vorkontrahierten
Aortenringen aus. Diese Vasorelaxation ist wahrscheinlich nicht auf
eine Kalium-Kanal-Blockade zurückzuführen, da verschiedene
Kalium-Kanal-Blocker (Sotalol, Clofilium und Amiodaron) im üblichen
Konzentrationsbereich keine relaxierende Wirkung zeigten. Auch eine
Blockade von Calcium-Kanälen als Ursache für die vasorelaxierende
Wirkung ist unwahrscheinlich, da die Extrakte nicht wie die
klassischen Calcium-Kanalblocker am Herzmuskel negativ inotrop
wirken. Am ehesten kann die relaxierende Wirkung der Extrakte durch
eine Hemmung des G-Proteinwegs und eines dadurch verminderten
G-Protein-Receptor-induzierten Calcium-Anstiegs erklärt werden. Als
mögliche wirksame Inhaltsstoffe kommen vor allem bestimmte
Flavonoide in Frage. Es wurde eine Reihe verschiedener Flavonoide
eingesetzt wobei sich Hinweise auf eine Struktur-Wirkungs-Beziehung
bzgl. der vasorelaxierenden Wirkung ergaben. So zeigte z.B.
Quercetin eine relativ starke relaxierende Wirkung während z.B. das
strukturverwandte Rutin keine erschlaffende Wirkung aufwies. 8. Die
Ergebnisse zeigen, dass Extrakte von D. oliveri und V. cienkowskii
, die von traditionellen Heilern in Kamerun u.a. für die Therapie
von kardialen Arrhythmien und von epileptischen Anfällen eingesetzt
werden, durchaus nachweisbare kardiovaskuläre Wirkungen aufweisen.
Speziell der Methanol-Extrakt von Daniella oliveri hat einen
Einfluss auf das Aktionspotential, der wahrscheinlich auf eine
Kalium-Kanal-blockierende Wirkung zurückzuführen ist und der mit
der Wirkung klassischer Antiarrhythmika vergleichbar ist. Weitere
Untersuchungen sind notwendig, um die Strukturen der wirksamen
Inhaltsstoffe und den genauen Wirkungsmechanismus aufzuklären. Auf
Grund der vasorelaxierenden Wirkungen ergeben sich möglicherweise
neue Indikationsgebiete wie z.B. die Hypertonie. Als weiteres
Ergebnis der vorliegenden Untersuchung konnten Wirkungen von
Magnesium und Kalium auf die Schwelle des Natrium-Stroms gezeigt
werden, die möglicherweise erklären, dass beide Ionen
antiarrhythmische Effekte aufweisen und sich dabei sinnvoll
ergänzen.

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