Follow the Rechtsstaat Folge 50

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- Datenschutz goes Finanzgerichte -
46 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
Um den Datenschutz haben Finanzämter und -Gerichte in Deutschland
traditionell einen großen Bogen gemacht – jetzt kommen sie aber
nicht mehr umhin, sich mit dem Thema Datenrecht
auseinanderzusetzen. In der Rubrik „Querbeet“ stellt Stefan Brink
(ab Minute 01:05) eine Klage des US-Adressdaten-Händlers Acxiom
gegen die hessische Datenschutz- Aufsichtsbehörde vor. Acxiom
möchte die Gewährung von Akteneinsicht an den Beschwerdeführer noyb
(Max Schrems) verhindern. Das BVerfG (Az. 2219/20, Beschluss vom
25. September 2023, 1. Kammer BVerfG) beschäftigt mal wieder FTR:
Die Präsidenten-Kammer erklärt die Verfassungsbeschwerde eines
Profs, der sich gegen die Beschlagnahme von Forschungsunterlagen
wendet und sich in seiner Forschungsfreiheit verletzt sieht, wegen
angeblicher Begründungsmängel für unzulässig – obwohl die Frage der
Einhaltung der Monatsfrist einfach zu klären gewesen wäre. Und
macht so die Arbeit zahlreicher zuvor Angehörter (vom Bundestag bis
zu kriminologischen Vereinen) zunichte. Sodann erklärt die Kammer
ausführlich, warum die Beschwerde gute Aussichten auf Erfolg gehabt
hätte: In dem universitären Forschungsprojekts zur „Islamistischen
Radikalisierung im Justizvollzug“ wurden Inhaftierte interviewt,
vorab wurde ihnen Vertraulichkeit zugesichert. Bei einer
Durchsuchung der Räumlichkeiten des Lehrstuhls wurden
Forschungsunterlagen der Interviews beschlagnahmt, weil gegen eine
im Rahmen des Projekts interviewte Person der Verdacht der
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland
bestünde. In der Sache bestehen auch aus Sicht des BVerfG
erhebliche Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der
angegriffenen Entscheidungen, das Beschwerdegericht habe Gewicht
und Reichweite der Forschungsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG)
nicht angemessen berücksichtigt. Zwei aktuelle finanzgerichtliche
Entscheidungen verdienen danach (ab Minute 24:12) besondere
Aufmerksamkeit: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil
vom 9.3.2023 zur Frage der Schadenersatzpflicht eines Finanzamtes
aus Art. 82 DS-GVO (ablehnend) entschieden und eine beharrliche
Fehde mit der Klägerin, die wegen der Weitergabe der Telefonnummer
ihres angestellten Ehemanns an die Senatsverwaltung für Finanzen
100 € Schadenersatz begehrte, vorläufig beendet. Dies wird sich der
Bundesfinanzhof ebenso näher anschauen müssen wie das Urteil des
Finanzgerichts Baden-Württemberg (vom 26. Juli 2023 – 10 K 3159/20
ab Minute 34:37), welches ein Recht auf Akteneinsicht in die
Prüferhandakte während der laufenden Betriebsprüfung aus der DSGVO
(Art. 15) mit wenig überzeugenden Gründen ablehnt. In beiden Fällen
wird sich der BFH auch mit der Frage beschäftigen müssen, warum
jeweils keine Vorlage an den EuGH (der ja laut BVerfG auch
gesetzlicher Richter sein kann) erfolgte. Spaßiger Weise hielt das
Finanzgericht Baden-Württemberg seinen Fall für einen „acte clair“
– der EuGH entschied allerdings in der Zwischenzeit genau
umgekehrt. Tja.

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