#138: Interview mit Teresa Riedel zur App KONECTOM für MS-Patienten
Teresa Riedel erklärt, welche Daten und wofür KONECTOM erfasst, zu
welcher Studie die App gehört und was MS-Patienten davon haben.
Hier geht es zum Blogbeitrag: Diesmal interviewe ich Teresa
Riedel vom MS-Zentrum Dresden zu...
24 Minuten
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Beschreibung
vor 2 Jahren
Teresa Riedel erklärt, welche Daten und wofür KONECTOM
erfasst, zu welcher Studie die App gehört und was
MS-Patienten davon haben.
Hier geht es zum Blogbeitrag:
https://ms-perspektive.de/interview-mit-teresa-riedel-zur-app-konectom-fuer-ms-patienten
Diesmal interviewe ich Teresa Riedel vom
MS-Zentrum Dresden zu Teilstudie, die
mithilfe der Konectom App durchgeführt
wird. Frau Riedel ist Projektmanagerin
für Konect-MS /MSPATHS. Mehr dazu
später. Du erfährst zu welchem
großen Studienprojekt KONECTOM gehört,
welche Fragestellungen geklärt werden
sollen und wie Diagnostik sich in der
bereits beginnenden Zukunft verändern
wird.
Inhaltsverzeichnis
Vorstellung
KONECTOM – App zum
Überwachen und Messen der MS als
Teilstudie, um die Krankheit besser
zu verstehen und zu
behandeln
KONECTOM im
Einsatz
Abschluss
Vorstellung
Nach dem Abitur inklusive eines
Schuljahres in den USA entschied ich mich
zunächst für eine Ausbildung zur
Krankenschwester – mein Berufswunsch
schon in Kindertagen. Nach 4-jähriger
Tätigkeit auf einer neurochirurgischen
Station entschied ich mich für ein
Vollzeitstudium des
Gesundheitsmanagements (B.Sc.).
Nebenher bin ich der Neurochirurgie
treu geblieben, insgesamt 9 Jahre. 2013
fand ich dann, eigentlich über Umwege,
den Einstieg im MS-Zentrum: Zunächst
war ich für den Aufbau und Support
eines MS-Patientendokumentationssystems
zuständig, wechselte dann zur Betreuung
von klinischen und
nicht-interventionellen Studien bis hin
zur Studienkoordinatorin des MSPATHS
Registers.
Nun vereinen sich all meine Fähigkeiten
und Erfahrungen in der Projektleitung
des innovativen MSPATHS-Teilprojekts
Konect-MS, was ein tolles Projekt ist.
Mein Mann, unsere 3 Kinder und unser
Haus mit Garten lassen mich das Wort
Langeweile aus meinem Wortschatz fast
vergessen. Wenn ich den Arbeitsweg (in
Summe 30km) mit dem Rad zurücklege,
habe ich Sport und Entspannung
zugleich. Als ich noch mehr Zeit hatte,
habe ich mich der Malerei zugewandt.
Persönliche Motivation für den Beruf
Mein Interesse für medizinische
Zusammenhänge und die Begleitung von
Menschen bei der Erhaltung und
Förderung ihrer Gesundheit.
KONECTOM – App zum Überwachen und Messen
der MS als Teilstudie, um die Krankheit
besser zu verstehen und zu behandeln
Wie würden Sie KONECTOM für MS-Patienten
kurz und knapp beschreiben?
Konectom ist eine App, die auf dem
eigenen Smartphone installiert wird.
Täglich sind sechs verschiedene
Aktivitäten / Übungen verfügbar, um
neurologische Funktionen zu messen, die
eine wichtige Rolle in der
Verlaufsbeurteilung spielen. Das dauert
circa 15-20 min. Der Nutzer sieht die
Ergebnisse direkt in der App, der Arzt/
die Ärztin über ein Dashboard.
Welche Fragestellung soll die Teilstudie
KONECT-MS beantworten?
Wissenschaftler und Neurologen möchten
die individuelle MS noch besser
verstehen. Dies gelingt durch die
Untersuchung der digitalen Daten vom
eigenen Smartphone in Zusammenhang mit
den klinischen Untersuchungen sowie den
MRT-Befunden.
Wie ist KONECTOM innerhalb der größeren
Studie MS-PATH eingebunden und welche
Bedeutung kommt der App zu?
Die Hauptstudie läuft seit 2016 im
internationalen Kontext. 2017 wurde das
MSZ Dresden als erstes europäisches
Zentrum ins Netzwerk aufgenommen.
Bisher wurden immer für dieses
MS-Register nur Daten ausgewertet, die
im klinischen Setting erhoben werden.
Nun gelingt mit der Konectom App
erstmals die kontinuierliche
Dokumentation in den
dazwischenliegenden Zeiträumen durch
digitale Messungen auf dem eigenen
Smartphone. Durch eine übersichtliche
Darstellung in einer Datenbank kann der
behandelnde Neurologe schnell
Veränderungen einsehen und die
Behandlung optimal beraten.
Was war die Motivation zum Entwickeln von
KONECTOM?
Zwischen Wiedervorstellungsterminen
beim Neurologen liegen oft Wochen oder
Monate. Diese Zeit ist wie eine
diagnostische Lücke, in der kein
Austausch stattfindet. Mit der App wird
ein digitales Monitoring möglich.
Neurologen können so in Erfahrung zu
bringen, wie gut die
Konzentrationsfähigkeit, Feinmotorik,
Funktion der oberen Extremität als auch
die Gehfunktion zuhause abschneiden.
Und das kann dann mit den Erhebungen
aus der neurologischen Untersuchung
verglichen werden.
Hinter der Entwicklung der
Selbstmonitoring-App steht auch die
Vision, einen sogenannten digitalen
Zwilling zu erstellen, also die
digitale Abbildung von MS Parametern.
Sie erfasst persönliche Daten zur MS,
ihrer Behandlungen, Prozeduren und eben
auch Messungen zwischen den Terminen in
der Klinik und ermöglicht behandelnden
Neurologen einen schnellen Blick
darauf.
Wie stark waren welche Berufsgruppen und
MS-Betroffene an der Entwicklung von
KONECTOM beteiligt?
Hinter der Konectom App steht ein
großes Team aus Wissenschaftlern,
Neurologen und Softwareentwicklern.
Durch die Entwicklung der Tablet
gestützten Verlaufskontrolle in der
Hauptstudie konnten diese bereits auf
umfangreiche Kenntnisse zur Abbildung
standardisierter Funktionstest
zurückgreifen und darauf aufbauen.
Seit der Markteinführung an unserem
Zentrum im Dezember letzten Jahres
fließt natürlich auch das Feedback
unserer Nutzer mit ein – zur ständigen
Verbesserung der App. Das ist enorm
wichtig! Alle Projektbeteiligten
schätzen jede individuelle Rückmeldung
der Konectom-Nutzer zu Funktionalität
und Handhabung der App.
KONECTOM im Einsatz
Wie unterstützt KONECTOM MS-Patienten in
ihrem Leben mit der Erkrankung?
Multiple Sklerose kann Einfluss auf
verschiedene Fähigkeiten haben. Wer es
möchte, kann diese – nämlich Stimmung,
Verfassung, Konzentration,
Geschicklichkeit der Hände und der
Gehfähigkeit – messbar machen und
selbst im Blick haben. Im Alltag.
Veränderungen vom bzw. zum stabilen
MS-Verlauf können so leichter selbst
wahrgenommen werden. Gerade z. B. die
Beobachtungen, welchen konkreten
Einfluss Covid-Infektionen auf den
physischen und geistigen Zustand nehmen
können, ist mit der App zu verfolgen.
Wie wird KONECTOM von MS-Patienten
angenommen?
Sehr gut. In einem Zeitalter der
digitalen Angebote ist die Integration
der Konectom App für unsere Patienten
keine Hürde. Und durch den geringen
Zeitaufwand und einfache Handhabung der
digitalen Tests macht es zudem noch
richtig Spaß. Die verschiedenen
Nutzungsfrequenzen zeigen uns auch, wie
gut Patienten die regelmäßigen
Funktionstests annehmen.
Welche möglichen Vorteile sehen Neurologen
in der Anwendung und Nutzung von KONECTOM?
Neurologische Untersuchungen in der
Praxis sind Momentaufnahmen. Aber
decken sie alle funktionelle Defizite
auf? Leider nicht. Regelmäßige
Informationen aus dem Alltag der Person
gewinnen wir durch solche Instrumente
wie der Konectom App.
Können Sie vereinfacht beschreiben, wie
persönliche Daten gesichert werden?
Ja, gern. Die Nutzung der App erfolgt
ja im Rahmen des internationalen
Forschungsregisters MSPATHS. (Die
Abkürzung steht für
Multiple-Sklerose-Partner zum
Fortschritt von Technologie und
Gesundheitskonzepten). Daher erhält der
Patient über uns einen individuellen
alphanumerischen Zugangscode. Es werden
keine persönlichen Daten verwendet oder
übermittelt. Vor der Weitergabe der
Daten an den Studiensponsor werden die
Daten pseudonymisiert und
verschlüsselt. Alle persönlichen Daten
unterliegen selbstverständlich dem
Datenschutzrecht (des jeweiligen
Landes).
Die Ergebnisse werden dann vom
Smartphone online zu einem Datenserver
in Europa sicher übertragen. Im Falle
einer unterbrochenen Internetverbindung
werden die Daten aus den
Konectom-Aktivitäten auf dem Smartphone
zwischengespeichert und nach
erfolgreicher Übertragung auf die
Datenbank gelöscht. Damit sind alle
Ergebnisse online gesichert.
In welchem Umfang kann man KONECTOM für MS
aktuell nutzen?
Bisher ist die App nur im Zusammenhang
mit der Teilnahme am Forschungsregister
MSPATHS verfügbar, also über eine
Vorstellung in unserem Dresdner MS
Zentrum.
Welche MS-Zentren nehmen an der
KONECTOM-Studie teil?
Von allen 11 beteiligten Einrichtungen
bislang nur wir in Dresden. Damit hat
die Teilstudie „Konect-MS“ Weltpremiere
bei uns, worauf wir sehr stolz sind.
Was müssen interessierte MS-Patienten tun,
wenn sie an der Studie teilnehmen wollen?
Wer nicht schon bei uns in Behandlung
ist, muss sich – zumindest einmalig –
bei uns am Zentrum vorstellen, da wir
im Rahmen des MSPATHS-Registers die
persönlichen Zugangsdaten vergeben.
Einzige Voraussetzung ist die
Einwilligung in das Hauptregister, und
das Mindestalter von 18 Jahre muss
erreicht sein.
Um zu überprüfen, ob das Smartphone für
die App technisch ausgelegt ist, gibt
es einen kurzen
Online-Kompatibilitäts-Check.
Bei Interesse können Patienten einfach
den behandelnden Arzt/ Ärztin vor Ort
ansprechen oder Sie kontaktieren uns
direkt über die Mailadresse
konectMS@ukdd.de.
Wie könnte es weitergehen, wenn KONECTOM
einen praktischen Nutzen in der Behandlung
darstellt und MS-Patienten gern die Daten
einpflegen?
Digitale Erfassungen wie diese
ermöglichen ein engmaschigeres
Monitoring und erhöhen den Dialog
zwischen Patient und betreuendem
Arzt/Ärztin. Kurzum: eine verbesserte
Versorgung und optimierte Behandlung.
Die App könnte Einzug in die klinische
Routineversorgung halten. Solche
hilfreichen Innovationen auf den Weg zu
bringen, sodass andere Einrichtungen
und deren Patienten ebenfalls davon
profitieren können – das steht ganz im
Zeichen von Prof. Tjalf Ziemssen.
Abschluss
Welchen Durchbruch für die Behandlung der
MS wünschen Sie sich in den kommenden 5
Jahren?
Durch die exzellente Forschung der
letzten Jahre war es möglich, die
schubförmige MS durch verschiedene
Medikamente sicher und effizient zu
behandeln. Diesen Durchbruch wünsche
ich mir – und allen Betroffenen – auch
für die progredienten Formen. Auch
dabei spielen digitale Tools zur
konkreten Messung der
Krankheitsverläufe eine große Rolle.
Möchten Sie den Hörerinnen und Hörern noch
etwas mit auf dem Weg geben?
Ja. Ich möchte die Gelegenheit gern
nutzen, mich im Namen des gesamten
Studienteams bei all den Patienten zu
bedanken, die die Forschung und damit
Erforschung der MS so unterstützen und
voranbringen: Für die Teilnahme an den
verschiedenen Registern, für alle
beantworteten Fragebögen, zusätzlichen
Blutabgaben und auch zusätzlichen
Untersuchungen. Für ihre Zeit, ihr
Feedback.
Ohne diese Bereitschaft gäbe es all
diese Erkenntnisse und
Behandlungsmöglichkeiten nicht! Wir
brauchen Ihre Unterstützung auch
weiterhin. Also, vielen Dank!
Vielen Dank an Teresa Riedel für das
geführte Interview.
Ich wünsche Dir bestmögliche
Gesundheit,
Nele
Mehr Informationen rund um das Thema MS
erhältst du in
meinem kostenlosen
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