#137: Interview mit Elisa Ascherl zur Emendia App für MS-Patienten

#137: Interview mit Elisa Ascherl zur Emendia App für MS-Patienten

Elisa Ascherl beantwortet Fragen rund um die Emendia App für MS-Patienten, die zum besseren Verstehen und Verfolgen der MS eingesetzt wird.   Hier geht es zum Blogbeitrag: https://ms-perspektive.de/interview-zur-emendia-app-fuer-ms-patienten ...
40 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren



Elisa Ascherl beantwortet Fragen rund um die Emendia App für
MS-Patienten, die zum besseren Verstehen und Verfolgen der MS
eingesetzt wird.


 


Hier geht es zum Blogbeitrag:
https://ms-perspektive.de/interview-zur-emendia-app-fuer-ms-patienten
















In Folge 137 begrüße ich Elisa Ascherl,
die mir alle Fragen zur App Emendia MS
beantworten wird. Der Beitrag ist Teil
der Themenwoche zu digitalen
Unterstützungsangeboten für MS-Patienten.
Du erfährst, wie die Idee entstand
mithilfe einer App die Behandlung zu
verbessern, wer alles daran mitgearbeitet
hat und was bereits alles möglich ist.
Natürlich geht es auch um den Datenschutz
und wie Emendia MS konkret im Alltag
eingesetzt wird.





 















Inhaltsverzeichnis





Vorstellung




Emendia MS – App zum besseren
Verstehen und Verfolgen der MS




Emendia MS im Einsatz




Abschluss


















Vorstellung






Ich grüße dich aus Nürnberg, im schönen
Franken – aus meinem, spätestens seit
Beginn der Coronapandemie, sehr lieb
gewonnenen Home-Office.


Seit 2020 arbeite ich bei der NeuroSys
und bin seitdem für die Entwicklung von
Emendia MS mitverantwortlich.


Schon vor meinem Studium im Bereich
Gesundheitsmanagement und
Wirtschaftspsychologie begeisterte mich
die Vernetzung von tollen Möglichkeiten
und Angeboten, um eine bestmögliche
Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Dazu gehören für mich auch die
Selbstverantwortung und die
Selbstwirksamkeit als Betroffener einer
Erkrankung. Diese als Teil des Lebens
anerkennen zu können, aber gleichzeitig
auf Augenhöhe mit medizinischem
Fachpersonal sprechen zu können.


Als Jugendliche bin ich selbst in
Kontakt mit einer chronischen
Erkrankung gekommen – der Skoliose,
einer leichte Rückenerkrankung. Ich
musste eine Orthese tragen.


Schade war, dass viele Menschen eher
mitleidig mit mir gesprochen und bei
Fragen oft dieses Thema fokussiert
haben. Ich hörte immer, was nicht mehr
geht – Sport, Medizin studieren.
Anstatt Hilfe zu bekommen. Erst durch
eine Kur und der dadurch angebotenen
Konfrontation mit der Erkrankung, durch
das Erkennen der Selbstwirksamkeit
wurde mir ganz persönlich geholfen,
auch auf psychischer Ebene.


Ich habe dadurch die „Grenzen“ und
Partner erkannt. Genau diese
Möglichkeiten und Potenziale, die wir
bei vielen anderen Erkrankungen auch
haben – die Betroffenen als Teil des
Heilungs-/Therapieerfolgs anzuerkennen,
treiben mich jeden Tag
an. Digitalisierung kann dabei
helfen, verschiedene Welten zusammen zu
bringen und Kilometer zu überwinden.


Ich selbst bin in Thüringen in einer
ländlichen Region aufgewachsen, die
Fahrten zu Kontrollterminen waren echt
nervig. Da hätte ich mir nicht selten
Telemedizin oder andere Möglichkeiten
gewünscht, vermutlich meine Eltern noch
mehr, denn diese mussten damals immer
Taxi spielen.


Noch ein bisschen was zu meinen Hobbys.
Ich liebe das Lesen, gute, tiefgründige
Gespräche und das Gärtnern – gerade
wächst neben mir die erste Frühzucht
für die diesjährige Saison. Außerdem
liebe ich Reisen, meine Familie und
Freunde und ich „arbeite“ gerne.
















Emendia MS – App zum besseren Verstehen und
Verfolgen der MS




Wie würdest Du Emendia MS in Kurzform
beschreiben?






Emendia ist ein alltäglicher, digitaler
Begleiter im Rahmen der MS-Therapie.
Ein digitale/r Partner/Partnerin.






Was war die Motivation zum Entwickeln von
Emendia MS?






Emendia MS hat eine „Vorgeschichte“
durch ein weiteres Produkt von uns
„PatientConcept“. Entstanden ist aber
alles aus einer Motivation: Die
Versorgung von Patientinnen zu
verbessern, initial vor allem durch
eine verbesserte
Arzt-Patienten-Kommunikation.
Ausgedacht hat sich das nicht
irgendwer, sondern einer unser
Mitgründer und langjähriger
MS-Spezialist Dr. Michael Lang.


Dr. Lang leitete damals selbst eine
MS-Schwerpunktpraxis in Ulm und sah die
Probleme aus der Praxis und wollte eine
Lösung.


Welche Probleme sah er?: MS ist eine
chronische Erkrankung, doch die
Patienten konnten nur bis zu 4-mal pro
Jahr zur Konsultation vorgestellt
werden. Als Arzt erhielt er nur eine
punktuelle Bewertung des aktuellen
Zustands seiner Patienten. Auch konnten
sich die Patienten nur schlecht daran
erinnern, wann es ihnen wirklich besser
und wann schlechter ging. Das geht uns
ja selbst schon fast so – man braucht
sich ja nur mal fragen, wie man letzten
Dienstag geschlafen hat. Wer kann sich
noch erinnern?


Es fehlte somit an Wissen oder auch
Daten, aus dem Alltag der Patienten.
Und das ist in der MS-Therapie sehr
wichtig, denn die Anpassung der
Medikationen erfolgt u.a. auf Basis der
Rückmeldungen der Patienten. Umso
bessere Verlaufsdaten zur Verfügung
stehen, umso besser kann auch ggf. die
Anpassung erfolgen.


Die sogenannte Therapietreue der
Medikamente ließ nach, denn waren die
Beschwerden weniger, wurden die
Medikamente nicht mehr genommen, obwohl
die Entzündungsherde nicht einfach
verschwinden, wenn keine Beschwerden
vorhanden sind. (Auch niederschwellige
Kontakte, das Gefühl mit dem Zentrum zu
kommunizieren schafft eine höhere
Therapietreue.)


Gleichzeitig gibt es wichtige
medizinische Tests, die in der Praxis
vor Ort viel Zeit dauern. Um die
Sprechzeit mit den Patienten so
effektiv wie möglich zu gestalten,
empfahl es sich, Tests bereits zu Hause
durchführen zu lassen.


Ein paar davon können digitalisiert
werden. Wir haben mit dem MFIS und dem
EDSS angefangen, dass Patienten diesen
zu Hause oder vor dem Arztbesuch
ausfüllen können. Wichtig ist, wir
verwenden diese nicht als einmaligen
Wert oder zur alleinigen Diagnose,
vielmehr ist ein Verlauf der Werte über
eine längere Zeit pro Patient wichtig.


Es entstand, mit einem Team aus
IT-Experten, unter der Leitung von
Martin Mayr, das erste Produkt
PatientConcept. PatientConcept besteht
aus einer App für Patienten und einem
Portal für Ärzte. Eines der ersten
Anwendungsgebiete war MS. Dieser Weg
begann 2015 – also in der Steinzeit von
Digital Health. Während der vergangenen
Jahre haben sich die Ansprüche geändert
und wir wollten mehr den Patienten in
den Fokus rücken, auch ermöglichte
das Digitale-Versorgung-Gesetz
(DVG) eine neue
Perspektive.


So ist Emendia MS, mit Fokus auf MS
entstanden. Jedoch bleiben wir auch
hier unserer Philosophie treu: Zu einer
optimalen Versorgung von chronischen
Erkrankungen gehört die Kommunikation
mit dem betreuenden medizinischen
Fachpersonal. Also bieten wir zur App
auch weiterhin ein Portal für
medizinisches Fachpersonal an.


Die Motivation ist also seit Beginn
unserer Arbeit, die Lebensqualität von
Menschen mit MS zu steigern, indem die
MS-Versorgung durch digitale Tools
verbessert wird.






Wer war alles an der Entwicklung beteiligt
(Neurologen, Patienten, …)?






Mehrere Neurologen 🡪 verschiedene
MS-Experten im Interview in Praxen,
Unikliniken (also aus der Forschung und
dem Alltag)

Patient:innen wie Du, Nele
Handwerker  

UI/UX-Designer [Anmerkung Nele: Die
Aufgabe von UX-Designern ist es die
Perspektive von Nutzern/Usern zu
verstehen und in den Prozess der
Softwareentwicklung einzubringen, damit
frustfreie, leicht erlernbare und
intuitiv zu bedienende Produkte
entstehen.]

Softwareentwickler

Medizinprodukte-Experten

Digital Health Experts inklusive
psychologischem Hintergrund







Was wollt Ihr mit Emendia MS erreichen?






Einen wirklichen Mehrwert für
MS-Patientinnen und deren Ärzte
schaffen, um somit die Versorgung für
alle Beteiligte zu verbessern.
Insbesondere möchten wir Patienten
ermöglichen, noch aktiver die eigene
Therapie mit in die Hand zu nehmen und
zum Experten der eigenen Erkrankung zu
werden.


Perspektivisch strukturierte Daten
erheben um daraus mehr zu lernen und
gegebenenfalls an der Entwicklung neuer
Therapien oder Vorhersagen mitzuwirken.
Dabei liegt der Fokus immer auf der
Patientenversorgung.


Eventuell wird es irgendwann möglich
sein, einen Schub vorauszusagen oder
Änderungen der MS-Form? Doch das ist
Zukunftsmusik. Was wir jetzt ganz
konkret mit Emendia MS erreichen
wollen, ist in der aktuellen Versorgung
einen Mehrwert zu erzeugen, indem
Betroffene die eigene Erkrankung selbst
besser kennenlernen und 365 Tage im
Jahr einen Partner zur Seite haben, mit
welchem Messungen verschiedener
Funktionen im Alltag durchgeführt
werden können und damit nicht allein
sind.


Dieses Ziel können wir erreichen indem
die Arzt-Patienten-Kommunikation durch
objektive und subjektive Daten ergänzt
wird, die nicht nur während der
Arzttermine aufgenommen werden, sondern
im Alltag entstehen.


Hinzukommt die Verlaufsdarstellung,
sprich MS-Betroffene sollen ein mit
ihrem Arzt Gespräche auf Augenhöhe
führen können. Und dem behandelnden
Arzt liegen mehr Daten als
Entscheidungsgrundlage vor.


Wir wollen fundiertes Wissen zu MS an
die Hand geben, um selbst zum Experten
der eigenen Erkrankung zu werden, um
die eigenen Verantwortungen und deren
Auswirkungen besser zu verstehen.
Gesunde Ernährung, Alkoholkonsum oder
Medikamentenadhärenz sind einige
Beispiele dafür.






Emendia MS im Einsatz




Wie unterstützt Emendia MS Patienten in
ihrem Leben mit der Erkrankung?






Emendia ist ein digitaler Begleiter,
der umso wertvoller wird, je
regelmäßiger er verwendet wird. So kann
man die eigene Erkrankung und den
eigenen Verlauf selbst tracken und an
einem Ort dokumentieren via:
Symptomtracking.


Bei unsicheren Symptomen kann man diese
für den nächsten Arzttermin
dokumentieren.


Medizinische Abfragen können selbst
durchgeführt werden und die eigene
Fatigue-Score sowie allgemeine
Einschränkungen im Verlauf selbst
eingesehen und bewertet werden.


Mit vier Tests (Floodlight MS vom
Hersteller Roche) können die
Handfunktion, die Gehfähigkeit und die
Kognition zwischen den Arztbesuchen
einfach selbst mit dem eigenen
Smartphone gemessen werden. Die
Ergebnisse im Verlauf können für das
nächste Behandlungsgespräch mit dem
Arzt/der Ärztin genutzt werden. So kann
ein besseres Verständnis für den
individuelle MS-Erkrankung gewonnen
werden.


Darüber hinaus dient Emendia der
Wissensvermittlung – bezogen auf die
eigenen Symptome, kann man so
fundiertes,
medizinisch-wissenschaftliches Wissen
aufbauen und das ganz ohne
Halbwahrheiten.


Die Verlaufsdarstellung bietet Nutzern
und Ärzten wichtige Informationen.


Auftretende Schübe können mit konkreten
Details dokumentiert werden.


Das Medikationstracking hilft dabei die
eigene Medikationseinnahme besser zu
nachzuverfolgen und kann auch für
symptomatische Medikamente genutzt
werden.


Durch die planbare Aufarbeitung erhält
man für einen Mindestzeitaufwand
maximale Vorteile.


Das Teilen der Daten mit dem
behandelnden Neurologen unterstützt
beide Seiten – Betroffenen und Arzt.






Wie wird Emendia von MS-Patienten
angenommen?






Interessiert und offen, positiv vor
allem das Selbsttracking und Teilen der
Daten mit dem eigenen Neurologen
schätzen viele. Die App-Nutzung lässt
sich mühelos in den Alltag integrieren
und ist einfach zu handhaben. Vor allem
das Tomatenzerquetschen wird so
beschrieben, dass es Spaß macht.


Aktuell befindet sich die App noch in
der Erprobungsphase und wird gezielt
eingesetzt. Mehr können wir nach
unserer Zulassungsstudie sagen.






Welche Vorteile sehen Neurologen in Emendia
MS?






Das meiste habe ich bereits in der
Frage zur Motivation von Dr. Michael
Lang erwähnt.


In der Kurzzusammenfassung: Emendia
ermöglicht es Neurologen Daten im
Verlauf zu sehen vor allem aus dem
realen Leben der Patient:innen und
nicht nur eine Momentaufnahme. Dafür
wird kein Papier benötigt, alles ist
digital.


Perspektivisch können so vorhandene
Daten für Forschung und eine noch
bessere MS-Versorgung genutzt werden.
Zudem sind die Daten besser
strukturiert, wodurch in der
Sprechstunde das vordergründige Problem
besprochen werden kann.


Im Moment sehen Ärzte die Versorgung
ohne Emendia MS, wie ein schwarz
übermaltes Bild, dass nur an einigen
Zeitpunkten einen klaren Einblick
ermöglicht. Aber was in der
Zwischenzeit passiert und damit
verbundene Zusammenhänge können sie nur
erahnen, da es unter der schwarzen
Farbe verborgen bleibt. Emendia MS
liefert quasi ein Putzmittel, um die
schwarze Farbe über den gesamten
Zeitraum zu entfernen und auf das
darunter liegende Bild in Gänze schauen
zu können. 






Kannst Du vereinfacht beschreiben, wie
persönliche Daten gesichert werden?






Datenschutz und Datensicherheit sind
uns sehr wichtig, weswegen
wir keine identifizierenden Daten
wie Vorname, Nachname, etc. speichern,
sondern lediglich eine
weltweit einmalige Emendia-ID. An
diese Emendia-ID sind die
Gesundheitsdaten gebunden. Zusätzlich
werden alle Daten in Deutschland
gespeichert.






In welchem Umfang kann man Emendia MS
aktuell nutzen?






Im Rahmen der Test-Erprobungsphase kann
Emendia MS vollumfänglich genutzt
werden.






Was wäre der Vorteil für Patienten, wenn
ihr eine zugelassene digitale
Gesundheitsanwendung seid?






Emendia MS würde dadurch refinanziert
und wir können das Produkt
weiterentwickeln und den Nutzen für
Patienten zusätzlich ausbauen. Aktuell
verdienen wir kein Geld damit, sondern
zahlen alles aus eigener Tasche. Und es
würde dadurch jedem gesetzlich
Versicherten zur Verfügung stehen, über
ein Rezept.






Welche Hürden müsst ihr noch überwinden bis
zur Zulassung als DiGA?






Zulassungsstudie durchführen und
erfolgreich abschließen.

ISO 27001 erhalten.

DiGA-Antrag stellen und bewilligt
bekommen.







Was müssen interessierte MS-Patienten tun,
wenn sie Emendia MS nutzen wollen?






Den eigenen Neurologen fragen, ob er
Emendia MS kennt und einen
Freischaltcode aushändigen lassen. Oder
an uns wenden via info@emendia.de.
Wichtig ist, dass Emendia aktuell nur
in Verbindung mit einem Neurologen
angewendet werden darf, weshalb eine
Abstimmung mit dem behandelnden
Neurologen wichtig ist. Wir
unterstützen hier gerne beim
Vermitteln.






Abschluss




Welchen Durchbruch für die Behandlung der
MS wünschst Du Dir in den kommenden 5
Jahren?






Ich glaube wie jeder, dass MS geheilt
werden kann. Aber davon sind wir
vermutlich noch weit entfernt.
Medikamente, die für Betroffene einfach
(z.B. wie eine einfache Tablette)
einzunehmen sind und kaum/keine
Nebenwirkungen verursachen.


Dass es normal ist, MS im Verlauf zu
tracken und Gesundheitsdaten als Teil
der Therapie ebenfalls gleichwertig wie
die regelmäßige Medikamenteneinnahme
angesehen werden und wir somit alle
etwas mehr Licht ins Dunkel bringen.






Möchtest Du den Hörerinnen und Hörern noch
etwas mit auf dem Weg geben?






Digitalen Gesundheitsanwendungen
eine Chance geben. Sie sind
keinesfalls die alleinige Lösung,
aber ein Teil davon. Noch ist
alles Pionierarbeit und die Produkte
sind nicht fertig, wachsen aber immer
weiter. Diese Einstellung wünsche ich
mir, dass wir am Anfang
eines gemeinsamen Weges
stehen. Denn nur gemeinsam können wir
das Beste herausholen, was Zeit und
manchmal auch Nerven (auf allen Seiten)
braucht. Aber jede Reise beginnt ja
bekanntlich mit dem ersten Schritt.


















++++++++++++++++++++
Ich wünsche Dir bestmögliche
Gesundheit,
Nele


Mehr Informationen rund um das Thema MS
erhältst du in
meinem kostenlosen
MS-Letter.


Hier findest Du eine Übersicht
über alle bisherigen
Podcastfolgen.













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