#118 Blasen- und Darmstörungen bei MS – Hol Dir Deine Lebensqualität zurück
Blasen- und Darmstörungen beschämen viele MSler. Zu Unrecht. Viele
haben dieses Problem und es gibt mannigfaltige
Unterstützungsangebote. Du erfährst im Beitrag: - Wann die Symptome
im Krankheitsverlauf auftreten? - Welche Arten es gibt? - Was du...
31 Minuten
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vor 2 Jahren
Blasen- und Darmstörungen beschämen viele MSler. Zu Unrecht.
Viele haben dieses Problem und es gibt mannigfaltige
Unterstützungsangebote.
Du erfährst im Beitrag:
- Wann die Symptome im Krankheitsverlauf auftreten?
- Welche Arten es gibt?
- Was du selbst dagegen tun kannst?
- Welche Hilfsmittel und Medikamente es gibt?
- Wie Du mit dauerhaften Einschränkungen umgehen
kannst?
- Und was präventiv dagegen hilft bzw. gegen eine
Verschlechterung der Symptome?
Hier geht es zum Blogbeitrag:
https://ms-perspektive.de/blasen-und-darmstoerungen-bei-ms/
In Folge #118 geht es um Blasen- und
Darmstörungen verursacht durch die
Multiple Sklerose. Rund zwei Drittel
aller Menschen mit MS haben mindestens
Episoden mit einer gestörten Blasen-
und Darmfunktion. Auslöser sind
Entzündungen, die die Reizweiterleitung
vom Gehirn über das Rückenmark zu Blase
und Darm behindern.
Leider ist es ein klassisches
Tabuthema, dabei betrifft es längst
nicht nur MS-Patienten. Frauen nach der
Entbindung, aber auch viele Männer
haben solche Probleme. Es spricht nur
fast niemand darüber.
Denn dank einer Vielzahl an
Hilfsangeboten brauchst Du Dich nicht
einzuschränken.
Wann treten Blasen- und
Darmstörungen bei Multipler
Sklerose auf?
Probleme mit der Blase
gehören wie
Sehstörungen zu den
ersten Symptomen bei
Multipler Sklerose. In
wenigen Fällen sind sie
alleiniges Erstsymptom.
Bei ungefähr zehn
Prozent aller
MS-Betroffenen ist die
Blasenstörung ein
wesentlicher Teil der
Symptome, die zur
Diagnose führen.
Bisher galt, dass nach
einem Jahrzehnt
Erkrankungsdauer rund
zwei Drittel unter
Blasenfunktionsstörungen
leiden und sich davon
in ihrem Alltag
einschränken lassen.
Von
Darmfunktionsstörungen
sind geschätzt 40-70
Prozent aller Menschen
mit MS im Laufe der
Erkrankung betroffen.
Die Zahlen sind hier
ungenauer, weil das
Thema mit großer Scham
besetzt ist.
Bei beiden Störungen
gilt, je eher das
Problem angesprochen
wird, umso eher kann es
behandelt und
kleingehalten werden.
Welche Arten von Blasen-
und Darmstörungen gibt es
bei MS?
Bei der Blase kommt es
mit abnehmender
Häufigkeit zu einer
überaktiven Blase,
einem geringen
Harndrang oder einer
inaktiven Blase.
Die überaktive Blase
kann den Urin nur
schlecht halten, da der
Blasenmuskel krampft.
Die Folge sind häufige
Toilettenbesuche bis
hin zum Einnässen.
Dieses Symptom tritt am
meisten auf.
Wenn der Harndrang nur
gering ist,
funktioniert die
Entleerung der Blase
nicht richtig. Der
Urinstrahl beginnt
langsam und stoppt
vorzeitig. Die
weiterhin recht volle
Blase kann zu einer
Beckenbodenspastik
führen.
Eine inaktive Blase
tritt am seltensten
auf. Hier fehlt der
Harndrang gänzlich, da
der Blasenmuskel
schlaff ist und nicht
mehr funktioniert. Viel
zu selten wird die
Toilette aufgesucht.
Die Blase ist übervoll
und bei Husten, Niesen,
Lachen oder
anderweitigem Druck
läuft die Blase über.
Im Rahmen der
Darmstörungen steht die
Verstopfung ganz klar
an erster Stelle.
Deutlich seltener kommt
es zu einem
unkontrollierten
Stuhlverlust, einer
Darminkontinenz.
Prinzipiell ist es auch
möglich beide Probleme
im Wechsel zu haben.
Das ist aber eher der
Fall, wenn die Symptome
lange nicht behandelt
wurden und über die
Zeit schlimmer geworden
sind. Daher bitte immer
zügig beim Neurologen
ansprechen. Oftmals
funktioniert der
Transport nicht mehr
gut, in deutlich
weniger Fällen ist ein
spastischer
Schließmuskel für die
Probleme
verantwortlich.
Was kannst Du selbst bei
Funktionsstörungen von
Blase und Darm tun?
Du kannst mit Deinem
Verhalten viel dazu
beitragen, Blase und
Darm in ihrer Tätigkeit
zu unterstützen. Alle
folgenden Tipps
beziehen sich nur auf
die MS. Solltest Du
weitere Erkrankungen
haben, wie
Herz-Kreislauf,
Stoffwechsel, oder
andere, bitte zunächst
mit Deinem Arzt
abklären.
Ernährung
Trink ausreichend
Wasser oder Tee, am
besten ungesüßt und
nicht zu stark, damit
Dein Körper wirklich
viel Flüssigkeit davon
erhält. Kaffee oder
andere intensive
koffeinhaltige Getränke
bitte nur in Maßen
genießen. Ich gieße
meinen grünen Tee immer
sehr oft auf und lasse
ihn nur kurz ziehen. So
habe ich einen
angenehmen Geschmack,
aber wenig Teein. Früh
und nachmittags gibt es
jeweils einen Espresso
bei mir. Das hilft mir
gegen die Müdigkeit und
liegt völlig im Rahmen.
Reduziere möglichst
Deinen Alkoholgenuss.
Alkohol betäubt eher
die Sinne und auch den
Körper und ist bei MS
besser nur selten und
in geringen Mengen zu
genießen.
Iss möglichst
ballaststoffreich und
ausgewogen. Also viel
Gemüse,
Vollkornprodukte,
Hülsenfrüchte und Obst.
Fermentierte Speisen
sind ebenfalls gut für
eine gesunde Darmflora
und einen aktiven Darm.
Dazu gehören Joghurt,
Buttermilch, Essig für
den frischen Salat oder
Sauerkraut. Fleisch und
Wurst nur in geringen
Mengen. Eher salzarm,
und Fett nur in Maßen.
Generell tut
Abwechslung auf dem
Teller gut. Dann
erhältst Du alle
Inhaltsstoffe, die Dein
Körper braucht.
Falls Du Probleme
mit Restharn hast, sind
Cranberrysaft oder
Preiselbeersaft gut, um
das Bakterienwachstum
in Deiner Blase zu
hemmen.
Hör gern in die bereits
vorhandenen Folgen zum
Thema rein:
#038 –
Gesunde Ernährung bei
Multipler
Sklerose
#091 – Interview
mit Dr. Petra Goergens zu
gesunder Ernährung bei
MS #094
– Details zur gesunden
Ernährung bei MS von Dr.
Goergens
Verhalten
Unterdrücke Deinen
Harndrang nicht, indem
Du die Beine
übereinanderschlägst.
Was in seltenen Fällen
vielleicht mal nötig
ist, kann auf Dauer
eine bestehende Spastik
weiter verstärken. Gehe
lieber vorbeugend oder
in regelmäßigen
Abständen auf Toilette.
Versuche, das richtige
Maß zu finden, indem Du
Deine Blase nicht auf
immer geringere
Füllmengen trainierst,
aber auch nicht
verkrampfst.
Tägliche
Beckenbodenübungen
helfen Deinen Muskeln
wieder stark zu werden
und der Symptomatik
entgegenzuwirken. Es
gibt jede Menge davon.
Yoga hält viel bereit,
spezielle
Beckenbodenkurse,
Aquagymnastik,
einfaches Anspannen und
Entspannen. Für Frauen
gibt es gerade nach der
Geburt gezielte
Beckenbodenübungen,
aber auch für Männer.
Treppensteigen
trainiert den
Beckenboden und eine
besonders charmante Art
ist übrigens Sex. Also
nicht als Mittel zum
Zweck, aber eben als
netter Effekt nebenbei.
Joggen hingegen oder
andere Übungen, bei
denen viel auf und ab
gehüpft wird, wie
Trampolin springen,
sind kontraproduktiv
bei einem geschwächten
Beckenboden.
Bewege Dich
regelmäßig und versuche
eine gute Mischung aus
Dehnung, Kraft und
Ausdauer in Dein
Sportprogramm
einzubauen. Das hilft
Dir vor allem bei
Darmproblemen, ist aber
für Dein generelles
körperliches
Wohlbefinden und
eventuelle andere
Symptome ebenfalls sehr
gut.
Wenn Du Dir nicht
sicher bist, ob Du zu
viel Restharn in der
Blase hast, kannst Du
Deine Trinkmenge und
den Urinabgang auch in
einem Tagebuch
festhalten. Das
bedeutet natürlich,
dass Du messen musst,
wie viel du gepullert
hast mit einer Art
Messbecher. Oder Du
wendest Dich an
Fachpersonal, die
mittels Ultraschall
oder anderer Verfahren
ebenfalls dazu Auskunft
geben können.
Bei stärkeren
Problemen mit
Verstopfung kann eine
Dickdarmmassage, auch
Kolonmassage genannt,
sehr angenehm sein.
Wenn Du sie nur selten
benötigst, kann sie ein
Physiotherapeut
durchführen. Bei einem
regelmäßigen Problem
solltest Du sie Dir
erklären lassen, damit
Du Dir selber etwas
Gutes tun kannst.
Psyche
Vielleicht musst Du
öfter aufs Klo, wenn Du
emotional angespannt
bist. Dann kann es
hilfreich sein, eine
Gesprächstherapie zu
nutzen, ob als eins zu
eins Psychotherapie
oder in größeren
Gesprächsrunden musst
Du für Dich
herausfinden.
Medikamentencheck
Es kann sein, dass
Antispastika oder
andere Medikamente
Deine Darmstörungen
intensivieren. Frag am
besten Deinen
Neurologen danach und
wägt gemeinsam ab, wie
sich die Vorteile zu
den Nebenwirkungen
verhalten, bevor ihr
etwas anpasst.
Schließlich kann es bei
der MS gut sein, dass
Du mit mehreren
Symptomen zu kämpfen
hast.
Generell gilt, dass Du
die geschädigten Nerven
mit den genannten
Maßnahmen zwar nicht
reparieren kannst, aber
Deinem Körper dabei
hilfst, alle anderen
Einflussfaktoren auf
Blase und Darm zu
optimieren. Dadurch
verringert sich ganz
gewiss das Problem.
Welche Hilfsmittel und
Medikamente gibt es gegen
Blasen- und Darmstörungen?
Medikamente
Es gibt Medikamente,
die das spastische
Zusammenziehen der
Blase abmildern, andere
wirken sich entspannend
auf den Schließmuskel
aus.
Wenn Du nachts nicht
mehr durchschlafen
kannst, ist es möglich,
die Urinproduktion
zeitweise zu verringern
oder aber den Muskel,
der für den Blasendrang
verantwortlich ist, den
Austreibermuskel,
gezielt abzuschwächen.
Falls die
Blasenprobleme bei Dir
zu einem akuten
Harnwegsinfekt führt,
helfen Antibiotika.
Für den Darm werden
wasserspeichernde
Abführmittel genutzt.
Mittels Osmose ziehen
sie Wasser in den
Dickdarm zurück, damit
Dein Stuhlgang nicht
hart wird, sondern
schön weich bleibt und
dadurch einfacher
ausgeschieden werden
kann. Außerdem regt
eine größere
Stuhlmenge, durch das
mehr an Wasser, die
Darmtätigkeit besser
an.
Darüber hinaus gibt es
Medikamente, die den
Transport
anregen.
Falls der äußere
Schließmuskel massiv
von einer Spastik
betroffen ist und
Schmerzen verursacht,
kann eine Injektion für
Abhilfe sorgen.
Und falls das
entgegengesetzte
Problem auftritt, also
ungewollter Stuhlabgang
kannst Du medizinische
Kohletabletten nutzen.
Sie binden den
Darminhalt.
Hilfsmittel
Auffanghilfen
und
Stopper
Es gibt ein großes
Portfolio an
Hilfsmitteln, die Dir
dabei helfen möglichst
entspannt am normalen
Leben teilzunehmen ohne
Rücksicht auf Deine
MS-Symptome nehmen zu
müssen.
Dazu zählen
Inkontinenzhilfen, die
Urin und Kot auffangen.
Für Frauen sind es
spezielle Einlagen und
Tampons und für Männer
eine Art Kondom.
Beim Darm ist es für
beide Geschlechter eine
Art Tampon. Selbst
Schwimmen ist damit
weiter möglich.
Und Schwimmen oder
Aquasport zählt zu den
Sportarten, die bei MS
besonders gut sind.
Umso schöner, dass
Hilfsmittel Dir dabei
helfen können, dem
Wassersport weiter
nachgehen zu können.
Gezielte
Entleerung von Blase
und Darm
Falls Du Probleme mit
dem Entleeren Deiner
Blase hast, kannst Du
lernen, Dich selbst zu
katheterisieren. Dafür
brauchst Du allerdings
eine gute Feinmotorik,
um Dich nicht
versehentlich zu
verletzen.
Eine Stufe weiter gibt
es die
Dauerharnableitung oder
einen
Blasenschrittmacher.
Für die Darmentleerung
gibt es Klistiere und
andere Hilfsmittel, die
kontrolliert den Darm
spülen, um ihn
anschließend zu
entleeren. Bitte
unternimm hier keine
Selbstversuche, sondern
lass Dir die Technik
und Gerätschaften von
einer Fachkraft
erklären. Das Wasser
darf nicht zu weit in
den Darm zurückfließen,
das wäre gefährlich.
Was kannst Du in akuten
Phasen tun?
Sprich Deinen
Neurologen an. Dir kann
mit Sicherheit geholfen
werden. Und je besser
Dein Neurologe von
allen Symptomen weiß,
desto gezielter kann er
Dir helfen und abwägen
in der Behandlung, wenn
Du mehr als ein
MS-Symptom hast.
Und wenn Blasen- und
Darmstörungen dauerhaft
bleiben?
Gibt es viele Experten,
die Dir zur Seite
stehen können.
Ernährungsberater,
Physiotherapeuten,
medizinische Fachkräfte
für Inkontinenz. Du
bist nicht allein. Das
Problem haben viele.
Aber Du findest nur
Linderung, wenn Du Dich
traust, darüber zu
sprechen. Je offener Du
die Sachlage schilderst
und wo Du durch die
Blasen- oder
Darmstörung überall
eingeschränkt bist,
desto besser können all
diese Situationen
abgeschafft werden. Für
ein erfülltes und
schönes Leben mit MS.
Du solltest außerdem
den Euro-WC-Schlüssel
beim CBF
Darmstadt beantragen,
wenn Du Dich innerhalb
Deutschlands oder
Europas bewegst. Er
verschafft Dir Zugang
zu über 12.000
öffentliche
Behinderten-WCs an. Das
kann eine enorme
Erleichterung beim
Reisen sein. Denn oft
sind die Schlangen fürs
WC an Bahnhöfen oder in
Innenstädten lang. Du
benötigst dafür nur
eine Bestätigung von
Deinem Neurologen, dass
Du eine Inkontinenz
hast.
Auf den Seiten von
Amsel e.V. findest Du
eine gute Übersicht zur
symptomatischen
Behandlung von:
Blasenfunktionsstörungen
Darmfunktionsstörungen
Zum neurogenen Darm
gibt es bereits eine
Podcastfolge:
#092 –
Interview mit
Franziska Weise zum
neurogenen Darm bei
MS und
Hilfsmöglichkeiten
Was ist die beste
Prävention gegen Blasen-
und Darmstörungen?
Das Du ein gesundes
Leben führst mit
ausreichend Bewegung,
Deinen Beckenboden
trainierst,
ausgewogener Ernährung,
ausreichend Trinken und
wenig Genussmitteln.
Und natürlich gehört
eine funktionierende
Basistherapie dazu, die
Dich vor weiteren
Läsionen und Schüben
bewahrt und die
Multiple Sklerose
möglichst komplett
stoppt oder mindestens
stark verlangsamt.
Denkanstoß
Sprich mit Deinem
Neurologen über Deine
Blasen- oder
Darmstörung, egal ob
sie akut auftritt oder
Du sie schon länger
hast und Dich bisher
nicht getraut hast
darüber zu reden.
Hilfe ist in
vielfältiger Weise
möglich. Du musst nur
das Problem ansprechen
und um Unterstützung
bitten. Dein
behandelnder Arzt kann
Dich beraten und ihr
könnt gemeinsam eine
Strategie ausarbeiten,
wie ihr dem Problem
begegnen wollt. So viel
wie nötig und so wenig
wie möglich ist
sicherlich ein guter
Weg. Denn wenn Du
zunächst mit eigenen
Maßnahmen gegensteuern
kannst, bleiben Dir
weitere Optionen offen,
wenn sich das Symptom
verstärkt.
Aber bitte nicht zu
lange warten, dass
verschärft die Blasen-
und/oder
Darmfunktionsstörung
womöglich. Und falls es
akut ist, kann ein
beherztes Eingreifen
ebenfalls die beste
Wahl sein.
Frage an Dich
Leidest Du unter
Störungen von Blase
oder Darm?
Bestmögliche Gesundheit
wünscht Dir,
Nele
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