#097 - Interview zur Studie Activity Matters des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Diesmal begrüße ich Nina Daniel und Iris Bruhns vom
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf UKE im Interview. Die beiden
stellen die Studie Activity Matters vor, für die weitere
TeilnehmerInnen gesucht werden. Du erfährst: Was das Ziel...
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vor 3 Jahren
Diesmal begrüße ich Nina Daniel und Iris Bruhns vom
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf UKE im Interview. Die
beiden stellen die Studie Activity Matters vor, für die weitere
TeilnehmerInnen gesucht werden.
Du erfährst:
Was das Ziel und Konzept der Activity Matters Studie ist?
Wie die Idee entstand?
Wie weit die Studie bereits vorangeschritten ist?
Wer sich für die Studienteilnahme bewerben kann?
Warum die Studie Activity Matters zwölf Wochen dauert und
wie viel Zeit potentielle TeilnehmerInnen während dieser 12
Wochen investieren müssen?
Welche generellen Empfehlungen es zur körperlichen
Aktivität für MS-Patienten gibt?
Wie die Wissensvermittlung in den einzelnen Modulen
stattfindet?
Welche Kommunikationsmöglichkeiten den TeilnehmerInnen
während der Studie zur Verfügung stehen mit dem UKE und
untereinander?
Wie wird der Effekt der Bewegung gemessen?
Was passiert nach dem Ende der Studie?
Alle Fragen und Antworten findest du auf meinem Blog zum
nachlesen:
ms-perspektive.de/studie-activity-matters-des-uke/
Unter www.activity-matters.de. findest du
alle Infos zur Studie. Wenn du teilnehmen möchtest oder
Fragen hast, dann schreib eine E-Mail an:
activitymatters@uke.de.
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Wichtigste Stationen bis zur jetzigen
Position?
ND: Medizindoktorandin
in der MS-Tagesklinik am UKE im Projekt
Activity Matters.
IB: Physiotherapeutin
in der Uniklinik Hamburg, u.a. in der
Neurologie im klinischen Bereich.
Zusätzlich habe ich ein berufsbegleitendes
Studium in Neurorehabilitation
abgeschlossen und freue mich, in der MS
Tagesklinik Activity Matters in der neuen
Runde zu begleiten.
Was ist das Ziel der Activity Matters
Studie?
IB: Activity Matters
ist ein Online-Selbstmanagement-Programm,
das Menschen mit MS dabei unterstützt,
sportlich aktiv zu werden und langfristig
aktiv zu bleiben. Das Ziel der Studie ist
es zu prüfen, inwieweit das Programm den
Bedürfnissen von Menschen mit MS entspricht
und ob es Ihnen wirklich dabei hilft,
aktiver zu werden.
Wie entstand die Idee zur Studie Activity
Matters?
ND: Das
wissenschaftliche Team der MS Tagesklinik
am UKE hat sich in den letzten Jahren stark
mit Barrieren und Förderfaktoren der
körperlichen Aktivität bei MS befasst.
Dabei kam heraus, dass es neben der
Beeinträchtigung, die durch die MS
entstehen kann, viele andere Faktoren in
der Person selbst, aber auch in ihrer
Lebensumwelt gibt, die die körperliche
Aktivität positiv, aber auch negativ
beeinflussen können. Die Erkenntnisse aus
dieser Forschung wollten wir gerne in ein
zu entwickelndes Online-Programm einfließen
lassen. Dabei kam uns zu Hilfe, dass
irische Wissenschaftlerinnen, mit denen wir
in dem Forschungsprojekt kooperiert haben,
bereits das Programm Activity Matters
entwickelt hatten.
Wir beschlossen das Rad nicht neu zu
erfinden, sondern das irische Programm zu
übersetzen und an deutsche Verhältnisse
anzupassen. Gemeinsam mit der DMSG Hamburg
konnten wir dann bei der Techniker
Krankenkasse Hamburg eine
Finanzierungshilfe für diese Studie
beantragen. Wir wollen nun prüfen, wie gut
Activity Matters schon ist und wie es noch
verbessert werden kann.
Was ist das genaue Konzept der Studie?
ND: Activity Matters
ist ein zwölfwöchiges Online
Selbstmanagement-Programm zur Änderung des
Bewegungsverhaltens. Es vermittelt
einerseits Wissen rund um das Thema Sport
und MS, andererseits stellt es aber auch
Erfahrungsberichte von Betroffenen in Form
von Videos vor. Den TeilnehmerInnen werden
bewährte Verhaltensänderungsstrategien (wie
z.B. Zielsetzung, Handlungsplanung,
Selbst-Monitoring) vermittelt, um ihnen
dabei zu helfen, eine geeignete Sportart zu
finden und um ihre körperliche Aktivität zu
steigern.
Falls die TeilnehmerInnen noch keine Idee
haben, was sie machen möchten, hat Activity
Matters verschiedene Sportmöglichkeiten im
Großraum Hamburg recherchiert und im Zuge
der Corona-Pandemie um Online-Angebote
erweitert. Als weiteres Plus gibt es
Feedback vom Studienteam und wenn gewünscht
auch einen Austausch unter den
TeilnehmerInnen – alles auf digitalem Wege.
An welcher Stelle im Projektverlauf seid
ihr jetzt gerade?
IB: Seit Dezember
2020 hatten Studieninteressierte die
Möglichkeit am Programm teilzunehmen,
welches die TeilnehmerInnen leider bisher
nur unter Lockdownbedingungen testen
konnten. Da die ursprüngliche Idee, dass
die TeilnehmerInnen Sportangebote vor Ort
wahrnehmen können, nicht umsetzbar war,
möchten wir jetzt eine neue Runde mit
offenen Sportmöglichkeiten starten.
Wer kann sich für die Studienteilnahme
bewerben? Welche Voraussetzungen müssen
erfüllt werden?
IB: Teilnehmen können
alle Menschen mit MS, die ihre körperliche
Aktivität steigern wollen, einen Zugang zum
Internet haben, mit oder ohne Handstock
gehen können, mind. 18 Jahre alt sind und
im Großraum Hamburg leben.
Warum dauert die Studie 12 Wochen?
IB: Der Zeitrahmen
von 12 Wochen ist ein Kompromiss. Auf der
einen Seite wissen wir, dass Menschen
häufig länger als 12 Wochen brauchen, um
alte Gewohnheiten abzulegen, und neue
Verhaltensweisen zu etablieren, d.h. das
Programm sollte eigentlich länger dauern.
Auf der anderen Seite wissen wir, dass
viele Menschen nicht länger als 12 Wochen
in einer Studie bleiben. Schon das stellt
für viele eine große Herausforderung dar.
Wir hoffen daher, dass die von Activity
Matters vermittelten Techniken zur
Verhaltensänderung auch langfristig wirksam
sind und zu mehr körperlicher Aktivität
über die 12 Wochen hinaus führen. Ein Ziel
der Studie ist es, genau das, also den
optimalen Zeitrahmen für ein solches
Programm, herauszufinden.
Wie viel Zeit benötigen potentielle
TeilnehmerInnen für die Module, das
Sportprogramm und die Auswertungen mit dem
UKE pro Tag / Woche?
ND: Die Zeit, die für
Activity Matters aufgebracht werden muss,
setzt sich auf der einen Seite zusammen aus
der Bearbeitung des Programms (d.h. das
Lesen der Modulinhalte, Anschauen von
Videos, Recherche nach ansprechenden
Sportmöglichkeiten und Ausfüllen der
Bewegungspläne) und auf der anderen Seite
aus dem eigenständigen Training. Hinzu
kommt zu Beginn und am Ende der Studie je
eine Online-Befragung von etwa 15-20 min.
Teilnehmer sollten bereit sein, sich pro
Woche ein- bis zweimal in das Programm
einzuloggen. Die ersten Module (1-4) sind
umfangreicher als die folgenden (5-11). In
den ersten beiden Wochen sollen jeweils 2
Module bearbeitet werden, während in den
Folgewochen der zeitliche Fokus der
Teilnehmenden eher auf dem Training liegen
soll. Hier liegt der Schwerpunkt darauf,
die neuen Bewegungsgewohnheiten
aufrechtzuerhalten, seine Ziele zu planen
und seine Erfolge oder Misserfolge zu
dokumentieren.
Was sind die Empfehlungen für Menschen
mit MS zur körperlichen Aktivität?
IB: Im Prinzip gelten
für Menschen mit MS die gleichen
Bewegungsempfehlungen wie für die
Allgemeinbevölkerung. D.h., man sollte
mindestens 150 Min. pro Woche körperlich
aktiv sein. Activity Matters empfiehlt auf
Basis von konkreten Empfehlungen für
Menschen mit MS mindestens 2 x in der Woche
30 Min. ein moderates Ausdauertraining und
2 x 30 Min. ein Funktions- oder
Krafttraining.
Wir wissen, dass das für viele eine
Herausforderung darstellt und deshalb ist
es wichtig im Gedächtnis zu behalten, dass
jede zusätzliche körperliche Aktivität
positiv zu werten ist. Uns ist es wichtig,
dass sich die TeilnehmerInnen langsam
steigern können und ihre Aktivitäten
individuell, am besten mit viel Spaß an der
Bewegung, umsetzen.
Wie findet die Wissensvermittlung in den
einzelnen Modulen statt?
ND: Webbasiert in
Textform und durch Videos. In den Videos
kommen ExpertInnen (aus der Neurologie, der
Physiotherapie und den Sportwissenschaften)
zu Wort, die über den aktuellen
Forschungsstand berichten. Außerdem
erzählen Menschen mit MS über ihre
Erfahrungen zu körperlicher Aktivität.
Welche Kommunikationsmöglichkeiten stehen den
TeilnehmerInnen während der Studie zur
Verfügung?
ND: Die
TeilnehmerInnen werden dazu aufgefordert,
ihre Aktivitätsprotokolle (d.h. das, was
sie an körperlicher Aktivität absolviert
haben) wöchentlich einzusenden. Darüber
hinaus geben wir Tipps zum Setzen von
realistischen Zielen, zu denen die jede/r
ein Feedback erhält. Die TeilnehmerInnen
können während des gesamten Programms
Fragen per E-Mail oder Telefon klären.
Gibt es einen Austausch zwischen den
TeilnehmerInnen oder nur direkt mit dem UKE?
ND: Es gibt im
Verlauf der Studie für jeden Teilnehmer und
jede Teilnehmerin das Angebot sich im
Rahmen einer Videokonferenz mit den anderen
TeilnehmerInnen, auszutauschen, welche
durch das Studienteam moderiert wird. Es
soll vor allem um den Austausch von
Erfahrungen und hilfreichen Tipps
untereinander gehen. Außerdem können sich
die Teilnehmenden vernetzen und zu
gemeinsamen sportlichen Aktivitäten
verabreden.
Wie versucht ihr den passenden Sport für
die jeweiligen MS-PatientInnen zu finden?
IB: Das Konzept sieht
nicht vor, dass wir den passenden Sport für
den oder die MS-Betroffene(n) finden,
sondern dass die TeilnehmerInnen die
Sportart selbst finden. Denn die
Bedürfnisse, Vorlieben und auch das
Beeinträchtigungsniveau können sehr
verschieden sein. Während die eine
vielleicht liebend gern tanzt, hat die
andere vielleicht Spaß am Ballsport. Und
etwas stärker beeinträchtigten
TeilnehmerInnen gelingt es vielleicht durch
die Teilnahme am Funktionstraining die
Gehfähigkeit wieder zu verbessern.
Bei der Suche nach der geeigneten
Bewegungsform werden die TeilnehmerInnen
durch das Programm unterstützt. Besonders
vorgestellt werden z.B. Yoga, Walking und
Wassersport. Außerdem haben wir
Kursangebote im Großraum Hamburg
recherchiert, die geeignet sein können: Das
geht über Präventionssport-Angebote der
Krankenkassen, hin zu Schwimmangeboten vom
Bäderland, zu MS-Sportgruppen der
Volkshochschule bis zum Reha-Sport in
Hamburg. Wir hoffen, dass wir so
Inspiration bieten können, bekannte
Sportarten auszuprobieren und spannende
neue Kurse zu entdecken.
Zusätzlich stellen wir Online-Angebote vor.
Für die Sportart entscheidet sich also
jede/r selbst und meldet sich dann ggf.
auch selbst zu Kursen an. Wichtig ist, dass
man möglichst die Sportart findet, die Spaß
macht und man sich traut. Denn
grundsätzlich gibt es nichts, was man mit
MS nicht machen kann – nur manchmal anders,
als man es kennt.
Auf welche Art messt ihr, ob das
Sportprogramm einen Einfluss auf die Symptome
der MS und das Lebensgefühl der
TeilnehmerInnen hat?
ND: Vor Studienbeginn
und nach 12 Wochen füllen die
TeilnehmerInnen einen Fragebogen aus, der
die gleichen Parameter erhebt. Die Skalen
erfragen z.B. was die TeilnehmerInnen
motiviert körperlich aktiv zu sein oder sie
davon abhält, welche Einschränkungen sie
durch die MS erfahren und wie ihre Stimmung
ist. Das Studienteam nutzt diese Skalen zur
Auswertung der Studie und kann dadurch
Rückschlüsse auf den Nutzen von Activity
Matters zur Steigerung der körperlichen
Aktivität ziehen.
Für die TeilnehmerInnen selbst sind die
Tools interessanter, die wir ihnen zur
Selbstreflexion und zur Kontrolle oder
Planung ihrer Ziele an die Hand geben. Also
vor allem die Arbeitsblätter, mit denen sie
ihre Aktivitäten planen und so direkt vor
Augen haben, was sie in der Zeit mit
Activity Matters erreicht haben.
Was passiert nach Ablauf der 12 Wochen?
Gibt es irgendwann einen Folgetermin, wo ihr
schaut, wie das Sportprogramm beibehalten
wird?
ND: Activity Matters
wird nach 12. Wochen beendet. Da die
TeilnehmerInnen im Laufe des Programms
lernen, sich eigene Bewegungs- und
Aktivitätspläne zu erstellen, haben sie ein
Werkzeug an die Hand bekommen, welches sie
weiterführen können. Für Fragen stehen wir
natürlich auch nach Abschluss der Studie
zur Verfügung. Es gibt Überlegungen von
unserer Seite, nach 6 und 12 Monaten eine
Folgebefragung durchzuführen um
herauszufinden, ob Activity Matters
längerfristig Wirkung zeigt.
Wird es nach Ablauf der Studie, wenn sie
einen positiven Effekt zeigt, ein breites
Ausrollen des Angebots geben über andere
MS-Zentren, Reha-Einrichtungen oder die DMSG?
IB: Das wäre unser
Wunsch. In der aktuellen Studienphase
können wir aber noch nicht abschätzen, wann
er real werden könnte. Wir arbeiten als
Kooperationspartner mit der DMSG Hamburg
zusammen und würden uns natürlich freuen,
wenn in Zukunft auch andere Landesverbände
der DMSG Interesse zeigen würden. Da es ein
Online-Programm ist, funktioniert natürlich
vieles überregional – nur die
Sportmöglichkeiten vor Ort müssten
recherchiert werden.
Für die Tagesklinik in Hamburg streben wir
an, ein Angebot wie Activity Matters in die
Versorgung von MS-Betroffenen zu
übernehmen, wenn wir eine Wirksamkeit
nachweisen können.
Möchtet ihr den Hörerinnen und Hörern
noch etwas mit auf dem Weg geben?
Alles Gute und bleiben Sie aktiv und
gesund!
Wo findet man mehr Informationen zur
Activity Matters Studie des UKE Hamburg und
kann sich für die Teilnahme bewerben?
Auf unserer Homepage
unter www.activity-matters.de.
Wenn Sie teilnehmen möchten oder Fragen
haben schreiben Sie uns eine
E-Mail: activitymatters[at]uke.de.
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Vielen Dank für das geführte Interview an
Nina Daniel und Iris Bruhns!
Bestmögliche Gesundheit wünscht dir,
Nele
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