(36) Gustav Schwab »Jasons Ende«
1 Stunde 31 Minuten
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Lesung - Klassiker, Philosophie, Gedichte | Gelesen von Elisa Demonki
Beschreibung
vor 16 Jahren
Sagen des klassischen Altertums II. Buch. Die Argonautensage Iason
gelangte nicht zu dem Thron von Iolkos, um dessentwillen er die
gefahrvolle Fahrt bestanden, Medea ihrem Vater geraubt und an ihrem
Bruder Absyrtos einen schändlichen Mord begangen hatte. Er mußte
das Königreich dem Sohn des Pelias, Akastos, überlassen und sich
mit seiner jungen Gemahlin nach Korinth flüchten. Hier lebte er
zehn Jahre mit ihr, und sie gebar ihm zwei Söhne, Memeros und
Pheros mit Namen. Während jener Zeit war Medea nicht nur um ihrer
Schönheit willen, sondern auch wegen ihres edlen Sinnes und ihrer
übrigen Vorzüge von ihrem Gatten geliebt und geehrt. Als aber
später die Zeit die Reize ihrer Gestalt allmählich vertilgte, wurde
Iason von der Schönheit eines jungen Mädchens, der Tochter des
Korintherkönigs Kreon, mit Namen Glauke, entzündet und betört. Ohne
daß seine Gattin darum wußte, warb er um die Jungfrau, und erst
nachdem der Vater eingewilligt und den Tag der Hochzeit bestimmt
hatte, suchte er seine Gemahlin zu bewegen, daß sie freiwillig auf
die Ehe verzichten sollte. Medea war entrüstet über diesen Antrag
und rief zürnend die Götter an, als Zeugen seiner Schwüre. Iason
achtete desen nicht und vermählte sich mit der Königstochter.
Verzweifelnd irrte Medea im Palast ihres Gatten umher. »Wehe mir«,
rief sie, »möchte die Flamme des Himmels auf meinem Haupt
herniederzücken! Was soll ich länger leben? Möchte der Tod sich
meiner erbarmen! O Vater, o Vaterstadt, die ich schimpflich
verlassen habe! O Bruder, den ich gemordet und dessen Blut jetzt
über mich kommt! Aber nicht an meinem Gatten Iason war es, mich zu
strafen; für ihn habe ich gesündigt! Göttin der Gerechtigkeit,
mögest du ihn und sein junges Weib verderben!« Noch jammerte sie
so, als Kreon, Iasons neuer Schwiegervater, im Palast ihr
begegnete. »Du finster Blickende, auf deinen Gemahl Ergrimmte«,
redete er sie an, »nimm deine Söhne an der Hand und verlaße mein
Land auf der Stelle; ich werde nicht nach Hause kehren, ehe ich
dich über meine Grenzen gejagt.« Medea, ihren Zorn unterdrückend,
sprach mit gefaßter Stimme: »Warum fürchtest du ein Übel von mir,
Kreon? Was hast du mir Böses getan, was wärest du mir schuldig? Nur
meinen Gatten hasse ich, der mir alles schuldig ist. Doch es ist
geschehen; mögen sie als Gatten leben. Mich aber laßt in diesem
Lande wohnen; denn obgleich ich tief gekränkt bin, so will ich doch
schweigen und den Mächtigeren mich unterwerfen.« Aber Kreon sah ihr
die Wut in den Augen an, er traute ihr nicht, obgleich sie seine
Kniee umschlang und ihn bei dem Namen der eigenen, ihr so verhaßten
Tochter Glauke beschwor. »Geh«, erwiderte er, »und befreie mich von
Sorgen!« Da bat sie nur um einen einzigen Tag Aufschub, um einen
Weg zur Flucht und ein Asyl für ihre Kinder wählen zu können.
»Meine Seele ist nicht tyrannisch«, sprach nun der König; »schon
viel törichte Nachgiebigkeit habe ich aus falscher Scheu geübt.
Auch jetzt fühle ich, daß ich nicht weise handle; dennoch sei es
dir gestattet, Weib.« Als Medea die gewünschte Frist erhalten
hatte, bemächtigte sich ihrer der Wahnsinn, und sie schritt zur
Vollführung einer Tat, die ihr wohl bisher dunkel im Geist
vorgeschwebt, an deren Möglichkeit sie aber selbst nicht geglaubt
hatte. Dennoch machte sie vorher einen letzten Versuch, ihren
Gatten von seinem Unrecht und seinem Frevel zu überzeugen. Sie trat
vor ihn und sprach zu ihm: »O du schlimmst… (weiterlesen auf
https://podcast-lesung.de/36-gustav-schwab-jasons-ende/)
gelangte nicht zu dem Thron von Iolkos, um dessentwillen er die
gefahrvolle Fahrt bestanden, Medea ihrem Vater geraubt und an ihrem
Bruder Absyrtos einen schändlichen Mord begangen hatte. Er mußte
das Königreich dem Sohn des Pelias, Akastos, überlassen und sich
mit seiner jungen Gemahlin nach Korinth flüchten. Hier lebte er
zehn Jahre mit ihr, und sie gebar ihm zwei Söhne, Memeros und
Pheros mit Namen. Während jener Zeit war Medea nicht nur um ihrer
Schönheit willen, sondern auch wegen ihres edlen Sinnes und ihrer
übrigen Vorzüge von ihrem Gatten geliebt und geehrt. Als aber
später die Zeit die Reize ihrer Gestalt allmählich vertilgte, wurde
Iason von der Schönheit eines jungen Mädchens, der Tochter des
Korintherkönigs Kreon, mit Namen Glauke, entzündet und betört. Ohne
daß seine Gattin darum wußte, warb er um die Jungfrau, und erst
nachdem der Vater eingewilligt und den Tag der Hochzeit bestimmt
hatte, suchte er seine Gemahlin zu bewegen, daß sie freiwillig auf
die Ehe verzichten sollte. Medea war entrüstet über diesen Antrag
und rief zürnend die Götter an, als Zeugen seiner Schwüre. Iason
achtete desen nicht und vermählte sich mit der Königstochter.
Verzweifelnd irrte Medea im Palast ihres Gatten umher. »Wehe mir«,
rief sie, »möchte die Flamme des Himmels auf meinem Haupt
herniederzücken! Was soll ich länger leben? Möchte der Tod sich
meiner erbarmen! O Vater, o Vaterstadt, die ich schimpflich
verlassen habe! O Bruder, den ich gemordet und dessen Blut jetzt
über mich kommt! Aber nicht an meinem Gatten Iason war es, mich zu
strafen; für ihn habe ich gesündigt! Göttin der Gerechtigkeit,
mögest du ihn und sein junges Weib verderben!« Noch jammerte sie
so, als Kreon, Iasons neuer Schwiegervater, im Palast ihr
begegnete. »Du finster Blickende, auf deinen Gemahl Ergrimmte«,
redete er sie an, »nimm deine Söhne an der Hand und verlaße mein
Land auf der Stelle; ich werde nicht nach Hause kehren, ehe ich
dich über meine Grenzen gejagt.« Medea, ihren Zorn unterdrückend,
sprach mit gefaßter Stimme: »Warum fürchtest du ein Übel von mir,
Kreon? Was hast du mir Böses getan, was wärest du mir schuldig? Nur
meinen Gatten hasse ich, der mir alles schuldig ist. Doch es ist
geschehen; mögen sie als Gatten leben. Mich aber laßt in diesem
Lande wohnen; denn obgleich ich tief gekränkt bin, so will ich doch
schweigen und den Mächtigeren mich unterwerfen.« Aber Kreon sah ihr
die Wut in den Augen an, er traute ihr nicht, obgleich sie seine
Kniee umschlang und ihn bei dem Namen der eigenen, ihr so verhaßten
Tochter Glauke beschwor. »Geh«, erwiderte er, »und befreie mich von
Sorgen!« Da bat sie nur um einen einzigen Tag Aufschub, um einen
Weg zur Flucht und ein Asyl für ihre Kinder wählen zu können.
»Meine Seele ist nicht tyrannisch«, sprach nun der König; »schon
viel törichte Nachgiebigkeit habe ich aus falscher Scheu geübt.
Auch jetzt fühle ich, daß ich nicht weise handle; dennoch sei es
dir gestattet, Weib.« Als Medea die gewünschte Frist erhalten
hatte, bemächtigte sich ihrer der Wahnsinn, und sie schritt zur
Vollführung einer Tat, die ihr wohl bisher dunkel im Geist
vorgeschwebt, an deren Möglichkeit sie aber selbst nicht geglaubt
hatte. Dennoch machte sie vorher einen letzten Versuch, ihren
Gatten von seinem Unrecht und seinem Frevel zu überzeugen. Sie trat
vor ihn und sprach zu ihm: »O du schlimmst… (weiterlesen auf
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