(14) Johann Wolfgang von Goethe »Faust 1- Marthens Garten«
7 Minuten
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Lesung - Klassiker, Philosophie, Gedichte | Gelesen von Elisa Demonki
Beschreibung
vor 18 Jahren
MARGARETE: Versprich mir, Heinrich! FAUST: Was ich kann! MARGARETE:
Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter
Mann, Allein ich glaub, du hältst nicht viel davon. FAUST: Laß das,
mein Kind! Du fühlst, ich bin dir gut; Für meine Lieben ließ‘ ich
Leib und Blut, Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben.
MARGARETE: Das ist nicht recht, man muß dran glauben. FAUST: Muß
man? MARGARETE: Ach! wenn ich etwas auf dich konnte! Du ehrst auch
nicht die heil’gen Sakramente. FAUST: Ich ehre sie. MARGARETE: Doch
ohne Verlangen. Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht
gegangen. Glaubst du an Gott? FAUST: Mein Liebchen, wer darf sagen:
Ich glaub an Gott? Magst Priester oder Weise fragen, Und ihre
Antwort scheint nur Spott Über den Frager zu sein. MARGARETE: So
glaubst du nicht? FAUST: Mißhör mich nicht, du holdes Angesicht!
Wer darf ihn nennen? Und wer bekennen: Ich glaub ihn! Wer
empfinden, Und sich unterwinden Zu sagen: Ich glaub ihn nicht! Der
Allumfasser, Der Allerhalter, Faßt und erhält er nicht Dich, mich,
sich selbst? Wölbt sich der Himmel nicht da droben? Liegt die Erde
nicht hier unten fest? Und steigen freundlich blickend Ewige Sterne
nicht herauf? Schau ich nicht Aug in Auge dir, Und drängt nicht
alles Nach Haupt und Herzen dir, Und webt in ewigem Geheimnis
Unsichtbar sichtbar neben dir? Erfüll davon dein Herz, so groß es
ist, Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist, Nenn es dann, wie
du willst, Nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen
Dafür! Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch, Umnebelnd
Himmelsglut. MARGARETE: Das ist alles recht schön und gut; Ungefähr
sagt das der Pfarrer auch, Nur mit ein bißchen andern Worten.
FAUST: Es sagen’s allerorten Alle Herzen unter dem himmlischen
Tage, Jedes in seiner Sprache; Warum nicht ich in der meinen?
MARGARETE: Wenn man’s so hört, möcht’s leidlich scheinen, Steht
aber doch immer schief darum; Denn du hast kein Christentum. FAUST:
Liebs Kind! MARGARETE: Es tut mir lange schon weh, Daß ich dich in
der Gesellschaft seh. FAUST: Wie so? MARGARETE: Der Mensch, den du
da bei dir hast, Ist mir in tiefer innrer Seele verhaßt; Es hat mir
in meinem Leben So nichts einen Stich ins Herz gegeben Als des
Menschen widrig Gesicht. FAUST: Liebe Puppe, fürcht ihn nicht!
MARGARETE: Seine Gegenwart bewegt mir das Blut. Ich bin sonst allen
Menschen gut; Aber wie ich mich sehne, dich zu schauen, Hab ich vor
dem Menschen ein heimlich Grauen, Und halt ihn für einen Schelm
dazu! Gott verzeih mir’s, wenn ich ihm unrecht tu! FAUST: Es muß
solche Käuze geben. MARGARETE: Wollte nicht mit seinesgleichen
leben! Kommt er einmal zur Tür herein, Sieht er immer so spöttisch
drein Und halb ergrimmt; Man sieht, daß er an nichts keinen Anteil
nimmt; Es steht ihm an der Stirn geschrieben, Daß er nicht mag eine
Seele lieben. Mir wird’s so wohl in deinem Arm, So frei, so
hingegeben warm, Und seine Gegenwart schnürt mir das Innre zu.
FAUST: Du ahndungsvoller Engel du! MARGARETE: Das übermannt mich so
sehr, Daß, wo er nur mag zu uns treten, Mein ich sogar, ich liebte
dich nicht mehr. Auch, wenn er da ist, könnt ich nimmer beten, Und
das frißt mir ins Herz hinein; Dir, Heinrich, muß es auch so sein.
FAUST: Du hast nun die Antipathie! MARGARETE: Ich muß nun fort.
FAUST: Ach kann ich nie Ein Stündchen ruhig dir am Busen hängen Und
Brust an Brust und Seel in Seele drängen? MARGARETE: Ach wenn ich
nur… (weiterlesen auf
https://podcast-lesung.de/14-johann-wolfgang-von-goethe-faust-1-marthens-garten/)
Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter
Mann, Allein ich glaub, du hältst nicht viel davon. FAUST: Laß das,
mein Kind! Du fühlst, ich bin dir gut; Für meine Lieben ließ‘ ich
Leib und Blut, Will niemand sein Gefühl und seine Kirche rauben.
MARGARETE: Das ist nicht recht, man muß dran glauben. FAUST: Muß
man? MARGARETE: Ach! wenn ich etwas auf dich konnte! Du ehrst auch
nicht die heil’gen Sakramente. FAUST: Ich ehre sie. MARGARETE: Doch
ohne Verlangen. Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht
gegangen. Glaubst du an Gott? FAUST: Mein Liebchen, wer darf sagen:
Ich glaub an Gott? Magst Priester oder Weise fragen, Und ihre
Antwort scheint nur Spott Über den Frager zu sein. MARGARETE: So
glaubst du nicht? FAUST: Mißhör mich nicht, du holdes Angesicht!
Wer darf ihn nennen? Und wer bekennen: Ich glaub ihn! Wer
empfinden, Und sich unterwinden Zu sagen: Ich glaub ihn nicht! Der
Allumfasser, Der Allerhalter, Faßt und erhält er nicht Dich, mich,
sich selbst? Wölbt sich der Himmel nicht da droben? Liegt die Erde
nicht hier unten fest? Und steigen freundlich blickend Ewige Sterne
nicht herauf? Schau ich nicht Aug in Auge dir, Und drängt nicht
alles Nach Haupt und Herzen dir, Und webt in ewigem Geheimnis
Unsichtbar sichtbar neben dir? Erfüll davon dein Herz, so groß es
ist, Und wenn du ganz in dem Gefühle selig bist, Nenn es dann, wie
du willst, Nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen
Dafür! Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch, Umnebelnd
Himmelsglut. MARGARETE: Das ist alles recht schön und gut; Ungefähr
sagt das der Pfarrer auch, Nur mit ein bißchen andern Worten.
FAUST: Es sagen’s allerorten Alle Herzen unter dem himmlischen
Tage, Jedes in seiner Sprache; Warum nicht ich in der meinen?
MARGARETE: Wenn man’s so hört, möcht’s leidlich scheinen, Steht
aber doch immer schief darum; Denn du hast kein Christentum. FAUST:
Liebs Kind! MARGARETE: Es tut mir lange schon weh, Daß ich dich in
der Gesellschaft seh. FAUST: Wie so? MARGARETE: Der Mensch, den du
da bei dir hast, Ist mir in tiefer innrer Seele verhaßt; Es hat mir
in meinem Leben So nichts einen Stich ins Herz gegeben Als des
Menschen widrig Gesicht. FAUST: Liebe Puppe, fürcht ihn nicht!
MARGARETE: Seine Gegenwart bewegt mir das Blut. Ich bin sonst allen
Menschen gut; Aber wie ich mich sehne, dich zu schauen, Hab ich vor
dem Menschen ein heimlich Grauen, Und halt ihn für einen Schelm
dazu! Gott verzeih mir’s, wenn ich ihm unrecht tu! FAUST: Es muß
solche Käuze geben. MARGARETE: Wollte nicht mit seinesgleichen
leben! Kommt er einmal zur Tür herein, Sieht er immer so spöttisch
drein Und halb ergrimmt; Man sieht, daß er an nichts keinen Anteil
nimmt; Es steht ihm an der Stirn geschrieben, Daß er nicht mag eine
Seele lieben. Mir wird’s so wohl in deinem Arm, So frei, so
hingegeben warm, Und seine Gegenwart schnürt mir das Innre zu.
FAUST: Du ahndungsvoller Engel du! MARGARETE: Das übermannt mich so
sehr, Daß, wo er nur mag zu uns treten, Mein ich sogar, ich liebte
dich nicht mehr. Auch, wenn er da ist, könnt ich nimmer beten, Und
das frißt mir ins Herz hinein; Dir, Heinrich, muß es auch so sein.
FAUST: Du hast nun die Antipathie! MARGARETE: Ich muß nun fort.
FAUST: Ach kann ich nie Ein Stündchen ruhig dir am Busen hängen Und
Brust an Brust und Seel in Seele drängen? MARGARETE: Ach wenn ich
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