(10) Johann Wolfang Goethe »Faust 1 - Prolog im Himmel«
5 Minuten
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Lesung - Klassiker, Philosophie, Gedichte | Gelesen von Elisa Demonki
Beschreibung
vor 18 Jahren
MEPHISTOPHELES: Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst Und fragst,
wie alles sich bei uns befinde, Und du mich sonst gewöhnlich gerne
sahst, So siehst du mich auch unter dem Gesinde. Verzeih, ich kann
nicht hohe Worte machen, Und wenn mich auch der ganze Kreis
verhöhnt; Mein Pathos brächte dich gewiß zum Lachen, Hättst du dir
nicht das Lachen abgewöhnt. Von Sonn‘ und Welten weiß ich nichts zu
sagen, Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen. Der kleine Gott
der Welt bleibt stets von gleichem Schlag, Und ist so wunderlich
als wie am ersten Tag. Ein wenig besser würd er leben, Hättst du
ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben; Er nennt’s Vernunft
und braucht’s allein, Nur tierischer als jedes Tier zu sein. Er
scheint mir, mit Verlaub von euer Gnaden, Wie eine der langbeinigen
Zikaden, Die immer fliegt und fliegend springt Und gleich im Gras
ihr altes Liedchen singt; Und läg er nur noch immer in dem Grase!
In jeden Quark begräbt er seine Nase. DER HERR: Hast du mir weiter
nichts zu sagen? Kommst du nur immer anzuklagen? Ist auf der Erde
ewig dir nichts recht? MEPHISTOPHELES: Nein Herr! ich find es dort,
wie immer, herzlich schlecht. Die Menschen dauern mich in ihren
Jammertagen, Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen. DER HERR:
Kennst du den Faust? MEPHISTOPHELES: Den Doktor? DER HERR: Meinen
Knecht! MEPHISTOPHELES: Fürwahr! er dient Euch auf besondre Weise.
Nicht irdisch ist des Toren Trank noch Speise. Ihn treibt die
Gärung in die Ferne, Er ist sich seiner Tollheit halb bewußt; Vom
Himmel fordert er die schönsten Sterne Und von der Erde jede
höchste Lust, Und alle Näh und alle Ferne Befriedigt nicht die
tiefbewegte Brust. DER HERR: Wenn er mir jetzt auch nur verworren
dient, So werd ich ihn bald in die Klarheit führen. Weiß doch der
Gärtner, wenn das Bäumchen grünt, Das Blüt und Frucht die künft’gen
Jahre zieren. MEPHISTOPHELES: Was wettet Ihr? den sollt Ihr noch
verlieren! Wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt, Ihn meine Straße sacht
zu führen. DER HERR: Solang er auf der Erde lebt, So lange sei
dir’s nicht verboten, Es irrt der Mensch so lang er strebt.
MEPHISTOPHELES: Da dank ich Euch; denn mit den Toten Hab ich mich
niemals gern befangen. Am meisten lieb ich mir die vollen, frischen
Wangen. Für einem Leichnam bin ich nicht zu Haus; Mir geht es wie
der Katze mit der Maus. DER HERR: Nun gut, es sei dir überlassen!
Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab, Und führ ihn, kannst du
ihn erfassen, Auf deinem Wege mit herab, Und steh beschämt, wenn du
bekennen mußt: Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange, Ist sich
des rechten Weges wohl bewußt. MEPHISTOPHELES: Schon gut! nur
dauert es nicht lange. Mir ist für meine Wette gar nicht bange.
Wenn ich zu meinem Zweck gelange, Erlaubt Ihr mir Triumph aus
voller Brust. Staub soll er fressen, und mit Lust, Wie meine Muhme,
die berühmte Schlange. DER HERR: Du darfst auch da nur frei
erscheinen; Ich habe deinesgleichen nie gehaßt. Von allen Geistern,
die verneinen, ist mir der Schalk am wenigsten zur Last. Des
Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen, er liebt sich
bald die unbedingte Ruh; Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu, Der
reizt und wirkt und muß als Teufel schaffen. Doch ihr, die echten
Göttersöhne, Erfreut euch der lebendig reichen Schöne! Das
Werdende, das ewig wirkt und lebt, Umfass euch mit der Liebe holden
Schranken, Und was in schwankender Erscheinung schwebt, Befestigt
mit dauernden G… (weiterlesen auf
https://podcast-lesung.de/10-johann-wolfang-goethe-faust-1-prolog-im-himmel/)
wie alles sich bei uns befinde, Und du mich sonst gewöhnlich gerne
sahst, So siehst du mich auch unter dem Gesinde. Verzeih, ich kann
nicht hohe Worte machen, Und wenn mich auch der ganze Kreis
verhöhnt; Mein Pathos brächte dich gewiß zum Lachen, Hättst du dir
nicht das Lachen abgewöhnt. Von Sonn‘ und Welten weiß ich nichts zu
sagen, Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen. Der kleine Gott
der Welt bleibt stets von gleichem Schlag, Und ist so wunderlich
als wie am ersten Tag. Ein wenig besser würd er leben, Hättst du
ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben; Er nennt’s Vernunft
und braucht’s allein, Nur tierischer als jedes Tier zu sein. Er
scheint mir, mit Verlaub von euer Gnaden, Wie eine der langbeinigen
Zikaden, Die immer fliegt und fliegend springt Und gleich im Gras
ihr altes Liedchen singt; Und läg er nur noch immer in dem Grase!
In jeden Quark begräbt er seine Nase. DER HERR: Hast du mir weiter
nichts zu sagen? Kommst du nur immer anzuklagen? Ist auf der Erde
ewig dir nichts recht? MEPHISTOPHELES: Nein Herr! ich find es dort,
wie immer, herzlich schlecht. Die Menschen dauern mich in ihren
Jammertagen, Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen. DER HERR:
Kennst du den Faust? MEPHISTOPHELES: Den Doktor? DER HERR: Meinen
Knecht! MEPHISTOPHELES: Fürwahr! er dient Euch auf besondre Weise.
Nicht irdisch ist des Toren Trank noch Speise. Ihn treibt die
Gärung in die Ferne, Er ist sich seiner Tollheit halb bewußt; Vom
Himmel fordert er die schönsten Sterne Und von der Erde jede
höchste Lust, Und alle Näh und alle Ferne Befriedigt nicht die
tiefbewegte Brust. DER HERR: Wenn er mir jetzt auch nur verworren
dient, So werd ich ihn bald in die Klarheit führen. Weiß doch der
Gärtner, wenn das Bäumchen grünt, Das Blüt und Frucht die künft’gen
Jahre zieren. MEPHISTOPHELES: Was wettet Ihr? den sollt Ihr noch
verlieren! Wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt, Ihn meine Straße sacht
zu führen. DER HERR: Solang er auf der Erde lebt, So lange sei
dir’s nicht verboten, Es irrt der Mensch so lang er strebt.
MEPHISTOPHELES: Da dank ich Euch; denn mit den Toten Hab ich mich
niemals gern befangen. Am meisten lieb ich mir die vollen, frischen
Wangen. Für einem Leichnam bin ich nicht zu Haus; Mir geht es wie
der Katze mit der Maus. DER HERR: Nun gut, es sei dir überlassen!
Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab, Und führ ihn, kannst du
ihn erfassen, Auf deinem Wege mit herab, Und steh beschämt, wenn du
bekennen mußt: Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange, Ist sich
des rechten Weges wohl bewußt. MEPHISTOPHELES: Schon gut! nur
dauert es nicht lange. Mir ist für meine Wette gar nicht bange.
Wenn ich zu meinem Zweck gelange, Erlaubt Ihr mir Triumph aus
voller Brust. Staub soll er fressen, und mit Lust, Wie meine Muhme,
die berühmte Schlange. DER HERR: Du darfst auch da nur frei
erscheinen; Ich habe deinesgleichen nie gehaßt. Von allen Geistern,
die verneinen, ist mir der Schalk am wenigsten zur Last. Des
Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen, er liebt sich
bald die unbedingte Ruh; Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu, Der
reizt und wirkt und muß als Teufel schaffen. Doch ihr, die echten
Göttersöhne, Erfreut euch der lebendig reichen Schöne! Das
Werdende, das ewig wirkt und lebt, Umfass euch mit der Liebe holden
Schranken, Und was in schwankender Erscheinung schwebt, Befestigt
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