Beschreibung

vor 3 Jahren
Heute möchte ich noch einiges mehr über meine Arbeit in der
Anfangsphase der Tagesklinik in Köln erzählen. Ein wichtiges
Element der täglichen Arbeit war die „Stationsversammlung“. Das war
ein tägliches, direkt zu Beginn morgens stattfindendes
Gruppengespräch. Daran teilgenommen haben alle 14 Patient*innen
einer tagesklinischen Einheit, das gesamte Team (1 Ärztin und 1
Arzt, 1 Sozialarbeiter*in, eine Krankenpflegerin und 1
Krankenpfleger, 1 Ergotherapeut*in und 1 Stationshilfe(?). Das war
ja auch gleichzeitig das gesamte Team. Die Leitung und Durchführung
der Stationsversammlung lag in pflegerischer Verantwortung. Es war
ja ein tagesklinischer Betrieb, was bedeutete- alle Patient*innen
kamen morgens um 08:30, hatten dann ein konkretes
Gruppentherapieprogramm (das werde ich später noch beschreiben) und
gingen normalerweise um 17:00 wieder nach Hause. Nur für den Fall,
wenn jemand in eine krisenhafte Verfassung geriet, gab es bei
Einverständnis die Möglichkeit die Nacht auf der vollstationären
Einheit zu verbringen. Die psychoanalytische Grundhaltung verführte
das Team aber auch immer wieder zu Deutungen und Interpretationen,
was bei den Patient*innen jedoch oftmals Widerstände und
Unsicherheit auslöste. Das war nicht unbedingt falsch, tat aber
auch dem Charakter dieser Gruppensitzung nicht immer gut. Aber der
ganze Alltag in der Tagesklinik war schon durch diese spezielle,
oft deutungslastige Betrachtung geprägt. Was von Anfang an in der
Arbeit, ja schon in der Gründungsphase (ich habe davon auch
erzählt) auch immer eine Rolle spielte, war die politische
Situation, in der wir uns ganz allgemein befanden. Die aktuellen
gesellschaftlichen Auseinandersetzungen waren in der täglichen
Arbeit präsent. War es zu Beginn, die Situation der Sanierung der
Kölner Südstadt mit all seinen Facetten der alternativen Kultur und
der Verdrängung von alteingesessenen Bürger*innen und damit
verbundenen psychischen Belastungen (die wir in der Klinik dann
reparieren sollen, anstatt sich politisch auseinanderzusetzen), so
waren es jetzt die politischen Auseinandersetzungen und den
Widerstand gegen die atomare Aufrüstung in der BRD. Offener Brief
eines Kollegen und die ausführliche Antwort der Betriebsleitung.
Musikteil: Die Bezeichnung Funny Farm im Text ist eine, im
englischen Sprachgebrauch früher übliche Verniedlichung für eine
Psychiatrische Klinik bzw. Irrenanstalt. Einige Ärzte und
Institutionen in den USA allerdings fanden den Song gar nicht
witzig und waren der Meinung, dass psychische Probleme und
Geisteskrankheiten kein Thema von Popsongs sein sollten. Sie
beklagten sich in der Öffentlichkeit, woraufhin große
Radiostationen wie z.B. der New Yorker Radiosender WMCA den
inzwischen zum Hit gewordenen Song auf den Index setzten, d.h. also
....er wurde nicht mehr gespielt.

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