Bismarck stürzen? Deutsche Denkmäler und ihr koloniales Erbe

Bismarck stürzen? Deutsche Denkmäler und ihr koloniales Erbe

Seit fast 120 Jahren thront ein Granit-Bismarck über Hamburg. Nun steht er mitten in der Kolonialismusdebatte. Zu Recht? Und sollte das Denkmal fallen?
58 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
Für einen Moment sah der Bismarck aus wie ein Gespenst: Die Plane,
in die er gehüllt war, blieb kurz am Kopf hängen, als das Monument
am 2. Juni 1906 eingeweiht wurde. Bei Wind und Regen musste die
Gruppe von einigen Dutzend Hamburger Honoratioren, die sich im
Alten Elbpark versammelt hatte, den Hut festhalten und ausharren,
bis die Hymne abgesungen war, ein paar Reden gehalten und der
Bismarck endlich barhäuptig und aus schwindelnder Höhe über Elbe
und Stadt blickte. Der alte Reichskanzler war fast acht Jahre zuvor
gestorben. Vor allem in der Rückschau wurde er immer beliebter,
seine Verdienste um die deutsche Reichseinigung schienen immer
weiter anzuwachsen. Es folgten zwei Weltkriege, und der Blick auf
Bismarck änderte sich im Laufe des 21. Jahrhunderts stark. In der
sogenannten Berliner Republik schien das Denkmal langsam in
Vergessenheit zu geraten, wie viele Relikte des Kaiserreichs. Die
Bäume verdeckten ihn bald, sodass man auch nicht sah, wie dieser
Bismarck mit Graffiti verziert worden war. Doch seit ein paar
Jahren wird wieder über das koloniale Erbe diskutiert. Im
Fahrwasser der Black-Lives-Matter-Bewegung ist diese Debatte von
Forschung und Fachpublikum in den Alltag der Deutschen getragen
worden: Wie rassistisch ist Deutschland heute noch? Wie viel
koloniales Raubgut befindet sich in den Museen? Wie gehen wir mit
Straßen um, die kontroverse Namen tragen – und wie mit Denkmälern?
Auch der Hamburger Bismarck steht auf einmal mitten in dieser
Debatte, gilt er doch manch einem – wie dem Hamburger Historiker
Jürgen Zimmerer – als "Deutschlands höchstes Kolonialdenkmal". Wir
haben mit ihm darüber gesprochen – und wir haben uns selbst auf den
Weg gemacht zum Bismarck, auf eine historische Erkundungstour
zusammen mit dem Hamburger Kunsthistoriker Jörg Schilling, der uns
erzählt, wie das Denkmal einmal gemeint war. Mehr zum Thema, zum
Beispiel ein sehr ausführliches Gespräch mit Jürgen Zimmerer über
die deutschen Kolonialverbrechen, die aktuelle Debatte und den
Historikerstreit über die deutsche Gedenkkultur sowie Beiträge zur
Geschichte des Rassismus und der Rassentheorien lesen Sie in der
aktuellen Ausgabe des Magazins ZEIT Geschichte. Unter diesem Link
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