Postkolonialismus – kann dieser Zustand jemals vergehen?
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vor 1 Jahr
Der Begriff Postkolonialismus vermittelt die Vorstellung, dass
der Kolonialismus mit den Unabhängigkeitserklärungen zu Ende
gegangen sei. Das mag völkerrechtlich stimmen. Doch die Aus- und
Nachwirkungen des Kolonialismus, den man vereinfacht als eine
Epoche von Repression und Innovation betrachten kann, sind bis
heute unverkennbar. Zur Repression zählt zuvorderst die
Niederhaltung, wenn nicht gar die Vernichtung der afrikanischen
Kultur. Sie wurde von Ausnahmen abgesehen nicht als die
identitätsstiftende Einrichtung der unterworfenen Völker gesehen,
sondern als Hort von Infragestellung, Ablehnung und potenziellem
Widerstand gegen die Fremdherrschaft bekämpft. In diesem
Zusammenhang gehört auch die Aneignung von afrikanischem
Kulturgut, sei es durch Raub, Kauf oder als Unterwerfungsgeste.
Auch blieb die Sprache der Kolonialherren die rechtlich gültige
Amtssprache.
Das ehemalige koloniale Mutterland übt nach wie vor eine
ungeheure Anziehungskraft aus, nicht nur für die Eliten, auch für
die Masse der Arbeitssuchenden sind die Ex-Mutterländer die
wichtigsten Migrationsadressen. Unbestritten sind, von wenigen
Ausnahmen abgesehen, die Ex-Kolonien wirtschaftlich aufs Engste
mit dem Ex-Mutterland verknüpft. Dessen Konzerne, wiewohl heute
global vernetzt, prägen nach wie vor die Wirtschaft und
Infrastruktur der früheren Besitztümer. Zahlreiche Ex-Kolonien
haben Militär- und Kooperationsabkommen mit der früheren
Kolonialmacht oder hängen wie die meisten früheren französischen
Kolonien von deren Währungen ab.
In den ehemaligen Kolonialmächten selbst wird seit einigen Jahren
unter dem Begriff „Postkolonialismus“ eine gesellschaftliche
Debatte über die Aufarbeitung der eigenen kolonialen
Vergangenheit und der damit verbundenen Verantwortung für
begangenes Unrecht und um Wiedergutmachung geführt. In ihrem Kern
steckt die entscheidende und weitreichende Frage, woher der
Reichtum der europäischen Nationen wirklich kommt und mit welchen
Methoden dieser erworben wurde. In der Praxis geht es aber häufig
nur um kulturelle Fragen, wie die Rückgabe von afrikanischen
Kunstschätzen. Eine Diskussion um wirtschaftliche Beziehungen und
kulturellen Austausch auf Augenhöhe ist in einigen Ansätzen und
Deklarationen erkennbar. Wird dies einem postkolonialen
Verantwortungsbewusstsein tatsächlich gerecht oder zeigt sich
hier nur eine weitere Facette von neokolonialen Verhältnissen?
Die Sendung sucht dazu im Gespräch mit Afrikakenner Dr. Günther
Rusch Antworten.
Dr. Günther Rusch hat sich seit seinen Studienjahren in den
1960er und 70er Jahren in vielfältiger Weise mit nahezu allen
Regionen Afrikas befasst, wissenschaftlich, als Berater, Referent
und Delegierter von Hilfsorganisationen, als Dozent an der
Brandenburgisch-Technischen Universität Cottbus, an zwei
afrikanischen Hochschulen sowie in der entwicklungspolitischen
Bildungsarbeit.
Titelmusik: 'Parole' by Jonas Hipper (CC)
Abspannmusik: 'Jazzy Lounge' by Maarten Schellekens (CC)
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