Belastung von Rettungshunden während einer dreitägigen Trümmersuche auf einem Katastrophenübungsgelände

Belastung von Rettungshunden während einer dreitägigen Trümmersuche auf einem Katastrophenübungsgelände

Beschreibung

vor 17 Jahren
Ziel der Studie war es, die physische und psychische Belastung
sowie die Leistungsgrenze von Rettungshunden während eines
mehrtägigen Sucheinsatzes zu erfassen. Dazu wurden 20 Rettungshunde
(10 Hündinnen, 10 Rüden) aus verschiedenen deutschen und
österreichischen Rettungshundestaffeln über drei Tage auf einem
Katastrophenübungsgelände untersucht. Die Hund-Hundeführerteams
verbrachten den kompletten dreitägigen Versuchszeitraum auf dem
Gelände und mussten täglich vier Suchen à 20 min absolvieren. Alle
Suchen wurden durch Videoaufnahmen dokumentiert und anschließend
ausgewertet. Während des Versuchsablaufs wurde die Aktivität der
Hunde mittels ActiTrac-Bewegungsmonitoren, die Körpertemperatur
mittels VitalSense-Messkapseln und die Herzfrequenz mittels
Polar-Sportuhren kontinuierlich aufgezeichnet. Zusätzlich wurde
täglich zu 13 Probenzeitpunkten vor, zwischen und nach den Suchen
Speichel zur Kortisolbestimmung gewonnen und zweimal, morgens vor
Beginn der Suchen und unmittelbar nach der vierten Suche, eine
Blutprobe entnommen. Aus den venösen Blutproben wurden die
Parameter Glukose, Laktat, Kreatinkinase, Leukozyten und
Differentialblutbild sowie Hämatokrit und Hämoglobinkonzentration
bestimmt. Von den insgesamt 236 beobachteten Suchen waren lediglich
zwei Suchen (beide am dritten Tag) nicht erfolgreich, und die Hunde
konnten das Opfer nicht innerhalb der 20-minütigen Suche auffinden.
Die Hunde benötigten durchschnittlich 4,3 Minuten bis zur Anzeige
des Opfers. Dabei war die durchschnittliche Suchdauer am zweiten
Tag signifikant kürzer als am dritten Tag. Bereits am Ende des
ersten Tages waren bei 25% der Hunde deutliche
Ermüdungserscheinungen zu erkennen; dies steigerte sich auf 63% am
dritten Tag. Während der täglichen Suchen kam es zu signifikanten
Veränderungen in der Aktivität, Herzfrequenz, Körpertemperatur,
Speichelkortisolkonzentration und einigen Blutparametern. Die
durchschnittliche Aktivität der Hunde lag während der Suchen
zwischen 216,30 und 238,02 mG. Dabei waren die Hunde am zweiten Tag
signifikant aktiver als an den beiden anderen Tagen. Innerhalb der
vier Suchen eines Tages traten (mit einer Ausnahme am zweiten Tag)
keine signifikanten Unterschiede in der Aktivität auf. In den
Ruhephasen lag die Herzfrequenz (Referenzbereich: 70 bis 160 bpm)
zwischen 88,91 und 93,38 bpm. Während den Suchen stieg die
Herzfrequenz signifikant auf Werte zwischen 143,63 und 150,61 bpm
an und kehrte 20 bis 40 Minuten nach Belastungsende wieder auf die
Ausgangswerte zurück. Dabei lag die Herzfrequenzkurve des ersten
Tages signifikant über der Herzfrequenzkurve des dritten Tages. Die
Herzfrequenz während der vier Suchen eines Tages lag annähernd auf
gleichem Niveau. Nur die Herzfrequenz der vierten Suche lag am
zweiten und dritten Versuchstag signifikant niedriger. Die
Körpertemperatur (Referenzbereich: 37,5°C bis 39,0°C) lag an allen
3 Tagen vor Beginn der Belastungen zwischen 38,51 und 38,71°C und
stieg nach den Suchen signifikant auf durchschnittliche Werte
zwischen 39,22 und 39,44°C an. In den Ruhephasen fiel die
Körpertemperatur kontinuierlich ab und erreichte 20 bis 40 Minuten
nach Belastungsende die Ausgangstemperatur. Weder zwischen den vier
Suchen eines Tages noch zwischen den drei Versuchstagen zeigten
sich signifikante Unterschiede in der Belastungskörpertemperatur.
Die Speichelkortisolkonzentration lag während des gesamten
Versuchszeitraums zwischen 2,86 und 5,73 nmol/l. Alle vier Suchen
eines Tages verursachten signifikante Anstiege der
Speichelkortisolkonzentration, mit den Maxima am zweiten und
dritten Versuchstag nach der vierten Suche. Der Blutglukosespiegel
lag während des gesamten Versuchzeitraums mit Werten zwischen 2,89
und 3,60 mmol/l im untersten Referenzbereich (3,1 bis 6,7 mmol/l).
Am ersten und zweiten Tag erfolgte ein signifikanter Anstieg des
Glukosespiegels nach den Suchen und ein signifikanter Abfall
während der ersten Nacht. Die Kreatinkinase-Aktivität stieg an
allen drei Tagen signifikant an und lag bei Werten zwischen 2527
und 2967 nkat/l. Trotz des signifikanten Abfalls der CK-Aktivität
während der ersten und zweiten Nacht lag sie nur zu Beginn des
ersten Tages im Referenzbereich (bis 1500 nkat/l). Die
Gesamtleukozytenzahl stieg nach den Suchen an allen drei Tagen
signifikant an, blieb dabei aber immer im Referenzbereich (6000 -
15000 x106). Die Lymphozyten und Granulozyten blieben während der
drei Versuchstage im Referenzbereich. Während die Lymphozyten sich
nur am dritten Tag signifikant veränderten, stieg die
Granuloytenzahl an allen drei Tagen nach den Suchen signifikant an
und fiel während der Nächte wieder signifikant ab. Die Monozyten
stiegen am zweiten Tag nach den Suchen signifikant an, verließen
dabei den Referenzbereich (40 - 500 x106) und blieben am dritten
Tag auf diesem erhöhten Niveau. Der Laktatspiegel, der Hämatokrit
und die Hämoglobinkonzentration veränderten sich an den drei
Versuchstagen nicht signifikant. Mit Hilfe der untersuchten
Parameter ließ sich nachweisen, dass gut trainierte Rettungshunde
auch während einer dreitägigen Suche mit insgesamt 240 Minuten
Suchzeit sehr effektive Hilfsmittel beim Aufspüren von
verschütteten Personen sind und durch die in der Studie
eingehaltenen Suchintervalle weder physisch noch psychisch
überlastet wurden. Jedoch deutete sich in einigen Parametern an,
dass ab dem Ende des zweiten Versuchstages die Hunde sich einer
gewissen Grenze näherten und die Schwelle zum Distress erreicht
wurde.

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