FE027 Russland und Europa
Die Probleme mit Russland und wie sich erklären lassen
1 Stunde 51 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 6 Jahren
Wladimir Putin hat im März 2018 die russische Präsidentschaftswahl
mit einem Rekordergebnis zum vierten Mal gewonnen. Sogar in den
bislang präsidentenkritischen Großstädten konnte er deutlich
hinzugewinnen. Bis auf Weiteres scheint das System Putin
alternativlos. Die Hintergründe erläutert Johannes Voswinkel, der
schon 20 Jahre in Russland arbeitet und seit 2015 das Büro der
Heinrich Böll Stiftung in Moskau leitet. Trotz aller berechtigten
Kritik an der Skrupellosigkeit, mit der die Kremlführung durch die
Unterdrückung Andersdenkender und durch ihre Propaganda diese
Alternativlosigkeit herbeigeführt hat: Für viele russische Bürger
ist Putin populär. Aus ihrer Sicht hat er das Land von Chaos,
Kriminalität und sozialer Verelendung der Jelzin-Ära in den 90er
Jahren befreit. Putin, so die offizielle Legende, hat einer
Mehrheit zu einem akzeptablen Wohlstand verholfen, die
Anschlussfähigkeit Russlands an einen westlichen Lebensstil
erhalten und das Land in den Kreis der globalen Mächte
zurückgeführt. Diesen Fortschritt wollen die Menschen nicht in
Frage gestellt sehen. Zumal ihnen die Weltfinanzkrise und die
wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Europäischen Union
belegen, dass an die Stelle des vermeintlichen Endes der Ideologien
und der Geschichte heute ein Wettbewerb neu geformter ideologischer
und wirtschaftlicher Modelle getreten ist. In diesem Wettbewerb
präsentiert sich Russland als selbstbewusster, aber auch
skrupelloser Akteur. Allerdings hat die Fähigkeit der EU, nach der
Annexion der Krim Russland gegenüber geschlossen aufzutreten, in
Moskau, das auf die Kraft bilateraler Beziehungen setzt, überrascht
und Anerkennung gefunden. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten wiederum
sehen Russland als eine konkurrierende globale Ordnungsmacht an,
mit der man im Gespräch bleiben muss. Wie sich die Rückkehr
Russlands in die Weltpolitik weiter innenpolitisch auswirken wird,
bleibt unklar. Russland ist ein autoritäres, aber kein durchgängig
repressives System. Wo Entfaltungsräume geschlossen werden,
erfinden die Menschen mit großer Fantasie oft neue und widmen sich
einer lokalen Geschichtsforschung fern der offiziellen
Verlautbarungen oder gründen sozial orientierte Unternehmen. Die
Jugendproteste der vergangenen anderthalb Jahre zeigen, dass es
eine junge Generation gibt, die keine Angst mehr hat, die bereit
ist, in der Gesellschaft aktiv zu werden und gar persönlich,
beruflich, politisch etwas zu riskieren. Aber es ist eine
zahlenmäßig kleine Gruppe innerhalb der russischen Gesellschaft,
und eine politische Kraft, die diese Proteste und die inneren
Widersprüche des Landes zu politischen Alternativen zuspitzen
könnte, ist nicht in Sicht.
mit einem Rekordergebnis zum vierten Mal gewonnen. Sogar in den
bislang präsidentenkritischen Großstädten konnte er deutlich
hinzugewinnen. Bis auf Weiteres scheint das System Putin
alternativlos. Die Hintergründe erläutert Johannes Voswinkel, der
schon 20 Jahre in Russland arbeitet und seit 2015 das Büro der
Heinrich Böll Stiftung in Moskau leitet. Trotz aller berechtigten
Kritik an der Skrupellosigkeit, mit der die Kremlführung durch die
Unterdrückung Andersdenkender und durch ihre Propaganda diese
Alternativlosigkeit herbeigeführt hat: Für viele russische Bürger
ist Putin populär. Aus ihrer Sicht hat er das Land von Chaos,
Kriminalität und sozialer Verelendung der Jelzin-Ära in den 90er
Jahren befreit. Putin, so die offizielle Legende, hat einer
Mehrheit zu einem akzeptablen Wohlstand verholfen, die
Anschlussfähigkeit Russlands an einen westlichen Lebensstil
erhalten und das Land in den Kreis der globalen Mächte
zurückgeführt. Diesen Fortschritt wollen die Menschen nicht in
Frage gestellt sehen. Zumal ihnen die Weltfinanzkrise und die
wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Europäischen Union
belegen, dass an die Stelle des vermeintlichen Endes der Ideologien
und der Geschichte heute ein Wettbewerb neu geformter ideologischer
und wirtschaftlicher Modelle getreten ist. In diesem Wettbewerb
präsentiert sich Russland als selbstbewusster, aber auch
skrupelloser Akteur. Allerdings hat die Fähigkeit der EU, nach der
Annexion der Krim Russland gegenüber geschlossen aufzutreten, in
Moskau, das auf die Kraft bilateraler Beziehungen setzt, überrascht
und Anerkennung gefunden. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten wiederum
sehen Russland als eine konkurrierende globale Ordnungsmacht an,
mit der man im Gespräch bleiben muss. Wie sich die Rückkehr
Russlands in die Weltpolitik weiter innenpolitisch auswirken wird,
bleibt unklar. Russland ist ein autoritäres, aber kein durchgängig
repressives System. Wo Entfaltungsräume geschlossen werden,
erfinden die Menschen mit großer Fantasie oft neue und widmen sich
einer lokalen Geschichtsforschung fern der offiziellen
Verlautbarungen oder gründen sozial orientierte Unternehmen. Die
Jugendproteste der vergangenen anderthalb Jahre zeigen, dass es
eine junge Generation gibt, die keine Angst mehr hat, die bereit
ist, in der Gesellschaft aktiv zu werden und gar persönlich,
beruflich, politisch etwas zu riskieren. Aber es ist eine
zahlenmäßig kleine Gruppe innerhalb der russischen Gesellschaft,
und eine politische Kraft, die diese Proteste und die inneren
Widersprüche des Landes zu politischen Alternativen zuspitzen
könnte, ist nicht in Sicht.
Weitere Episoden
1 Stunde 26 Minuten
vor 4 Jahren
1 Stunde 46 Minuten
vor 5 Jahren
1 Stunde 51 Minuten
vor 5 Jahren
1 Stunde 49 Minuten
vor 5 Jahren
1 Stunde 43 Minuten
vor 5 Jahren
In Podcasts werben
Kommentare (0)