#15 Herzog Wilhelm in Jülich

#15 Herzog Wilhelm in Jülich

9 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Nach gut 400 Jahren kann ich mich in meiner Residenzstadt
Jülich immer noch zu Hause fühlen.


"Ich darf mich kurz vorstellen: Wilhelm V., Herzog von Jülich,
Kleve und Berg, Graf von der Mark und Ravensberg und Herr von
Ravenstein – um nur einige meiner wichtigsten Titel zu nennen.
Nach meinem Tod 1592 nannte man mich übrigens auch „der Reiche“.
Bereits im Jahr 1538 wollte ich die strategisch bedeutende, an
dem Fluss Rur liegende Stadt Jülich, zu einer starken Festung
ausbauen.


Denn die mittelalterliche Stadtmauer, von der noch der Hexenturm
am westlichen Ende der Innenstadt kündet, war spätestens seit dem
frühen 16. Jahrhundert nicht mehr zur Verteidigung gegen die nun
schwere Artillerie mit ihren großen Geschützen geeignet.


Ich hatte gerade mit dem in den Niederlanden tätigen Architekten
Alessandro Pasqualini aus Bologna Kontakt aufnehmen lassen, als
die Stadt Jülich Pfingsten 1547 zu einem großen Teil ein Raub der
Flammen wurde. Für den tüchtige Pasqualini aber tatsächlich eine
glückliche Fügung, denn so konnte er durch diese Zerstörung
Jülich nun völlig neugestalten.


Er entwarf neben der Zitadelle mit dem Residenzschloss auch
gleich eine fünfeckige Stadtbefestigung und eine innerstädtische
Bebauung auf einem weitgehend neuen Grundriss. Im Zentrum der
neuen Stadt plante er einen großen Platz – den heutigen
Marktplatz -, der den Soldaten der Festung zugleich als
Aufmarschplatz dienen sollte. Von hier aus konnte man auch in
allen Himmelsrichtungen auf die Festungswälle blicken, welche die
Stadt vollständig umgab.


Die Straßen legte der findige Architekt so breit an, dass Truppen
schnell und einfach von einem Ende der Festung zum anderen
gelangen konnten. Die zweigeschossigen Häuser mussten weitgehend
aus Stein errichtet werde, damit es nicht noch einmal zu so einem
verheerenden Brand kommen konnte. Zudem sollten die Dachtraufen
parallel zur Straße und die Häuser keinerlei Vor- und Rücksprünge
aufzeigen. Denn niemand sollte in den Straßen Deckung finden
können. Und von der neuen Zitadelle aus, konnte schließlich die
gesamte Stadt überwacht werden.


Nicht, dass ich meinen Untertanen nicht traute, aber die
Sicherheit ging vor. Zudem unterstrich die mächtige Zitadelle mit
ihren Wällen und Bastionen meine herausgehobene Stellung im
Staat.


Nachdem mein Sohn, Herzog Johann Wilhelm I., aber im Jahr 1609
gestorben war, ohne einen Nachkommen gezeugt zu haben, brach ein
heftiger Streit um die Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg aus. Zwei
Mal wurde die Festung Jülich belagert und eingenommen.


So kam es, dass sämtlicher höfischer Glanz aus Jülich verschwand
und hier von nun an für mehr als drei Jahrhunderte das Militär
das Sagen hatte. Die Festung wurde immer weiter ausgebaut, um
eine Antwort auf die sich stetig verbessernde Waffentechnik zu
finden. Zahlreiche Vorwerke entstanden und um 1800 bauten die
Franzosen auf der linken Rurseite sogar ein völlig neues
Festungswerk, den Brückenkopf, zur Sicherung des Rurübergangs.


Nach 1815 steckten die Preußen dann noch einmal viel Geld in die
Festung. In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Festung
Jülich jedoch die besten Zeiten hinter sich. Deshalb beschloss
man 1859, den Festungsstatus von Jülich aufzuheben. Die
Stadtbefestigung wurde weitgehend geschleift. Zitadelle und
Brückenkopf blieben aber bestehen, da man sie als Übungsgelände
für eine Unteroffizierschule nutzte. Die innerstädtische Bebauung
aber behielt die Grundstruktur des 16. Jahrhunderts.


In den 1930er Jahren wurde dann eine umfassende Sanierung der
Innenstadt geplant. Der Aachener Professor für Städtebau, René
von Schöfer, hatte erkannt, was meinem Architekten Pasqualini mit
der idealen Stadtanlage des 16. Jahrhunderts für ein
herausragender Entwurf gelungen war.


[...]


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