Bindung, soziale Kognition und die Balance von Autonomie und Verbundenheit in den Liebesbeziehungen junger Paare

Bindung, soziale Kognition und die Balance von Autonomie und Verbundenheit in den Liebesbeziehungen junger Paare

Beschreibung

vor 16 Jahren
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Frage, wie die
generalisierten inneren Arbeitsmodelle von Bindung, die zwei
Partner bereits beim Kennenlernen in eine Beziehung mitbringen, die
Gestaltung von Liebesbeziehungen beeinflusst. Unter Rückgriff auf
Bowlbys Konzept der zielkorrigierten Part-nerschaft, Fonagys
Mentalisierungstheorie sowie Selmans Annahmen über die Bedeutung
von sozialkognitiven Prozessen wurde angenommen, dass ein wichtiger
Vorteil einer sicheren Bin-dungsrepräsentation darin zu sehen ist,
dass die Erfüllung von psychologischen Grundbedürfnis-sen nach
Autonomie und Verbundenheit auch in neuen Beziehungen besser
gelingt, was eine we-sentliche Voraussetzung für das langfristige
Gelingen einer Partnerschaft darstellt. Überprüft wurden diese
Annahmen an einer Stichprobe von 60 Paaren im Jugend- und frühen
Er-wachsenenalter, für die Daten zu ihrer Bindungsrepräsentation
sowie zu Autonomie und Verbun-denheit in der Partnerschaft
vorliegen. Autonomie und Verbundenheit wurden dabei zum einen auf
Verhaltensebene, zum anderen auf Ebene der diesem Verhalten zu
Grunde liegenden sozialkogni-tiven Prozesse erfasst. Die Befunde
dieser Arbeit belegen, dass eine sichere generalisierte
Bindungsrepräsentation die Entwicklung von Liebesbeziehungen und
Partnerschaften begünstigt, die durch ein Klima von au-tonomer
Verbundenheit gekennzeichnet sind, was es beiden Partnern
ermöglicht, einerseits die eigenen alltäglichen Erfahrungen, Ängste
und Nöte mit dem Partner zu teilen, andererseits gleich-zeitig aber
auch die eigene Meinung sowie individuelle Wünsche und Bedürfnisse
offen zum Aus-druck zu bringen, ohne dass die Beziehung hierdurch
gefährdet wird. Dabei konnte gezeigt wer-den, dass das individuelle
Verhalten im Kontext einer spezifischen Partnerschaft zwar immer
eine Reaktion auf das Verhalten des Partners darstellt, dass die
sich zwischen zwei Partnern etablie-renden Interaktionsmuster
gleichzeitig aber auch wesentlich durch sozialkognitive Prozesse
der Bedeutungszuschreibung beeinflusst werden, durch die beide
Partner ihre früheren Erfahrungen in die Beziehung einbringen. Die
Klassifikation von Partnerschaften als Bindungs- oder
Datingbezie-hungen erbrachte darüber hinaus, dass einige Effekte
auf Bindungsbeziehungen beschränkt wa-ren, wobei insbesondere
negative, autonomieverhindernde Verhaltensmuster in
Bindungsbezie-hungen besser vorhergesagt werden konnten. Dies
entspricht bindungstheoretischen Annahmen, denen zufolge die
vorrangige Funktion von Bindungsbeziehungen in ihrer Bedeutung für
die Regu-lation von (negativen) Emotionen zu sehen ist. Insgesamt
lässt sich die Aushandlung von Autonomie und Verbundenheit in einer
Partnerschaft vor dem Hintergrund dieser Arbeit als ein
ko-konstruktiver Prozess verstehen, der nicht nur durch die
gegenseitige Beeinflussung zwischen den Partnern im alltäglichen
Austausch geprägt wird, son-dern in den beide Partner auch ihre
bewussten und unbewussten Erwartungen, Befürchtungen und Wünsche
einbringen. Das Verhalten des Partners wird vor diesem Hintergrund
wahrgenommen und interpretiert, wodurch die bereits zu Beginn der
Partnerschaft bestehenden inneren Arbeitsmo-delle von Bindung auf
die Partnerschaft übertragen werden.

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