Klinisch-Neuropsychologische Charakteristika von Mild Cognitive Impairment (MCI) und Depression
Beschreibung
vor 16 Jahren
Das Konzept des Mild Cognitive Impairment (MCI) dient zur
Beschreibung von kognitiven Beeinträchtigungen, die zwischen dem
als normal geltenden Leistungsprofil Älterer und der Schwelle einer
Demenz anzusiedeln sind. Vor dem Hintergrund einer prognostizierten
Überalterung der Bevölkerungsstruktur und einem damit verbundenen
Anstieg der Prävalenz von dementiellen Erkrankungen besteht in
Forschung und klinischer Praxis wachsendes Interesse an diesem
Übergangsbereich. Aufgrund des Fehlens einer einheitlichen
Definition sowie internationaler klinischer Diagnosekriterien
handelt es sich bei MCI um ein sehr vages Konzept. Zudem können
MCI-Patienten im klinischen Alltag nicht befriedigend von
Depressiven mit kognitiven Einbußen abgegrenzt werden. Gegenstand
der vorliegenden Untersuchung war es, die
klinisch-neuropsychologischen Charakteristika von MCI und
Depression herauszuarbeiten. Zur empirischen Begründung einer
möglichen Differentialdiagnose sollten darüber hinaus Unterschiede
in der kognitiven Leistungsfähigkeit zwischen MCI-Patienten und
kognitiv beeinträchtigten Depressiven erfasst werden. Die
Stichprobe umfasste 24 MCI-Patienten, 50 Patienten mit Depression
sowie 20 gesunde Kontrollprobanden im Alter zwischen 55 und 74
Jahren. Mithilfe standardisierter neuropsychologischer
Testverfahren wurden die kognitiven Bereiche Aufmerksamkeit,
Gedächtnis und exekutive Funktionen untersucht. Beide
Patientengruppen wiesen im Vergleich zur Kontrollgruppe in allen
kognitiven Domänen schlechtere Leistungen auf. MCI-Patienten und
Depressive unterschieden sich in keinem der Testverfahren
signifikant voneinander. Auch hinsichtlich der Anzahl der
beeinträchtigten Patienten in den verschiedenen Verfahren bestand
kein signifikanter Gruppenunterschied. Um Veränderungen der
kognitiven Leistungsfähigkeit über die Zeit hinweg zu verfolgen,
wurde bei einem Teil der Patienten eine Verlaufsuntersuchung mit
allen neuropsychologischen Testverfahren durchgeführt. Diese fand
bei depressiven Patienten kurz vor Entlassung aus der stationären
Behandlung, bei MCI-Patienten nach 6 Monaten statt. Trotz Besserung
der affektiven Symptomatik zeigten sich bei den Depressiven keine
signifikanten Leistungssteigerungen. Auch bei den MCI-Patienten
fanden sich keine Leistungsveränderungen. Wurden allerdings die bei
der Kontrollgruppe beobachteten „Übungseffekte“ in die
Verlaufsleistungen der MCI-Patienten einbezogen, so ergaben sich
Leistungsabfälle im verbalen Lernen sowie in der unmittelbaren und
verzögerten Textreproduktion. Zusätzlich wurden in der vorliegenden
Untersuchung Messinstrumente eingesetzt, um die Patientengruppen
hinsichtlich der Selbsteinschätzung kognitiver Leistungen und der
Fähigkeit zur Bewältigung von Aktivitäten des täglichen Lebens zu
betrachten. Dabei gaben depressive Patienten im Vergleich zu
Gesunden stärkere Beeinträchtigungen in der Alltagsbewältigung an.
Die beiden Patientengruppen unterschieden sich hinsichtlich dieses
Aspekts nicht voneinander. Bei der Selbsteinschätzung der Kognition
wurden die häufigsten und größten Probleme im Bereich Gedächtnis
berichtet. Das gezielte Fragen nach subjektiven Einbußen scheint
vor allem in den Bereichen Aufmerksamkeit und exekutive Funktionen
wichtig zu sein. Grundsätzlich ist unklar, welchen Gütemaßstab
Patienten bei der Beurteilung ihrer kognitiven Funktionen
einsetzen. Die Ähnlichkeit von MCI und Depression in der kognitiven
Leistungsfähigkeit könnte ein Hinweis darauf sein, dass beiden
Erkrankungen vergleichbare neuronale Veränderungen zugrunde liegen.
Eine besondere Rolle scheint in diesem Zusammenhang der
Fehlfunktion der HPA-Achse und einem daraus resultierenden
Hypercortisolismus zuzukommen. Aufgrund der Ähnlichkeit von MCI und
Depression auf neuropsychologischer Ebene wäre die Vergabe der
Diagnosen „Depression mit/ohne MCI“ denkbar. In weiterführenden
Untersuchungen muss geklärt werden, welche Auswirkung das Alter auf
kognitive Leistungen depressiver Patienten tatsächlich hat. Um
mögliche Gemeinsamkeiten von MCI und Depression aufzuzeigen, sollte
weiterhin besonderes Augenmerk auf die neurobiologischen
Auffälligkeiten der beiden Erkrankungen gelegt werden.
Festgestellte Minderleistungen können bei Depression ebenso wie bei
MCI ein Hinweis für eine beginnende pathologische Altersentwicklung
sein und dürfen in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden. Vor
dem Hintergrund sozioökonomischer und medizinischer Aspekte sowie
der Lebensqualität der Betroffenen, sollte die Identifikation von
Prädiktoren dementieller Entwicklungen ein zentrales Anliegen der
Forschung sein.
Beschreibung von kognitiven Beeinträchtigungen, die zwischen dem
als normal geltenden Leistungsprofil Älterer und der Schwelle einer
Demenz anzusiedeln sind. Vor dem Hintergrund einer prognostizierten
Überalterung der Bevölkerungsstruktur und einem damit verbundenen
Anstieg der Prävalenz von dementiellen Erkrankungen besteht in
Forschung und klinischer Praxis wachsendes Interesse an diesem
Übergangsbereich. Aufgrund des Fehlens einer einheitlichen
Definition sowie internationaler klinischer Diagnosekriterien
handelt es sich bei MCI um ein sehr vages Konzept. Zudem können
MCI-Patienten im klinischen Alltag nicht befriedigend von
Depressiven mit kognitiven Einbußen abgegrenzt werden. Gegenstand
der vorliegenden Untersuchung war es, die
klinisch-neuropsychologischen Charakteristika von MCI und
Depression herauszuarbeiten. Zur empirischen Begründung einer
möglichen Differentialdiagnose sollten darüber hinaus Unterschiede
in der kognitiven Leistungsfähigkeit zwischen MCI-Patienten und
kognitiv beeinträchtigten Depressiven erfasst werden. Die
Stichprobe umfasste 24 MCI-Patienten, 50 Patienten mit Depression
sowie 20 gesunde Kontrollprobanden im Alter zwischen 55 und 74
Jahren. Mithilfe standardisierter neuropsychologischer
Testverfahren wurden die kognitiven Bereiche Aufmerksamkeit,
Gedächtnis und exekutive Funktionen untersucht. Beide
Patientengruppen wiesen im Vergleich zur Kontrollgruppe in allen
kognitiven Domänen schlechtere Leistungen auf. MCI-Patienten und
Depressive unterschieden sich in keinem der Testverfahren
signifikant voneinander. Auch hinsichtlich der Anzahl der
beeinträchtigten Patienten in den verschiedenen Verfahren bestand
kein signifikanter Gruppenunterschied. Um Veränderungen der
kognitiven Leistungsfähigkeit über die Zeit hinweg zu verfolgen,
wurde bei einem Teil der Patienten eine Verlaufsuntersuchung mit
allen neuropsychologischen Testverfahren durchgeführt. Diese fand
bei depressiven Patienten kurz vor Entlassung aus der stationären
Behandlung, bei MCI-Patienten nach 6 Monaten statt. Trotz Besserung
der affektiven Symptomatik zeigten sich bei den Depressiven keine
signifikanten Leistungssteigerungen. Auch bei den MCI-Patienten
fanden sich keine Leistungsveränderungen. Wurden allerdings die bei
der Kontrollgruppe beobachteten „Übungseffekte“ in die
Verlaufsleistungen der MCI-Patienten einbezogen, so ergaben sich
Leistungsabfälle im verbalen Lernen sowie in der unmittelbaren und
verzögerten Textreproduktion. Zusätzlich wurden in der vorliegenden
Untersuchung Messinstrumente eingesetzt, um die Patientengruppen
hinsichtlich der Selbsteinschätzung kognitiver Leistungen und der
Fähigkeit zur Bewältigung von Aktivitäten des täglichen Lebens zu
betrachten. Dabei gaben depressive Patienten im Vergleich zu
Gesunden stärkere Beeinträchtigungen in der Alltagsbewältigung an.
Die beiden Patientengruppen unterschieden sich hinsichtlich dieses
Aspekts nicht voneinander. Bei der Selbsteinschätzung der Kognition
wurden die häufigsten und größten Probleme im Bereich Gedächtnis
berichtet. Das gezielte Fragen nach subjektiven Einbußen scheint
vor allem in den Bereichen Aufmerksamkeit und exekutive Funktionen
wichtig zu sein. Grundsätzlich ist unklar, welchen Gütemaßstab
Patienten bei der Beurteilung ihrer kognitiven Funktionen
einsetzen. Die Ähnlichkeit von MCI und Depression in der kognitiven
Leistungsfähigkeit könnte ein Hinweis darauf sein, dass beiden
Erkrankungen vergleichbare neuronale Veränderungen zugrunde liegen.
Eine besondere Rolle scheint in diesem Zusammenhang der
Fehlfunktion der HPA-Achse und einem daraus resultierenden
Hypercortisolismus zuzukommen. Aufgrund der Ähnlichkeit von MCI und
Depression auf neuropsychologischer Ebene wäre die Vergabe der
Diagnosen „Depression mit/ohne MCI“ denkbar. In weiterführenden
Untersuchungen muss geklärt werden, welche Auswirkung das Alter auf
kognitive Leistungen depressiver Patienten tatsächlich hat. Um
mögliche Gemeinsamkeiten von MCI und Depression aufzuzeigen, sollte
weiterhin besonderes Augenmerk auf die neurobiologischen
Auffälligkeiten der beiden Erkrankungen gelegt werden.
Festgestellte Minderleistungen können bei Depression ebenso wie bei
MCI ein Hinweis für eine beginnende pathologische Altersentwicklung
sein und dürfen in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden. Vor
dem Hintergrund sozioökonomischer und medizinischer Aspekte sowie
der Lebensqualität der Betroffenen, sollte die Identifikation von
Prädiktoren dementieller Entwicklungen ein zentrales Anliegen der
Forschung sein.
Weitere Episoden
In Podcasts werben
Kommentare (0)