Beschreibung

vor 14 Jahren
Scham- und Schuldverarbeitung haben in verschiedenen
Forschungsrichtungen eine hohe Relevanz, z.B. in den theologischen,
soziologischen, aber auch in der psychologischen Forschung, sowie
in der präventiven Diagnostik und Therapie einzelner Individuen.
Sie leisten als „soziale Emotionen“ einen sehr wichtigen Beitrag
zum emotionalen Erleben eines Individuums und zum Zusammenhalt
vieler Individuen in einer Gesellschaft. Zwangserkrankungen mit
Zwangsgedanken weisen im Vordergrund der Symptomatik oft-mals eine
übermäßige Beschäftigung mit gesellschaftsorientierten und
normorientierten Inhalten und Themen auf, die bei den Betroffenen
ein Scham- und Schuldgefühl erzeugen. Die Frage, inwiefern Scham
und Schuld von Zwangspatienten im Vergleich zu Gesunden
unterschiedlich erlebt und verarbeitet werden stand im Vordergrund
der Studie. Es wurden zwangserkrankte Patienten und gesunde
Probanden (jeweils n=20; 50% weib-lich, Alter: 20-40 Jahre) mit
neuropsychologischen und bildgebenden Verfahren im Hin-blick auf
die Verarbeitung von Scham und Schuld untersucht. Neben Verfahren
zur Stich-probenbeschreibung bestanden die erhobenen
Verhaltensdaten aus Paper-Pencil-Fragebögen zu den Emotionen Scham
und Schuld, sowie zu den Emotionen Angst und Aggression, der
Selbstaufmerksamkeit und der eigenen Kontrollüberzeugung. Die
Ergebnisse zeigen einen deutlichen Unterschied hinsichtlich der
Verarbeitung von scham- und schuldbezogenen Inhalten bei
Zwangspatienten im Vergleich zu Gesunden. Dies zeichnete sich in
den Fragebögen ab, wobei Patienten ein intensiveres Erleben von
Angst und Ärger beschrieben, eine signifikant höhere
Selbstaufmerksamkeit im privaten und öffentlichen Bereich zeigten
und signifikant seltener der Meinung waren, ihr Leben selbst
kontrollieren und bestimmen zu können. Bezüglich der neuronalen
Verarbeitung von Scham und Schuld zeigte sich bei beiden Emotionen
vor allem eine generelle gesteigerte bilaterale frontale neuronale
Aktivität bei den Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe. Diese
Ergebnisse leisten einen Beitrag zur pathologischen Scham- und
Schuldverarbeitung, die bislang noch nicht interdisziplinär
neurofunktionell untersucht wurde, sowie einen Bei-trag zur
Erklärung der Entstehung und Aufrechterhaltung von
Zwangserkrankungen.

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