le verre Gigogne
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vor 1 Jahr
Francophonies auf Radio Z vom 20.09.2023
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le verre Gigogne
Vor genau einem Jahrzehnt, im September 2013, startete ich als
junger Hochschulabsolvent ins Berufsleben. Mit einem
Einjahresvertrag ausgestattet, genauer gesagt einem Stipendium
der Robert-Bosch-Stiftung, ging es für mich nach Frankreich. Mein
Ziel: In Schulen die deutsche Sprache und Kultur bewerben. Ich
war Teil des Programms "DeutschMobil", das darauf abzielte,
möglichst viele junge Französinnen und Franzosen von Deutsch als
Fremdsprache zu überzeugen.
Auf meiner Reise mit dem "DeutschMobil" besuchte ich über hundert
Schulen, von der Schweizer Grenze bis zu den Schlössern der
Loire, quer durch die Regionen Franche-Comté, Burgund und Centre.
Die Schulen waren vielfältig, mal groß, mal klein, städtisch oder
ländlich, aber fast alle hatten etwas gemeinsam: In den
Schulkantinen wurden mir nach getaner Arbeit fast immer dieselben
kleinen Gläser angeboten. Diese Gläser, wie ich heute weiß,
heißen "verre Gigogne" und sind ein Modell der französischen
Firma Duralex.
Duralex brachte dieses Glas 1946 auf den Markt. Es galt als
äußerst stabil, manche behaupteten sogar, es sei unzerstörbar.
Dank seiner stapelbaren Form war es das ideale Glas für die
Schulkantine und wurde von Bildungseinrichtungen tausendfach
bestellt. Die "verre Gigogne" begleiteten Generationen von
Schülerinnen und Schülern und wecken heute bei vielen Erwachsenen
nostalgische Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit.
Ein besonderer Spaß war das kleine Spiel mit den Zahlen in den
Gläsern. Jedes "verre Gigogne" trägt eine Zahl zwischen 1 und 48
im Boden. Die Kinder ermittelten damit spielerisch ihr Alter, und
so konnte man von einem Tag auf den anderen um ein Jahrzehnt
altern, nur um am nächsten Tag wieder 20 Jahre jünger zu sein.
Diese Zahlen sind übrigens nicht für die Kinder gedacht, sondern
markieren die Form, aus der das Glas stammt. Die Nummern 49 und
50 kriegen Kinder übrigens nie zu Gesicht, da sie der
Qualitätskontrolle dienen und nicht verkauft werden.
Die Duralex-Gläser sind mittlerweile zu wahren Ikonen geworden.
Sogar Fußballstars von Real Madrid sollen sich 1956 auf dem Weg
zum Europapokal-Finale in Paris mit Duralex-Gläsern ausgestattet
haben. Ob Legende oder nicht, es zeigt, wie populär die Marke und
ihre Gläser sind, sogar über Frankreich hinaus.
Auch in der Filmwelt sind Duralex-Gläser präsent. In „Skyfall“
trinkt James Bond aus einem Duralex Picardie-Glas. Wahrscheinlich
ist das die einzige Gemeinsamkeit zwischen Daniel Craig und mir.
Denn tatsächlich habe ich im Küchenschrank auch einige Exemplare
des Picardie-Modells stehen. Aber 007 ist nicht der einzige
Abenteurer, der ein Duralex-Glas an die Lippen führte. Indiana
Jones trinkt in dem Film „Jäger des verlorenen Schatzes“ seinen
Whisky ebenfalls aus einem Duralex-Glas. Auch Cate Blanchett in
„Blue Jasmine“ und Daniel Day-Lewis in „Gangs of New York“ haben
Gläser der berühmten Marke genutzt.
Trotz des Legenden-Status hat es die Marke Duralex wirtschaftlich
nicht immer leicht gehabt. In der Energiekrise musste der
französische Staat dem Unternehmen mit einem
15-Millionen-Euro-Kredit helfen. Doch Duralex hat es bisher immer
geschafft, sich zu behaupten.
Ähnlich wie das DeutschMobil. Ich gehörte zwar zum letzten
Jahrgang der das Programm unter diesem Namen absolvieren durfte,
aber DeutschMobil hat sich als Mobiklasse neu erfunden und
besteht unter dieser Bezeichnung noch bis heute. Und so sind
Anfang September wieder 12 junge Deutsche nach Frankreich
entsendet worden, um dort für die Sprache des Nachbarn zu werben.
Wahrscheinlich werden sie in den Kantinen, genau wie ich damals,
die Gigogne-Gläser kennenlernen. Denn Qualität setzt sich halt
durch.
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