Der Spreewaldkrimi - Produzent Wolfgang Esser

Der Spreewaldkrimi - Produzent Wolfgang Esser

Wie kam der Krimi in den Spreewald und welche Aufgaben hat eigentlich ein Produzent?
45 Minuten
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Zwischen Berlin und Dresden liegt der Spreewald. Oder auch der Flughafen BER, Königs Wusterhausen, Tropical Islands, Lübben, Burg, Lübbenau, Luckau und die Lausitz - mit hunderten von Ausflugszielen für Touristen und Berlin / Brandenburgern.

Beschreibung

vor 5 Jahren



Wolfgang Esser - Produzent des Spreewaldkrimis




Durch Zufall bekam ich die Chance als Komparse im XI. Teil
des Spreewaldkrimis mitzuspielen. Im Rahmen der
Dreharbeiten der letzten 10 Jahre bekamen unglaublich viele
Spreewälder diese Möglichkeit und spielten gerne mit, was
natürlich zeigt, dass der Spreewaldkrimi in der Region gut
angekommen ist.



 


Ich nutzte die Gelegenheit, um mit dem Produzenten
Wolfgang Esser über seine Arbeit, den Spreewaldkrimi und
den Spreewald zu reden. Bei der Vorbereitung auf das
Interview wurde mit klar, dass man die Begriffe
Produzent, Redakteur und Regisseur natürlich kennt, aber
wer macht da eigentlich was und wie kann man es
abgrenzen? Wie kam es überhaupt zum Spreewaldkrimi? Für
diese und viele andere Fragen hat Wolfgang Esser sich
viel Zeit in einem entspannten, aber spannendem,
Interview genommen.


 


Hier der Inhalt zusammengefasst:


 


Das Zusammenspiel von Drehbuchautor, Produzent und
Redakteur ist eigentlich ganz klassisch für einen
deutschen Fernsehfilm.


 


Die Redaktionen der Sender sind nicht die Ideengeber für
den einzelnen Film, aber am Ende die Auftraggeber. Der
Produzent stellt dort seine Idee vor und ist quasi der
Auftragnehmer. Die Aufgabe des Produzenten ist es
vorzudenken, wie sich das Sehverhalten der Zuschauer und
die Programme entwickeln werden. Insofern ist man auch
ein bisschen Visionär als Produzent. Wenn man eine
spannende Idee hat, dann muss man sich Partner suchen und
diese mitnehmen und davon überzeugen.


 


Man stellt sich Fragen wie: Zu welchem Sender gehe ich?
Um welchen Sendeplatz bewerbe ich mich mit meiner Idee?
Für den Spreewaldkrimi ging Esser zum ZDF, weil der
Sendeplatz des Montagskinos ihn natürlich gereizt hat. Er
musste beim zuständigen Redakteur die Flamme für das neue
Projekt entfachen und danach ging dieser dann in viele
verschiedene Gremien und zu verschiedenen Entscheidern
und kämpfte um das Projekt – und am Ende gab es Grünes
Licht vom Sender. Dafür spielen natürliche viele
Erwägungen eine Rolle, allen voran Erfolg, aber auch
persönliche Vorlieben der Entscheider.


 


Das ist auch beim Produzenten nicht anders. Auch er muss
einschätzen, ob der Stoff überhaupt verkaufbar ist und ob
er selbst das Projekt umsetzen will. Man muss einen
langen Atem haben und konkurriert mit vielen anderen
Ideen, die an die Sender herangetragen werden.


 


Ein Problem ist, dass der Erfolg selbstverständlich nicht
berechenbar ist, wenn man etwas Neues probiert. Da gibt
es immer ein Risiko. Der Spreewaldkrimi ist dafür ein
gutes Beispiel. Er ist in einer Zeit entstanden, in der
es zwar reichlich Krimi-Formate gab, die aber
ausschließlich in Städten spielten und klassische
Ermittlerkrimis waren. Zu der Zeit gab es im Buchbereich
die Welle der skandinavischen Kriminalromane. Diese
spielten häufig in ländlichen Gegenden und waren beim
Leser erfolgreich. Im Spreewaldkrimi ist die Landschaft
auch nicht nur Kulisse, sondern prägt die Figuren. Die
Landschaft selbst ist quasi Darsteller. Man schickt die
Figuren in den Spreewald und schaut, was der Spreewald
mit ihnen macht. Hier steht klassisch auch nicht der
Kommissar im Vordergrund.


 


Neu war es damals, mit Zeit- und Wahrnehmungsebenen zu
spielen. Das gab es als filmisches Mittel so noch nicht
im deutschen Fernsehen. Die Themen des Spreewaldkrimis
werden außerdem aus der Regionen geschaffen. Als Element
dient auch die Spreewälder Sagen- und Märchenwelt. Es
gibt hier viele Schätze dieser Art, die bisher noch nicht
gehoben wurden.


 


Die reine Verfilmung der skandinavischen Krimis
scheiterte damals als Idee aus vielerlei Gründen. Am Ende
wäre es zu kostenintensiv gewesen. Es ist immer besser
das Geld vor die Kamera zu holen, als für Nebenkosten wie
Hotels, Transport usw. auszugeben. Zu der Zeit etwa fiel
Wolfgang Esser ein Drehbuch von Thomas Kirchner in die
Hand. Das konkrete Buch war schwierig umzusetzen, aber
ihm gefiel der Schreibstil. Kirchner lebte damals in
Berlin und Esser in München. Man traf sich, um den Stoff
gemeinsam zu entwickeln und ging damit zum entsprechenden
Redakteur des ZDF um ihn zu begeistern. Der Redakteur
hatte die Idee, die kleinen Ost-West-Geschichten mit
einfließen zu lassen. Viele Geschichten aus dem Alltag
waren damals noch nicht erzählt. Der Autor wiederum
wollte eine politische Komponente einbringen und Wolfgang
Esser reizten die Elemente eines modernen Märchenfilms.
Das alles musste in ein Formt verpackt werden, dass man
auch verkaufen kann - und da bot sich ein Krimi an.


 


So entstand unter dem Arbeitstitel „Stille Wasser“ der
erste Spreewaldkrimi, der später als Film „Das Geheimnis
im Moor“ ausgestrahlt wurde. Die Frage kam auf, wo man
den Film geografisch ansiedelt. Der Vorschlag für den
Spreewald kam vom Autor. Kirchner kannte als Berliner die
Region auch schon vor der Wende. Der Redakteur kannte den
Spreewald privat schon als Urlaubsziel, Wolfgang Esser
war die Gegend jedoch unbekannt. Zunächst gab es auch
Bedenken wegen der fehlenden filmischen Infrastruktur,
problematischer Logistik, schwierigen rechtlichen
Rahmenbedingungen im Biosphärenreservat und so weiter und
so fort, aber Wolfgang Esser wollte sich vor Ort erst
einmal umschauen und war schnell begeistert. Gemeinsam
mit dem Autor entwickelte er das Projekt Spreewaldkrimi
weiter und es sollte noch gut ein Jahr dauern, bis vom
ZDF das „GO!“ für die Produktion kam. Es gab zahlreiche
Bedenken, da das Drehbuch als schwierig eingestuft wurde
und man Sorge hatte, dass all das Neue beim Zuschauer
nicht ankommt. Doch es sollte anders kommen. Der Film
überzeugte auf Festivals durch seine Bildgewalt, die
langen Kamerafahrten und die neue Erzählweise. Auf dem
Münchner Filmfestival gab es sogar Standing Ovations! Und
auch das Publikum stimmte mit der Fernbedienung ab: 7
Millionen Zuschauer machten am Ende Produzent und ZDF
glücklich! Der Erfolg sollte auch bei den folgenden
Teilen anhalten. Bis zum Spreewaldkrimi V musste Esser
mit der Quote überzeugen und jedes Mal auf das OK für
einen weiteren Teil hoffen. Einen Automatismus gab es
nicht.


 


Durch immer neue Teile wurde der Drehbuchautor vor das
Problem gestellt, den Figuren eine Geschichte und eine
Zukunft zu geben. Durch das Instrument der Zeitebenen ist
dies aber gut möglich gewesen und gelungen. Überhaupt ist
es eher ungewöhnlich, dass ein und derselbe Drehbuchautor
vom ersten Film an dabei ist. Neue Inspirationen und
Entwicklungen holt Wolfgang Esser lieber durch
verschiedene Regisseure und Kameramänner in die
Produktion. Man kann also sicher sein, dass jeder
Spreewaldkrimi auch künftig anders sein wird als der
vorherige.


 


Aus Sicht des Tourismus ist der Spreewaldkrimi ein
Glücksfall für die Region. Nach jeder Ausstrahlung steigt
die Nachfrage - auch aus dem deutschsprachigen Ausland.
Nicht zuletzt dadurch wird der Spreewaldkrimi überwiegend
positiv von den Spreewäldern aufgenommen. Natürlich gibt
es auch kritische Stimmen, die sich mit dem düsteren
Bild, das mitunter vermittelt wird, nicht so sehr
anfreunden können. Aber immerhin ist es ja auch ein Krimi
und Spielfilm und keine Reisedokumentation.


 


Während zurzeit der Spreewaldkrimi XI. gedreht wird,
läuft für Wolfgang Esser parallel die Pressearbeit für
den X. Teil. Und das Drehbuch für Teil XII. ist auch
schon in Arbeit. Esser und der Spreewaldkrimi, das ist
eins. Zehn Monate braucht er für die Produktion – bei
vergleichbaren 90 Minuten-Filmen sind es in der Regel nur
sechs. Das zeigt die Detailverliebtheit und Akribie des
Teams, nicht nur beim Drehbuch, sondern auch bei der
Auswahl des Regisseurs und Kameramanns etc.


 


Übrigens, so viel darf verraten werden: im Film liegen
Teil X. und XI. nur zwei Wochen auseinander. Mit Nadja
Uhl kommt „Tanja Bartko“ aus dem II. Teil des
Spreewaldkrimis wieder zurück – mit ihrem inzwischen
10jährigen Sohn. Warum und wieso? Darauf muss der
Zuschauer leider gut ein Jahr warten!


 


Christian Redl alias Kommissar Krüger fühlt sich
jedenfalls noch fit für viele weitere Teile des
Spreewaldkrimis. Überhaupt ist der Spreewald für ihn zur
zweiten Heimat geworden. Hier fühlt er sich einfach wohl.
Und das Team um Wolfgang Esser steckt noch voller Ideen
und Begeisterung die hoffen lassen, dass wir uns 2027 auf
den Spreewaldkrimi XX. freuen können!


 


Wolfgang Esser 


Spreewaldkrimi im Reisegebiet Spreewald


Rundgang zu den Drehorten mit der Spreewald Christl


Spreewaldkrimi bei Wikipedia


Thomas Kirchner bei Wikipedia


Christian Redl bei Wikipedia


Nadja Uhl bei Wikipedia


Thorsten Merten bei Wikipedia




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