Die Abwertung „Covidiot“ ist keine Beleidigung, ... | Von Christiane Borowy

Die Abwertung „Covidiot“ ist keine Beleidigung, ... | Von Christiane Borowy

9 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren
...sondern nur eine sprachliche (SPD-) Spitze. Solange man damit
die Richtigen beleidigt. Am 2. September wurde bekannt und
massenmedial gefeiert: Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken
bewegt sich laut Berliner Staatsanwaltschaft im Rahmen der
Meinungsfreiheit, wenn sie Menschen, welche die Maßnahmen zu Corona
kritisieren und dagegen demonstrieren pauschal als „Covidioten“
bezeichnet. Diese Abwertung politischer Gegner ist also kein „hate
speech“. Kann das vielleicht daran liegen, dass Saskia Esken selbst
zu den so genannten hate speech-Experten gehört? Ein Kommentar von
Christiane Borowy. Saskia Esken hatte am 1.8.2020 in Berlin
folgenden Tweet abgesetzt: „Tausende #Covidioten feiern sich in
#Berlin als „die zweite Welle“, ohne Abstand, ohne Maske. Sie
gefährden damit nicht nur unsere Gesundheit, sie gefährden unsere
Erfolge gegen die Pandemie und für die Belebung von Wirtschaft,
Bildung und Gesellschaft. Unverantwortlich!“ (1) Gewalt zieht
Gewalt nach sich, auch sprachlich. Es ist beabsichtigt, dass viele
Menschen dem Beispiel folgen und der Begriff „Covidiot“ sich
schnell und weit verbreitet, schließlich ist er so schön griffig.
Wer keine Maske tragen möchte, weil ihm zum Beispiel bis vor kurzem
noch erzählt worden ist, dass das gegen Viren nicht wirkt, ist eben
einfach ein Idiot. Ein unverantwortlicher noch dazu. So einfach
geht das. Klappe zu, Kritik tot. Damit ist „Covidiot“ eine so
genannte „Killerphrase“, mit der man in der
Kommunikationswissenschaft ein Totschlagargument bezeichnet - und
genau das ist der gewünschte rhetorische Effekt: Die Argumente des
Gegenübers werden unmöglich gemacht und als indiskutabel
dargestellt. Auch wenn der Ausspruch von Esken juristisch
abgesichert wurde, weil er angeblich zur Meinungsfreiheit gehört,
stellt er diejenigen, die es trifft an die Wand. Die Kommunikation
ist damit gelaufen, der Konflikt eskaliert, das Gegenüber wird
mundtot gemacht. Der Journalist Milosz Matuschek hat das ebenfalls
beobachtet und in einem vor wenigen Tagen sowohl in der Neuen
Züricher Zeitung als auch auf Kenfm erschienenen Artikel
„Kollabierte Kommunikation …“ genannt. Das trifft es auf den Punkt.
Doch was bedeutet das nun? Geben wir es zu: Wir mögen es, wenn es
in der Politik sprachlich hoch her geht. Dann ist wenigstens was
los, denn Politik ist sonst eher langweilig. Sprache ist jedoch ein
machtvolles Instrument und ein Instrument der Macht. Als
Politikerin gehört es daher wohl zu Saskia Eskens Aufgaben, Sprache
machtvoll zu gebrauchen. Da gibt es Politikberater und Agenturen,
die viel Geld dafür bekommen, Politikern den machtvollen Umgang mit
Sprache zu lehren. Die kollabierte Kommunikation war also
vermutlich voll beabsichtigt. Wer also glaubt, dass Frau Esken wie
du und ich einfach mal am Abend im Eifer des Gefechtes ein etwas
spitzzüngiges aber im Grunde harmloses tweet abgesetzt hat, könnte
sich sehr irren, denn: Wer die Macht hat, hat die Sprache. Ein
Retweet von Saskia Esken vom 1.September verbreitet ein Video von
Dr. Matthias Quent, in dem behauptet wird, Rechtsextreme würden die
Corona-Krise und eine „spontane, populistische Unzufriedenheit mit
der Regierung“ ausnutzen, und „nach der Macht greifen“. Quent ist
Direktor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft der
Amadeu Antonio Stiftung in Jena…weiterlesen hier:
https://kenfm.de/die-abwertung-covidiot-ist-keine-beleidigung-von-christiane-borowy
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