Jurassica Parka über Drag-Kultur zwischen Mainstream-Hype und Gesellschaftskritik

Jurassica Parka über Drag-Kultur zwischen Mainstream-Hype und Gesellschaftskritik

1 Stunde 2 Minuten
Podcast
Podcaster
Queer.de präsentiert den queeren Podcast mit Nollendorfblogger Johannes Kram

Beschreibung

vor 2 Jahren
Berlins erfolgreichste Dragqueen Jurassica Parka spricht über
Travestie als Mode im Mainstream, Fragen unter der Gürtellinie und
die Pandemie als Karriere-Booster. Sie fragt ihre
Gesprächspartner*innen Dinge, die sonst niemand zu fragen wagt –
aus dem Nichts heraus, absolut respekt- und schonungslos, oft weit
unter der Gürtellinie. Und dennoch kann sich Jurassica Parka,
Berlins erfolgreichste Dragqueen, nicht über prominente Gäste ihrer
legendären Late-Night-Show „Paillette geht immer“ im BKA-Theater
beklagen. Auch als Youtuberin, Podcasterin, DJ, Partyveranstalterin
und Performerin hat sie sich weit über die Hauptstadt hinaus einen
Namen gemacht. Nun sind die Rollen einmal umgedreht: In der neuen
QUEERKRAM-Folge beantwortet Parka die Fragen von Johannes Kram, der
in der 30. Ausgabe seines Podcasts zum allerersten Mal eine
Dragqueen im Studio begrüßt. Gekommen ist die 42-Jährige, die mit
bürgerlichen Namen Mario Olszinski heißt, allerdings in zivil. „Ich
laufe nicht jeden Tag im Fummel rum“, erzählt Jurassica. Die Heels
seien auf Dauer unbequem, die Haare der Perücke hingen stören im
Gesicht herum, auch sitze sie dann ganz anders. Im Podcast höre man
schließlich nur ihre Stimme, und die sei genau dieselbe. „Wir sind
ein und dieselbe Person“, erfahren wir außerdem über Jurassica und
Mario. Auf die Bühne steige sie aber nur in Drag. „Wenn ich den
Fummel anhabe, kann ich viel frecher sein. Da wird dir auch viel
mehr verziehen.“ Und sie hat eine weitere Erklärung dafür, warum
sie noch immer Opfer für ihre Grenzüberschreitungen findet: „Ich
erzähle auch wahnsinnig peinliche Geschichten von mir, so als
Wiedergutmachung.“ Das macht sie dann auch bei Johannes Kram: „Ich
schäme mich manchmal in Grund und Boden, wenn ich später
Aufzeichnungen meiner Auftritte sehe“, erzählt die Dragqueen. Als
Beispiel nennt sie ihr Format „Nuttengucken“, in dem sie einst
Folgen von „Germany’s Next Top Model“ kommentierte – teils
sexistisch und rassistisch. Diese Videos seien längst gelöscht.
Jurassica Parka spricht offen über ihre Fehler, aus denen sie
gelernt habe. Sie sei insgesamt sensibler und politischer geworden,
mache vermehrt Ausgrenzungen und Diskriminierungen zum Thema. Als
Dragqueen habe sie eine Vorbildfunktion. Im Podcast geht es
außerdem um Hasskommentare („Youtube ist das Sammelbecken der
Bekloppten“), um Geld und Ruhm, um die „Golden Girls“ als
„Tunten-WG“ und ihre Vollplayback-Musical-Show „The Golden Gmilfs“,
ihren Einsatz als Botschafterin für das queere Berlin im Rahmen der
Tourismuskampagne „Place2Be“ und was sie mit Anfang zwanzig als
Grafiker in der Werbeagentur Scholz & Friends gelernt habe.
Natürlich spielt auch Corona eine Rolle. Die Pandemie habe ihr
einen unerwarteten Booster gegeben, erzählt Jurassica Parka. Denn
nun kann man sich ihre Shows als Stream in aller Welt anschauen. Im
Gespräch mit Johannes Kram erzählt sie allerdings auch, wieviel
Arbeit hinter diesem Erfolg steckt. Dass die Drag-Kultur immer mehr
im Mainstream landet, ist für Parka ein zweischneidiges Schwert.
„Transen, Tunten, Drags sind gerade megacool und angesagt, und
tatsächlich nervt mich das bisschen“, erzählt sie im Podcast. Denn
dabei bleibe die subversive Gesellschaftskritik auf der Strecke.
Andererseits sei die ProSieben-Show „Queen of Drags“ zwar
„grottenschlecht“ gewesen, aber auch ein „tolles Sprungbrett“ für
die queeren Kandidat*innen sowie ein „positives Lehrstück für die
armen Heteros“. Mit Kram teilt sie allerdings die Sorge, dass der
Drag-Boom zu Lasten von trans Menschen gehe. „Ich bin gerne ein cis
Mann, das verwirrt nach wie vor die Menschen“, so Parka. Micha
Schulze, queer.de, 30. Januar 2022

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