Wie erforscht man die Atmosphäre(n) der antiken Stadt Pompeji? Decorative Prinzipien als Bausteine einer Rekonstruktion

Wie erforscht man die Atmosphäre(n) der antiken Stadt Pompeji? Decorative Prinzipien als Bausteine einer Rekonstruktion

Wissenschaft als Kompass - Schlaglicht, Folge 8 mit Prof. Dr. Annette Haug
23 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr
Pompeji ist eine der am besten erhaltenen Ruinenstädte der Antike.
Hier lässt sich unter anderem gut erforschen, wie Menschen im
spätrepublikanischen Italien und zur Frühzeit von Kaiser Augustus
gewohnt haben. Wie haben sie ihre Wohnräume gestaltet? Wie prägten
Stadthäuser, Straßen und Heiligtümer die Atmosphäre in Pompeji?
Sechs Jahre lang ist Akademiemitglied Prof. Dr. Annette Haug mit
ihrem Team diesen Fragen nachgegangen – im Rahmen des
Forschungsprojekts ERC Grant DECOR „Decorative Prinzipien der
späten Republik und frühen Kaiserzeit in Italien“. In Folge 7 des
Akademie-Podcasts „Wissenschaft als Kompass“ berichtet Annette Haug
von den Ergebnissen. „Im Blick des Projekts war das zweite
Jahrhundert vor Christus bis zum ersten Jahrhundert nach Christus.
Und in diesen 200 Jahren hat sich die Decor-Welt, die man im Haus
für Neu-Dekorationen gewählt hat, sehr stark geändert. So ungefähr
einmal pro Generation.“ So Prof. Dr. Annette Haug im
Podcast-Gespräch. Eine große Rolle spielt in dieser Zeit auch der
Amtsantritt von Kaiser Augustus im Jahr 27 vor Christus – seine
Herrschaft löst einen noch nie da gewesenen Bilderboom aus. Die
Konzepte des Wohnens und der Ausstattung von pompejanischen
Stadthäusern: So sehr sie sich auch wandeln – leitend bleibt die
Idee von Decor durch die Jahrhunderte. Ein Begriff, der in vielen
Zusammenhängen auftaucht. „Der lateinische Terminus ‚Decor‘ oder
eben ‚Decorum‘ meint die Angemessenheit von Gestaltung. Das kann
die angemessene Kleidung für eine Veranstaltung sein. Das kann der
angemessene Redestil für eine bestimmte Situation sein. Es kann
eben auch die angemessene Gestaltung des Lebensambientes sein.“ Im
Podcast berichtet Haug besonders ausführlich über eines der
Teilprojekte, in dessen Mittelpunkt das Thema „Wohnen im
spätrepublikanischen Italien“ steht. Näher erläutert sie Rolle und
Funktion von Decor-Räumen in pompejanischen Stadthäusern.
Insbesondere Fragen nach der ästhetischen und semantischen Relevanz
von Architektur und Bildern sowie den Wechselbeziehungen
untereinander konnte das Projekt beantworten. Zentral ist dabei
auch die Frage, wie der antike Betrachter, die antike Betrachterin
die Räume wahrgenommen und genutzt haben. Annette Haug stellt im
Gespräch fest, dass man "das antike Haus als sozialen Showroom
betrachten" kann. Die Kieler Archäologin hat mit ihrem Team in das
DECOR-Projekt auch Straßen und Heiligtümer einbezogen. Haugs
Abschlussmonographie betrachtet Pompeji mit Blick auf das Design
urbaner Atmosphären, angelehnt an den Begriff der Atmosphäre, wie
er in der Philosophie sei den 1980er- und 1990er-Jahren eine Rolle
spielt. Annette Haug ist an der Christian-Albrechts-Universität zu
Kiel Lehrstuhlinhaberin für Klassische Archäologie am Institut für
Klassische Altertumskunde und seit 2017 Mitglied der Akademie der
Wissenschaften in Hamburg. Wissenschaft als Kompass. Der Podcast
der Akademie der Wissenschaften in Hamburg:
https://www.awhamburg.de/mediathek/podcasts.html Mehr über Prof.
Dr. Annette Haug:
https://www.awhamburg.de/mitglieder/ordentliche-mitglieder/detail/prof-dr-annette-haug.html
ERC Grant DECOR: Decorative Prinzipien der späten Republik und
frühen Kaiserzeit in Italien (No. 681269).
https://www.klassarch.uni-kiel.de/de/decor/decorative-prinzipien-der-spaeten-republik-und-fruehen-kaiserzeit-in-italien
Frei zugängliche Bücher zur Podcast-Folge Annette Haug:
Decor-Räume in pompejanischen Stadthäusern. Ausstattungsstrategien
und Rezeptionsformen (Berlin 2020). DOI:
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110702705/html
Annette Haug: Öffentliche Räume in Pompeji. Zum Design urbaner
Atmosphären. DOI:
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110988383/html#contents

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