Ihre Augen
4 Minuten
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Beschreibung
vor 4 Jahren
Für alle die, die den Text lieber lesen oder sich ausdrucken
möchten:
Ihre Augen
Seit mittlerweile 30 Jahren ist er Polizist in Uniform. Seit
dieser Zeit hat er auf unzähligen Demonstrationen tausende
Stunden seiner Dienstzeit verrichtet.
Aus seiner Sicht ging es immer darum, dafür zu sorgen, dass
nichts aus dem Ruder läuft. Eskalationen zu vermeiden.
Eskalationen bedeuteten immer Gewalt. Und Gewalt führt stets zu
verletzten Menschen.
Natürlich ging es auch darum, Sachbeschädigungen und
Vandalismus zu verhindern. Diese Form von Zerstörungen konnten
berufliche und wirtschaftliche Existenzen gefährden.
Im Gegensatz zur körperlichen Unversehrtheit, waren Sachschäden
jedoch immer letzten Endes bezahlbar.
Gesundheit hingegen war und ist unbezahlbar.
Heute war wieder eine Großdemonstration gewesen. Die Stimmung
war schon im Vorfeld sehr aufgeheizt. Die Presse sowie die
sozialen Netzwerke hatten dahingehend ganze Arbeit geleistet.
Die Tatsache, dass zeitgleich vor Ort eine unangekündigte und
somit nicht genehmigte Gegendemonstration satt fand, machte
alles noch viel schwieriger.
Man war auf des Gesamtszenario nicht genügend vorbereitet. Es
fehlten hunderte an Polizisten und von einer im Vorfeld gut
vorbereiteten Strategie konnte beim besten Willen keine Rede
sein.
Wer auch immer für all dies die Verantwortung trug, spielte
während der Demonstration keine Rolle. Die, die den Kopf im
wahrsten Sinne des Wortes hinhalten mussten, waren, wie immer,
er und seine Kollegen.
Sie waren mit 20 Mann auf Position. Sie sollten den Durchgang
zu einer Anwohnerstraße absichern. Zigtausende Demonstranten
gingen an ihnen vorbei. Bis auf die üblichen Pöbeleien, die
sich jeder Polizist auf einer Demo anhören muss, blieb alles
soweit friedlich.
20 Mann. Ausgerüstet mit Helmen, Schutzkleidung, Schildern und
Gummiknüppeln.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Eine Gruppe von mehreren
hundert gewaltbereiten Teilnehmern scherten aus dem
Demonstrationszug aus und wollten die Kette, die seine Kollegen
und er gebildet hatten, durchbrechen, um in die Anwohnerstraße
zu gelangen.
20 Mann gegen Hunderte gewaltbereiter Menschen. Einige davon
mit Schlagringen, Knüppeln und abgebrochenen Flaschenhälsen
bewaffnet.
Eine Panik brach aus. Friedliche Demonstranten wurden von dem
gewaltbereiten Mopp einfach umgerannt und niedergetreten.
Seine Kollegen und er versuchten alles, um der Situation Herr
zu werden. Es war vollkommen aussichtslos. Sie wurden einfach
überrannt.
Er hatte gar keine andere Wahl und musste sich mit seinem
Gummiknüppel, so gut es irgendwie ging, gegen die angreifenden
Chaoten zu Wehr setzen.
Aber es waren einfach zu viele. Ein Rückzug, von einem
geordneten ganz zu schweigen, war nicht mehr möglich. Die
Kette, die seine Kollegen und er gebildet hatten, war längst
durchbrochen und er war von einer gewaltbereiten Meute
umzingelt.
Er geriet in Panik und schlug einfach nur noch unkontrolliert,
auf die größtenteils vermummte, Menge um ihn herum ein. Er
konnte nicht mehr zwischen gewaltbereiten und friedlichen
Demonstranten unterscheiden. Er wollte sich einfach nur noch
aus der Umkesselung befreien.
Plötzlich, nachdem er in seiner Panik, einen, durch eine
Skimaske für ihn unkenntlichen, Kopf hart getroffen hatte, sah
er ihre Augen. Diese Augen, die er von Geburt an kannte. Sie
starrten ihn völlig entsetzt an. Das letzte, was sie auf dieser
Welt sahen, war ihr Vater in Uniform, der seinen Gummiknüppel,
mit dem er sie gerade getroffen hatte, fallen ließ.
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