Ex-Evernote-CEO Libin: „Abschwünge sind eine sehr gute Zeit, um Dinge von Wert zu bauen“

Ex-Evernote-CEO Libin: „Abschwünge sind eine sehr gute Zeit, um Dinge von Wert zu bauen“

Handelsblatt Disrupt vom 15.07.2022
47 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Krisenzeiten sind gute Zeiten für neue und nachhaltige Produkte,
das hat der Serienunternehmer Phil Libin in seiner Laufbahn immer
wieder beobachtet: „Wenn die Wirtschaft sehr stark ist, ist es eine
gute Zeit, Dinge zu verkaufen“, sagt der ehemalige Chef des
Onlinedienstes „Evernote“ im Podcast Handelsblatt Disrupt. „Wenn
die Wirtschaft schwächelt, ist es eine gute Zeit, Dinge zu bauen.“
Diese Phasen seien gut, „um sich hinzusetzen, sich zu konzentrieren
und zu fokussieren“. In der Coronakrise hat der US-Unternehmer auch
seine Führungsprinzipien überdacht. Und er ist dabei vom
Homeoffice-Gegner zum Verfechter der neuen Work-from-home-Kultur
geworden: „Ich werde niemals von einem Programmierer, einem
Designer oder einem Anwalt verlangen, drei Stunden am Tag im Stau
zu stehen“, sagt Libin. „Das ist schrecklich und unmenschlich.“ Im
Hinblick auf die Kommunikation im Team plädiert er für ein
dreistufiges Verfahren. Geht es um den reinen Wissensaustausch,
genügen aufgezeichnete Informationsvideos. Sind Teilnehmer
aufgefordert, miteinander zu diskutieren, schlägt er interaktive
Videokonferenzen vor. Geht es um Erfahrungen mit Kollegen, sei
physischer Kontakt nötig. In seinem Unternehmen kommt das aber wohl
nicht allzu häufig vor: Er selbst hat seine Wohnung in San
Francisco aufgelöst und ist nach Arkansas gezogen - allen
Mitarbeitern hat er gesagt, dass er nie wieder eine Büropflicht
einführen wird. Heute leitet Libin mit „All Turtles“ ein Studio für
Künstliche Intelligenz, das zahlreiche Projekte unterstützt: von
„Tasseled“, das Schülern bei der Planung eines möglichst
kostengünstigen Studiums hilft, bis zu „Carrot“, das Arbeitgebern
ermöglicht, ihre Mitarbeiter bei Fruchtbarkeitsbehandlungen zu
unterstützen. Hinter dieser Firma steht auch Kritik am Silicon
Valley: Libin kritisiert, dass von jedem Vordenker mit einer guten
Idee erwartet werde, ein Start-up zu gründen, auch wenn er dazu
nicht genügend unternehmerische Fähigkeiten besitze. Mit „All
Turtles“ will Libin diesen Vordenkern helfen, ihre Ideen
umzusetzen, ohne dafür eine Firma gründen zu müssen. *** Das
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