Cloudflare-CFO Seifert: „Die Nachfrage nach kritischen News-Services ist in Russland sprunghaft angestiegen“

Cloudflare-CFO Seifert: „Die Nachfrage nach kritischen News-Services ist in Russland sprunghaft angestiegen“

Handelsblatt Disrupt vom 22.04.2022
57 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
In Russland steht die Software eines 35 Milliarden Dollar schweren
Cloudunternehmens aus dem Silicon Valley auf den Spitzenplätzen der
Downloadcharts: Cloudflare. Der Konzern ist ein globaler Experte
für schnelles Internet – und schützt Webseiten vor Hackerangriffen.
Im Podcast „Handelsblatt Disrupt“ erklärt Finanzchef Thomas Seifert
dem Silicon-Valley-Korrespondenten des Handelsblatts, Stephan
Scheuer, warum die Firma am Russlandgeschäft festhält, wie sie
gleichzeitig der Ukraine hilft und wie sich das
Cloudflare-Geschäftsmodell von Amazon, Google und Co.
unterscheidet. „Wir haben schon vor der Invasion angefangen, mit
der Ukraine zusammenzuarbeiten und einen Großteil der kritischen
Infrastruktur in unser Netzwerk integriert“, sagt Seifert. Als der
Krieg begonnen habe, seien sämtliche Regierungswebseiten und
unabhängige Medienportale hinzugefügt worden. Durch das Geschäft in
der Ukraine hat Seifert einen detaillierten Einblick in die
Kriegsentwicklung. Nicht nur die Anzahl der Hackerangriffe sei
gestiegen, sagt er. Auch könne er anhand der Spuren im Netz
nachvollziehen, wie sich die Flüchtlingsströme von Osten nach
Westen bewegen und wie der Krieg die Infrastruktur zerstört. Das
Geschäft in Russland dagegen umfasse „ganz kleine Geldbeträge“,
rechtfertigt er sich. Es sei wichtig, auch für die russische
Bevölkerung „den Zugang zum Netz offenzuhalten“. Denn die Nachfrage
nach kritischen News-Angeboten sei in Russland nach der Invasion
„sprunghaft gestiegen“. Scheuer und Seifert sprechen auch über das
Geschäftsmodell des Konzerns, der über zehn Prozent des weltweiten
Internetverkehrs abwickelt. Gegen Ende des Jahres rechnet Seifert
mit einem Umsatz von einer Milliarde Dollar – als er vor fünf
Jahren Finanzchef wurde, lag der Umsatz bei 100 Millionen Dollar.
Cloudflare profitiere von den Transformationsprojekten der
weltweiten Softwarekonzerne. Durch die Migration der Daten in die
Cloud „ändern sich die Geschäftsmodelle von Konzernen grundlegend.
Statt Hardware einzukaufen, beziehen sie lieber Dienstleistungen im
Abomodell“, sagt er. Inhalte, die auf Webseiten von Cloudflare
publiziert werden, will der Konzern nicht zensieren, so Seifert.
„Ist es im Interesse der Welt, dass CEOs entscheiden, was unter
Meinungsfreiheit in Deutschland fällt? Wir brauchen einen
politischen Prozess, der unserer Firma sagt, was geschützt werden
soll – und was nicht.“ Auf die Frage, wie Cloudflare mit
Konkurrenten wie Google und Amazon umgeht, reagiert Seifert
gelassen. Ein Gegengewicht werde Cloudflare nicht bilden, sagt er.
Es sei nicht das Ziel, „große Datencenter im Silicon Valley
aufzubauen“. Stattdessen speichere Cloudflare die Daten auf
dezentralen Servern in Städten und Gemeinden. *** Das exklusive
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