Mit Johann August Schülein über die Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse
1 Stunde 26 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Die Psychoanalyse ist eine der einflussreichsten Theorien des 20.
Jahrhunderts. Sie prägte das moderne Verständnis dessen, was es
heißt, ein Subjekt zu sein. In den letzten Jahrzehnten hat sie
jedoch an Bedeutung verloren und ist in der akademischen
Psychologie weitgehend marginalisiert. Sie gilt als
unwissenschaftlich, manchmal sogar als esoterisch. Aktuell kämpft
eine Petition für den Erhalt einer der letzten psychoanalytischen
Lehrstühle in Deutschland. In der Sendung versuchen wir, die
Psychoanalyse wissenschaftstheoretisch zu verorten. Wir sprechen
mit Johann August Schülein, der seit vielen Jahre zum Thema
forscht. Für Schülein ist das psychodynamische Unterbewusste eine
"autopoietische" Realität. Ihre Dynamik, Reflexivität und
Individualität kann nicht von "denotativen" Theorien erfasst
werden, wie sie etwa für naturwissenschaftliche Gegenstände
angemessen sind. Psychoanalyse stellt sich (wie andere Sozial- und
Geisteswissenschaften) als konnotative Theorie dar. Sie kann ihrem
Gegenstand nicht in einem einheitlichen Paradigma gerecht werden.
Der Prekarität der Theoriebildung entspricht eine prekäre
Institutionalisierung. Nach innen wie nach außen lässt sich nur
eine brüchige Einheit herstellen. Schulbildung kann die Pluralität
einhegen, bringt aber das Risiko sachlich nicht gerechtfertigter
Abschottung mit sich. Überhaupt bleibt der Wissenschaftsstatus
umkämpft, Laien von Experten unscharf getrennt. Und nicht zuletzt
sind Analysen des Unbewussten bis heute unwillkommen, berühren sie
doch den Kern personaler Identität, sind naturgemäß schmerzhaft.
Ein wenig Mitschuld an ihrer Situation trägt die Psychoanalyse laut
Schülein freilich auch selbst. Zu sehr hat sie auf ihre Reinheit
geachtet, und dabei mitunter eine eingehende Theoriediskussion und
produktive Anschlüsse an quantitative Methoden versäumt. Für
Schülein, emeritierter Professor für Soziologie, wäre demgegenüber
ein großes Potential in der Verbindung von psychoanalytischer und
soziologischer Forschung zu finden. Dazu müssen beide Disziplinen
etwas von ihrer defensiven Selbstüberschätzung ablegen.
Jahrhunderts. Sie prägte das moderne Verständnis dessen, was es
heißt, ein Subjekt zu sein. In den letzten Jahrzehnten hat sie
jedoch an Bedeutung verloren und ist in der akademischen
Psychologie weitgehend marginalisiert. Sie gilt als
unwissenschaftlich, manchmal sogar als esoterisch. Aktuell kämpft
eine Petition für den Erhalt einer der letzten psychoanalytischen
Lehrstühle in Deutschland. In der Sendung versuchen wir, die
Psychoanalyse wissenschaftstheoretisch zu verorten. Wir sprechen
mit Johann August Schülein, der seit vielen Jahre zum Thema
forscht. Für Schülein ist das psychodynamische Unterbewusste eine
"autopoietische" Realität. Ihre Dynamik, Reflexivität und
Individualität kann nicht von "denotativen" Theorien erfasst
werden, wie sie etwa für naturwissenschaftliche Gegenstände
angemessen sind. Psychoanalyse stellt sich (wie andere Sozial- und
Geisteswissenschaften) als konnotative Theorie dar. Sie kann ihrem
Gegenstand nicht in einem einheitlichen Paradigma gerecht werden.
Der Prekarität der Theoriebildung entspricht eine prekäre
Institutionalisierung. Nach innen wie nach außen lässt sich nur
eine brüchige Einheit herstellen. Schulbildung kann die Pluralität
einhegen, bringt aber das Risiko sachlich nicht gerechtfertigter
Abschottung mit sich. Überhaupt bleibt der Wissenschaftsstatus
umkämpft, Laien von Experten unscharf getrennt. Und nicht zuletzt
sind Analysen des Unbewussten bis heute unwillkommen, berühren sie
doch den Kern personaler Identität, sind naturgemäß schmerzhaft.
Ein wenig Mitschuld an ihrer Situation trägt die Psychoanalyse laut
Schülein freilich auch selbst. Zu sehr hat sie auf ihre Reinheit
geachtet, und dabei mitunter eine eingehende Theoriediskussion und
produktive Anschlüsse an quantitative Methoden versäumt. Für
Schülein, emeritierter Professor für Soziologie, wäre demgegenüber
ein großes Potential in der Verbindung von psychoanalytischer und
soziologischer Forschung zu finden. Dazu müssen beide Disziplinen
etwas von ihrer defensiven Selbstüberschätzung ablegen.
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