Sonderepisode - "Ab heute nur noch bezahlt? Die "neue" Pflicht des Arbeitgebers zur systematischen Arbeitszeiterfassung"
17 Minuten
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vor 2 Jahren
Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 –
1 ABR 22/21 wirkt wie ein Paukenschlag auf deutsche Arbeitgeber.
Das Bundesarbeitsgericht „überholt“ die deutsche Bundesregierung
„rechts“ und sieht „…Bei unionsrechtskonformer Auslegung
von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG* den Arbeitgeber bereits jetzt
gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu
erfassen.“ Das BAG-Grundsatzurteil dürfte nach erster
Einschätzung weitreichende Auswirkungen auf das Arbeitsleben in
Wirtschaft und Verwaltung bis hin zu mobiler Arbeit und
Homeoffice haben. Wo bisher noch Vertrauensarbeitszeitmodelle
vorherrschen, dürfte künftig mehr Kontrolle nötig sein. Nach dem
deutschen Arbeitszeitgesetz müssen bisher nach § 16 II ArbZG nur
Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die
gesamte Arbeitszeit.
Das Thema ist indes alles andere als neu. Der EuGH hatte bereits
im Mai 2019 entschieden, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber
dazu verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und
zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten, mit dem
die täglich geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten gemessen
werden kann. Nur so könnten die Rechte aus der
EU-Arbeitszeitrichtlinie umgesetzt werden, also die wöchentliche
Höchstarbeitszeit sowie die täglichen und wöchentlichen
Ruhezeiten.
In Deutschland ein problematisches Thema. Mehr als jeder zehnte
Arbeitnehmer in Deutschland hat im vergangenen Jahr mehr
gearbeitet als im Vertrag vereinbart. Das teilte das Statistische
Bundesamt in Wiesbaden mit. Insgesamt hätten im Schnitt 4,5
Millionen der insgesamt 37,8 Millionen erwerbstätigen Menschen
Überstunden geleistet. In einer ersten Stellungnahme begrüßt die
Gewerkschaft IG Metall daher die Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts als Hilfe "im Kampf gegen Millionen
unbezahlte Überstunden, die Beschäftigte jedes Jahr in
Deutschland leisten" (igmetall.de). Arbeitgeber müssen jetzt erst
recht aktiv werden: Sie müssen ein System einführen, mit dem die
von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit verlässlich erfasst
werden kann“, kommentierte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel die
Entscheidung des BAG.
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