Elon Musk übernimmt Twitter: Wie der „Absolutist der Meinungsfreiheit“ die Plattform umkrempeln will

Elon Musk übernimmt Twitter: Wie der „Absolutist der Meinungsfreiheit“ die Plattform umkrempeln will

Handelsblatt Today vom 26.04.2022
29 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Der Twitter-Verwaltungsrat hat seinen Widerstand aufgegeben,
Tesla-Chef Elon Musk hat sein Ziel erreicht: Für 44 Milliarden
Dollar übernimmt er den Kurzmitteilungsdienst. Noch nie hat eine
einzelne Person so viel Geld für einen Firmenkauf mobilisiert – das
hatten nur wenige an der Wall Street für möglich gehalten. Die
Twitter-Aktie soll nach der Übernahme von der Börse genommen
werden. Doch das ist nicht alles: Das Thema Meinungsfreiheit dürfte
unter Musk zum Streitfall werden. Twitter-Chef Parag Agrawal will
Fake News und Hatespeech stärker bekämpfen und lässt zu diesem
Zweck im Zweifel auch Beiträge löschen oder Accounts sperren. Elon
Musk hingegen bezeichnet sich selbst als „Absolutist der
Meinungsfreiheit“ und sieht diese auf Twitter zu stark beschnitten.
„Ich denke, dass Twitter-CEO Agrawal nicht mehr lange im Amt sein
wird, wenn die Übernahme abgeschlossen ist“, sagt Techteam-Leiter
Thomas Jahn in der neuen Folge von „Handelsblatt Today“. Der
reichste Mensch der Welt will Twitter zu einem digitalen Marktplatz
für den Meinungsaustausch machen, bei dem die Redefreiheit eine
überragende Bedeutung einnimmt. Bereits jetzt wird darüber
spekuliert, ob der Account von Ex-Präsident Donald Trump wieder
freigeschaltet wird, sobald Musk bei Twitter das Sagen hat.
Immerhin könnte ein weniger stark reguliertes Twitter auch für
viele seiner Anhänger wieder deutlich attraktiver werden. Jahn
sieht allerdings ein Spannungsfeld zwischen Musks Vorstellungen von
Meinungsfreiheit und einer Steigerung der Profitabilität von
Twitter: „Wenn die Plattform radikaler wird, dann wird das
Anzeigenkunden abschrecken.“ Die mögliche Einführung einer
Bearbeitungsfunktion für Beiträge könnte zudem den ursprünglichen
Charakter von Twitter verwässern, das von vielen gerade auch wegen
der ungefilterten und auch kontroversen Debatten genutzt wird. „Es
gibt kein Zaubermittel, mit dem man Twitter von heute auf morgen
verbessern kann“, glaubt Jahn. Zudem droht Musk, der auch Chef des
Elektroautobauers Tesla und der Weltraumfirma SpaceX ist, mit dem
Engagement bei Twitter künftig eine zusätzliche Mehrfachbelastung.
„Bei Tesla stehen wichtige Veränderungen an, zum Beispiel müssen
neue Modelle eingeführt werden“, sagt Jahn. Musk werde Prioritäten
setzen müssen „und das wird Twitter nicht guttun“. *** Exklusives
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