Putins Gas-Dekret: Westliche Kunden brauchen Konto bei Gazprombank / Atom-Rhetorik: Wie Putin mit den Ängsten spielt
Handelsblatt Today vom 31.03.2022
26 Minuten
Beschreibung
vor 2 Jahren
Die Militärexpertin Florence Gaub ist der Ansicht, dass der Westen
die Drohgebärden des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit
Blick auf einen möglichen Einsatz von Atomwaffen falsch
interpretiert hat. In der neuen Folge von „Handelsblatt Today“ sagt
sie, dass Putin die Alarmbereitschaft der Atomstreitkräfte gar
nicht auf Stufe 2 erhöht habe. „Den Status, den er angekündigt hat,
gibt es so nicht in der russischen Militärdoktrin. Wir wissen durch
Satellitenbilder und nachrichtendienstliches Infomaterial, dass die
Russen de facto überhaupt nicht in Alarmbereitschaft gegangen
sind“, sagt Gaub. Trotzdem sei es wichtig, das zu respektieren,
auch wenn es „nur eine Drohgebärde“ sei. Die Entscheidung der Nato,
sich nicht aktiv in den Ukraine-Krieg einzumischen, hält Gaub für
richtig – und warnt vor einer „strategischen Ungeduld“ im Westen:
„Fakt ist: Das, was wir machen, funktioniert. Wir müssen es wirken
lassen – wie ein Antibiotikum.“ Als stellvertretende Direktorin des
Instituts der Europäischen Union für Sicherheitsstudien in Paris
beschäftigt sich Gaub schon seit vielen Jahren mit
Militärstrategien unterschiedlicher Länder. Gaub glaubt nicht, dass
das Problem mit Russland mit einem Regimewechsel oder einem
schnellen Kriegsende gelöst wäre: „Russland hat ein fundamentales
Problem damit, wie die Welt aufgestellt ist und wie Nationen wie
die USA in anderer Staaten Angelegenheiten intervenieren.“ Das
wolle Russland ultimativ ändern, jetzt auch mit Gewalt. Und diese
Sicht auf die Welt sei nicht nur bei Putin, sondern auch in den
russischen Eliten tief verankert. Ohnehin glaubt die
Militärexpertin nicht, dass ein schnelles Ende des Ukrainekriegs
absehbar ist: „Rein statistisch gesehen dauern Kriege zwischen
Staaten im Schnitt 15 Monate. Krieg ist nichts, was schnell zu Ende
geht, auch wenn man sich das im 21. Jahrhundert natürlich sehr
wünscht.“ Den massiven Beschuss von zivilen Einrichtungen und
Wohnhäusern in der Ukraine durch Russland bezeichnet Gaub als eine
„Bestrafungsstrategie“. Die sei aber gleichzeitig eine
„Notlösungsstrategie“, die man anwende, wenn man eigentlich gar
nicht anders könne. Und sie werde wahrscheinlich nicht zu einer
ukrainischen Kapitulation führen. Inzwischen scheint Russland aber
seine Strategie in der Ukraine zu ändern: Um Fluchtkorridore für
Zivilisten aus der schwer zerstörten Hafenstadt Mariupol zu
ermöglichen, hat die russische Führung eine Feuerpause angeboten.
Gleichzeitig scheint es einen Teilabzug der russischen Truppen in
der Nähe der Hauptstadt Kiew zu geben. Gaub gibt zu bedenken: „Es
könnte sich hier um ein rhetorisches Ablenkungsmanöver handeln. In
Syrien hat Putin dreimal den Abzug angekündigt, der bis heute nicht
passiert ist.“ Außerdem hält es Gaub für sehr wahrscheinlich, dass
jetzt Truppen zusammengezogen werden, um eine Offensive in der
Ostukraine zu starten und dort die ukrainischen Streitkräfte
auszuschalten. „Wenn das erstmal erreicht ist, gibt es für Russland
überhaupt keinen Grund, nicht doch noch zu versuchen, nach Kiew
vorzudringen.“ *** Exklusives Angebot für Handelsblatt Today-Hörer:
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die Drohgebärden des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit
Blick auf einen möglichen Einsatz von Atomwaffen falsch
interpretiert hat. In der neuen Folge von „Handelsblatt Today“ sagt
sie, dass Putin die Alarmbereitschaft der Atomstreitkräfte gar
nicht auf Stufe 2 erhöht habe. „Den Status, den er angekündigt hat,
gibt es so nicht in der russischen Militärdoktrin. Wir wissen durch
Satellitenbilder und nachrichtendienstliches Infomaterial, dass die
Russen de facto überhaupt nicht in Alarmbereitschaft gegangen
sind“, sagt Gaub. Trotzdem sei es wichtig, das zu respektieren,
auch wenn es „nur eine Drohgebärde“ sei. Die Entscheidung der Nato,
sich nicht aktiv in den Ukraine-Krieg einzumischen, hält Gaub für
richtig – und warnt vor einer „strategischen Ungeduld“ im Westen:
„Fakt ist: Das, was wir machen, funktioniert. Wir müssen es wirken
lassen – wie ein Antibiotikum.“ Als stellvertretende Direktorin des
Instituts der Europäischen Union für Sicherheitsstudien in Paris
beschäftigt sich Gaub schon seit vielen Jahren mit
Militärstrategien unterschiedlicher Länder. Gaub glaubt nicht, dass
das Problem mit Russland mit einem Regimewechsel oder einem
schnellen Kriegsende gelöst wäre: „Russland hat ein fundamentales
Problem damit, wie die Welt aufgestellt ist und wie Nationen wie
die USA in anderer Staaten Angelegenheiten intervenieren.“ Das
wolle Russland ultimativ ändern, jetzt auch mit Gewalt. Und diese
Sicht auf die Welt sei nicht nur bei Putin, sondern auch in den
russischen Eliten tief verankert. Ohnehin glaubt die
Militärexpertin nicht, dass ein schnelles Ende des Ukrainekriegs
absehbar ist: „Rein statistisch gesehen dauern Kriege zwischen
Staaten im Schnitt 15 Monate. Krieg ist nichts, was schnell zu Ende
geht, auch wenn man sich das im 21. Jahrhundert natürlich sehr
wünscht.“ Den massiven Beschuss von zivilen Einrichtungen und
Wohnhäusern in der Ukraine durch Russland bezeichnet Gaub als eine
„Bestrafungsstrategie“. Die sei aber gleichzeitig eine
„Notlösungsstrategie“, die man anwende, wenn man eigentlich gar
nicht anders könne. Und sie werde wahrscheinlich nicht zu einer
ukrainischen Kapitulation führen. Inzwischen scheint Russland aber
seine Strategie in der Ukraine zu ändern: Um Fluchtkorridore für
Zivilisten aus der schwer zerstörten Hafenstadt Mariupol zu
ermöglichen, hat die russische Führung eine Feuerpause angeboten.
Gleichzeitig scheint es einen Teilabzug der russischen Truppen in
der Nähe der Hauptstadt Kiew zu geben. Gaub gibt zu bedenken: „Es
könnte sich hier um ein rhetorisches Ablenkungsmanöver handeln. In
Syrien hat Putin dreimal den Abzug angekündigt, der bis heute nicht
passiert ist.“ Außerdem hält es Gaub für sehr wahrscheinlich, dass
jetzt Truppen zusammengezogen werden, um eine Offensive in der
Ostukraine zu starten und dort die ukrainischen Streitkräfte
auszuschalten. „Wenn das erstmal erreicht ist, gibt es für Russland
überhaupt keinen Grund, nicht doch noch zu versuchen, nach Kiew
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