Putins Masterplan für Öl und Gas: Europa soll erpressbar bleiben, während Russland längst auf Asien setzt

Putins Masterplan für Öl und Gas: Europa soll erpressbar bleiben, während Russland längst auf Asien setzt

Handelsblatt Today vom 29.03.2022
36 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Ermutigende Nachrichten von den Friedensverhandlungen zwischen der
Ukraine und Russland stimmen die Anlegerinnen und Anleger
optimistisch. Außerdem: Aus der Sicht von Energie-Expertin Aurélie
Bros verfolgt Putin bei Öl und Gas eine Doppelstrategie. Das Ziel
sei eine weitreichende Abkehr vom Westen. Energie-Expertin Aurélie
Bros glaubt, dass Russland eine Strategie der „Dewesternization“
vorantreibt – nicht nur in Energiefragen. Ein Teil der Strategie
beinhalte die Hinwendung zum asiatischen Markt wie China. Dazu
gehörten eine Stärkung der Handelsbeziehungen und die Einbeziehung
von Technologien, die dort produziert werden. Dadurch soll die
Abhängigkeit von westlichen Technologien reduziert und die
Förderung eigener Institute gefördert werden. „Einerseits weiß
Russland, dass die Erdgasproduktion in der EU sinkt“, sagte Bros in
der neuen Folge von „Handelsblatt Today“. Dadurch steige die
Abhängigkeit der EU von Russland, da die Energiewende noch nicht so
schnell verlaufe, wie es sich viele Klimaaktivisten wünschten.
Andererseits habe aber Russland seit 2014 verstanden, dass es
selbst stark abhängig von den USA und der EU sei, da gerade in der
Erdgasbranche alles in Dollar und Euro gehandelt werde. Die
G7-Staaten lehnen die Forderung des russischen Präsidenten Wladimir
Putin ab, Gasimporte künftig nur noch in Rubel zu bezahlen. Aus der
Sicht von Bros wäre es auch ein Fehler gewesen, sich darauf
einzulassen: „Putin blufft im Zweifel und ist genauso auf die
Einnahmen angewiesen wie Europa auf Energie.“ Doch das Grundproblem
bleibt bestehen: Deutschland ist von Gas aus anderen Ländern
abhängig. Laut dem Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie
deckte im Jahr 2020 die heimische Erdgasförderung gerade mal knapp
5,2 Prozent des Bedarfs der Bundesrepublik ab. Der Rest wurde
demnach aus Ländern wie Russland, Norwegen und den Niederlanden
importiert, wobei Russland den Löwenanteil beisteuerte.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war vergangene Woche in
Katar, um bei der Suche nach alternativen Gaslieferanten ein
Zeichen zu setzen. Katars Energieminister Saad el-Kaabi gab jedoch
zu bedenken, dass kurzfristige Gaslieferungen, die dem russischen
Importvolumen nach Deutschland entsprechen, derzeit nicht möglich
seien. Bros wendet ein, dass in Deutschland fast immer vergessen
wird, dass die Energiesolidarität eine gesetzliche Verpflichtung
sei. Die Mechanismen zur gegenseitigen Unterstützung seien auf
EU-Ebene seit der russisch-ukrainischen Krise von 2009 eingerichtet
und immer weiter ausgebaut worden. „Deutschland ist keine Insel,
sondern sehr gut an die Nachbarländer angebunden.“, so Bros. Sie
fordert: „Wir müssen das Problem auf europäischer Ebene lösen. Kein
Mitgliedsstaat wird dies allein tun können.“ Für den Umgang mit dem
russischen Präsidenten rät Bros folgendes: „Putin versteht nur
Stärke – diese sollten wir auch jetzt geschlossen zeigen.“. Und:
„Ich habe immer gehört, Russland würde Schach spielen und da würden
krasse, strategische Gedanken dahinterstecken. Ich glaube aber,
dass sie eher Poker spielen.“ *** Exklusives Angebot für
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