Deanna Raybourn: Killers of a Certain Age

Deanna Raybourn: Killers of a Certain Age

4 Minuten
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Beschreibung

vor 1 Jahr

Liebe Leserinnen, liebe Leser,


der Frühling lässt weiter auf sich warten. Herr Falschgold hat
mit Stephen Markleys "The Deluge" einen
900-Seiten-Endzeit-Brocken auf den Lesetisch geworfen. Anne
Findeisen möchte uns an Ottessa Moshfeghs "Lapvona" heranführen,
das in die tiefsten und abscheulichsten Abgründe des Menschen
blickt und noch immer fällt draußen Schnee.


Wir wünschen uns also alle etwas Eskapismus weg von diesen
exzellenten, aber auch sehr viel Kraft fordernden Lektüren und
voilá: leider nur in englisch erhältlich, aber in schnörkelloser
und leichter Sprache verfasst, die man erfassen kann, wenn man
die wichtigsten Schimpfwörter kennt: "Killers of a Certain Age"
von Deanna Raybourn.


A certain age ist ein Euphemismus der englischen Sprache, der
anzeigen möchte, dass jemand nicht mehr jung ist. Verwendet wird
er vorrangig für Frauen, wir erinnern uns, Männer werden nicht
älter, sie reifen. Ha! Ein bestimmtes Alter, das also anzeigt,
dass jemand die 40 überschritten hat, ist dem deutschen
Euphemismus Junge Frau, der ausnahmslos Frauen verliehen wird,
die jünger sind als man selbst, immer und unbedingt vorzuziehen.
Warum, fragt ihr? Die alten Ladies freuen sich doch darüber?


Nein. Sie haben sich morgens vorm Spiegel die Haare gekämmt und
wissen ziemlich genau, wie sie aussehen und halten jeden, der sie
so nennt, für einen Dummkopf. Immer, wirklich. Sie wissen nur,
dass man bestimmte Diskussionen gar nicht erst anfangen muss und
seine Zeit besser verschwenden kann, deshalb lachen sie höflich
und denken sich ihren Teil. 


Die Heldinnen Billie, Mary Alice, Helen und Natalie packen gerade
ihre Sachen für eine all-inclusive Kreuzfahrt, die den Beginn
ihrer Rente, finanziert als Dank von ihrem Arbeitgeber, markieren
soll. Immerhin 40 Jahre waren sie im Dienste der Organisation
Museum unterwegs. Und sind bezahlte Mörderinnen. Und auch noch
stolz drauf. Denn die Welt ist eine schlechte, und es gibt böse
Menschen. Jede kann sofort die Top 5 aufzählen, ohne die die Welt
eine bessere werden könnte.


Einst Ende der 1970er angeheuert, haben sie zunächst Nazis
umgebracht, die sich nach für sie ruhigen Jahrzehnten in
Sicherheit wähnten, machten dann mit Diktatoren, Sklavenhändlern
und so weiter. 


Schnell müssen sie erkennen, dass sie anstatt des verdienten
Ruhestandes, dem sie mit einigem Bangen und auch schlechter Laune
entgegenblicken, forciert das Zeitliche segnen sollen. In einem
Kellner erkennen sie einen weiteren Killer ihrer Organisation,
der mit vereinten Kräften um die Ecke gebracht wird und ihre
drängendsten Fragen sind nun: Warum sollen sie umgebracht werden,
und wer ist dafür verantwortlich?


Es entwickelt sich eine aufregende Story an pittoresken Orten,
die sich mit Rückblicken auf die Biographien der 4
Protagonistinnen und ihre Leben abwechseln. Ihre Arbeit war einst
eine einsame, doch nun werden ihre Freundschaften, die während
ihrer Ausbildung entstanden, zu ihrer Lebensversicherung.
Trockene Witze, schnelle Dialoge, schwarzer Humor, skurrile
Ereignisse, eine leichtfüßige Sprache, überraschende Wendungen,
ein hübsches Feuerwerk, das Deanna Raybourn für unseren
Eskapismus abbrennt.


Was Billie, Marie Alice, Helen und Natalie entgegenkommt, ist zum
einen die schon oft beschriebene zunehmende Unsichtbarkeit
älterer Frauen, aber natürlich auch ihr jahrzehntelang
angehäuftes Wissen und ihr Erfahrungsschatz.


Deanna Raybourns "Killer of a Certain Age" ist beste
Unterhaltung, die die Herausforderungen des Alters und der
Gesellschaft nicht unerwähnt lässt, unerwartete Einsichten
bereithält und hintenrum durch die Brust ins Auge trifft.


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