Arktische Seidenstraße: China sichert sich neue Wege in die Welt
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vor 1 Jahr
Die Geschichte der Seidenstraße beginnt weit vor unserer
Zeitrechnung: Schon im Jahr 200 vor Christus nutzten Händler ein
riesiges Netz aus Karawanenstraßen. Ihre Kamele transportierten
Gewürze und Arzneien, Edelsteine, Pelze und natürlich Seide. Über
6400 Kilometer erstreckten sich die Handelsrouten, durchquerten
Steppen, Wüsten und Gebirge. Mit der alten Seidenstraße stand
chinesischen Händlern der Weg offen bis zum römischen Reich.
Mit der neuen Seidenstraße will China die uralten Handelsrouten
erneuern und erweitern. Die Chinesen investieren seit 2013 in die
Infrastruktur, bauen und optimieren Trassen, Straßen und Häfen
auf drei Kontinenten. Die Dimensionen sind kaum vorstellbar, die
Investitionen werden auf rund 900 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Hendrik Wehlen, Logistikprofi beim größten europäischen
Waggonvermieter VTG, hat die Entwicklung auf der
Schiene genau verfolgt: In zehn Jahren habe sich die Zahl
der Züge von China nach Deutschland von 80 auf 15.000 erhöht,
erzählt er im Podcast "Wirtschaft Welt & Weit".
Massiv zugelegt hat auch die Containerschifffahrt auf der
maritimen Seidenstraße, die China mit Indien und Afrika verbindet
und durch den Suezkanal ins Mittelmeer führt. Etwa 25 bis 30 Tage
ist ein Schiff von China nach Deutschland unterwegs, "normale"
Wartezeit inklusive. Wenn es nach Chinas Staatschef Xi Jinping
geht, wird sich diese Zeit künftig verkürzen. Xi verfolgt eine
Idee, für die er sich sogar den Klimawandel zunutze macht: die
arktische Seidenstraße. Der Weg durchs Polarmeer ist viel kürzer.
Die Schiffe sind im Schnitt zehn Tage schneller, auch die
Treibstoffkosten sinken. Und schon jetzt ist auf der Strecke nur
noch im Winter der Einsatz von Eisbrechern nötig.
Je stärker das Eis schmilzt, desto profitabler wird diese Idee.
Europäische Kritiker schauen aber nicht allein auf ökonomische
Interessen. Umweltschützer sorgen sich um das fragile Ökosystem,
auch angesichts der in der Arktis vermuteten immensen
Bodenschätze. Zudem ist die Nähe zu Russland bedenklich. Das Land
verfügt über rund 24.000 Kilometer arktische Küstenlinie und
kontrolliert die gesamte Nordostpassage. Schiffe müssen für die
Durchfahrt zahlen, auch die Eisbrecher baut Russland. Europäische
Kunden meiden seit dem Krieg in der Ukraine die Landroute und den
Weg entlang der russischen Küste, berichtet Logistiker Wehlen.
Durch die breit aufgestellte Seidenstraßen-Initiative hat China
im vergangenen Jahrzehnt seine Bedeutung als Handelsmacht mehr
als deutlich gemacht. Die EU versucht erst seit kurzem
gegenzusteuern. Ihre eigene Initiative "Global Gateway" will
weltweit Infrastrukturprojekte fördern, dabei aber
Nachhaltigkeitskriterien und das Wohl der Partnerländer im Blick
haben, denn gerade das steht bei China in der Kritik.
Doch während die EU hauptsächlich diskutiert, hat China längst
Fakten geschaffen. Angesichts des enormen Vorsprungs der Chinesen
wirkt die Aufholjagd in Afrika bereits vergeblich. "Europa ist
einfach zu spät aufgewacht", bestätigt auch Andreas Breinbauer,
Logistikprofessor aus Wien. Und die Arktis habe "Global Gateway"
bisher nicht im Blick.
Investitionen im russischen Teil verbieten sich seit Putins
Invasion in der Ukraine zwar von selbst. Doch die skandinavische
Arktis könnte auch wirtschaftlich immer mehr zu einem strategisch
wichtigen Punkt werden, denn hier könnte sich in Zukunft Chinas
arktische Seidenstraße mit den bereits bestehenden Handelswegen
auf dem Landweg verbinden.
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