Kasachstan: Löst das Rohstoffparadies unser Energieproblem?
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vor 2 Jahren
Heute kommen Kreml-Chef Putin und der türkische Präsident Erdogan
in der kasachischen Hauptstadt Astana zusammen, um über den
Ukrainekrieg zu sprechen. Kasachstan selbst hat dazu eine
klare Haltung: Die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und
Luhansk werden nicht anerkannt. Als die UN-Vollversammlung
vergangene Nacht über die Rechtmäßigkeit russischer Annexionen in
der Ukraine abstimmte, gehörte die frühere Sowjetrepublik nicht
zu den vier Unterstützern Moskaus. Und während das Land deutlich
spürbar auf Distanz zu Russland geht, sucht es gleichzeitig nach
stärkeren Wirtschafts-Kooperationen mit dem Westen.
Für den Energie-Experten Oliver Rolofs und Kasachstan-Kenner
Christoph Mohr wäre das ein guter Zeitpunkt für Deutschland, die
bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit dem zentralasiatischen
Staat weiter auszubauen. Acht Prozent des Rohöls in der
Europäischen Union kommen bereits von dort. "Kasachstan verfügt
auch über immense Gasreserven - über zwei Billionen Kubikmeter,
die in der Erde schlummern", erläutert Rolofs im ntv-Podcast
"Wirtschaft Welt & Weit".
Reale Chancen für Deutschland sieht er zum Beispiel im Ausbau der
Pipeline-Infrastruktur, denn derzeit fließt russisches Öl über
russisches Territorium nach Europa oder wird aufwendig mit
Schiffen über das Kaspische Meer transportiert. Mit neuen
Pipelines könnten alternative Versorgungsrouten geschaffen
werden.
Potenzial wittert der Energie-Experte auch bei seltenen Erden.
Mit diesen Rohstoffen könne man "gemeinsam die Energie- und
Mobilitätswende wunderbar voranbringen", erzählt er. Bei Themen
wie der Wasserstoffproduktion hält er Kasachstan ebenfalls für
einen "sehr interessanten Partner".
Kasachstan-Experte Mohr von der Friedrich-Ebert-Stiftung sieht
ebenfalls große Potenziale für eine Vertiefung der
deutsch-kasachischen Beziehungen. Kasachstan sei zwar noch immer
eng mit Russland verbunden, erklärt er. Das Land versuche derzeit
aber, sich aus der russischen Einflusszone zu entfernen - unter
anderem, um Sekundär-Sanktionen zu entgehen. Ein realpolitischer
Balanceakt für den kasachischen Präsidenten Qassym-Schomart
Tokajew - zur Freude des Westens und zum Ärgernis Putins, meint
Mohr. In Russland sei bereits diskutiert worden, ob man nach der
Ukraine auch Kasachstan "entnazifizieren" müsse.
Wie realistisch ein stärkerer Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen
von Deutschland und Kasachstan ist, hängt allerdings davon ab, ob
Präsident Tokajew sich an seine Reformversprechen hält. Im Januar
kam es in Kasachstan zu gewaltsamen Protesten mit über 200 Toten.
Auslöser für die blutigen Unruhen waren steigende Gaspreise. Um
sie in den Griff zu bekommen, bat Tokajew die OVKS um Hilfe. Das
Militärbündnis schickte 2500 sogenannte "Friedenswächter" nach
Kasachstan - ausländische Soldaten, die die Proteste brutal
niederknüppelten. Der Großteil von ihnen kam aus Russland.
In der Folge kündigte Tokajew demokratische Reformen an. Die
Rechtsstaatlichkeit solle gestärkt werden, das Parlament mehr
Einfluss erhalten, versprach er. Seine Vision sei ein "neues
Kasachstan". Für Kasachstan-Experte Mohr kann das nur der
Startpunkt eines Prozesses sein, für den umfassende
wirtschaftliche Kooperation allerdings nötig erscheint. Denn nach
der Aufnahme von 100.000 russischen Mobilisierungsflüchtlingen
erwartet er eine Verschärfung innenpolitischer Konflikte in
Kasachstan, die sich vor allem auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt
entladen werden.
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