China: Wie Peking deutsches Wissen einheimst
37 Minuten
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vor 2 Jahren
Deutschland importiert aus keinem Land der Welt mehr Produkte als
aus China. Und: Immer mehr deutsche Forschungszentren in China
ermöglichen Peking Zugang zu unseren Technologien. Darüber und
über den Kampf um die wirtschaftliche Vorherrschaft in der Welt
diskutieren Frank Sieren und Reinhard Bütikofer.
Volle Kraft voraus, so könnte man die Pläne des chinesischen
Staatspräsidenten Xi Jinping zusammenfassen. Wenn im Jahr 2049
das hundertjährige Bestehen der Volksrepublik gefeiert wird, soll
sein Land weltweit die Führungsrolle haben. Politisch,
militärisch und auch ökonomisch will China dann das Weltgeschehen
bestimmen. Ein Ziel, das die deutsche Wirtschaft nicht
unterschätzen sollte. Denn China ist Deutschlands wichtigster
Handelspartner und deutsche Unternehmen sind eng mit China
verknüpft.
Aus keinem Land importiert Deutschland mehr Waren. Deutsche
Autobauer wie VW, BMW und Daimler produzieren inzwischen mehr
Autos in China als im eigenen Land. Und ohne Solarzellen aus
China wäre die Energiewende in Deutschland kaum denkbar. Im
ntv-Podcast "Wirtschaft Welt & Weit" warnt Reinhard
Bütikofer, Vorsitzender der China-Delegation im Europäischen
Parlament, davor, dass Deutschland dabei ins Hintertreffen
geraten könnte: "Chinas Wirtschaftspolitik ist nicht auf
langfristige Partnerschaft mit uns aus."
Die Europäer seien so lange willkommen, wie sie
Produktionskapazitäten und Technologien mitbrächten, über die
China nicht ausreichend verfüge. Verschiebe sich dieses
Verhältnis zugunsten der Chinesen, würden die europäischen
Handelspartner überflüssig, befürchtet Bütikofer. China selbst
achte zum Beispiel sehr darauf, dass ausländische Konzerne die
Gewinne, die sie im Land machten, auch im Land selbst wieder
investierten. Und deutsche Forschungsgelder - oder gleich die
Verlagerung ganzer Forschungsbereiche wie beim Ludwigshafener
Chemiekonzern BASF - sind gern gesehen.
Ist das noch eine Win-win-Situation für beide Seiten oder sind
deutsche Unternehmen längst zu kurzsichtig? Darüber diskutiert
Bütikofer im Podcast mit dem China-Kenner Frank Sieren.
Sieren, der seit 28 Jahren in Peking lebt und mehrere Bestseller
geschrieben hat, stellt sich dabei vor allem die Frage, ob wir
uns mehr Unabhängigkeit von China leisten können. "Wenn wir
wieder mehr Produkte in Deutschland herstellen, dann würde alles
plötzlich und sehr schnell viel teurer", warnt der China-Experte.
Sollten deutsche Unternehmen ihre Geschäfte mit der Volksrepublik
komplett einstellen, müsste Deutschland bald mit noch deutlich
höheren Inflationsraten rechnen. Unabhängigkeit habe ihren Preis,
so Sieren. Und er bezweifelt, dass Politik und die Menschen in
Deutschland diesen Preis zahlen wollen.
Gerade in Zeiten des Ukraine-Krieges, in denen sich die Welt
strategisch neu aufstellt, ergibt es für Sieren Sinn, mit China
in den Dialog zu treten. Denn eine neue Weltordnung, so viel sei
sicher, werde nicht nur im Westen ausgehandelt. Wenn Deutschland
die neuen Spielregeln mitbestimmen und westlichen Werten Gewicht
verschaffen wolle, sei eine Position der Stärke von großem
Vorteil.
Deutliche Worte hat Europapolitiker Bütikofer schon längst
gefunden: So hat er sich wiederholt nicht nur für klarere
wirtschaftliche Spielregeln zwischen Europa und China
ausgesprochen, sondern auch Menschenrechtsverletzungen im
Zusammenhang mit den Uiguren kritisiert. Die chinesische
Regierung reagierte darauf mit ihrer ganz eigenen Definition von
Stärke: Seit über einem Jahr steht Bütikofer auf der
Sanktionsliste und wird so schnell wohl keinen Fuß mehr auf
chinesischen Boden setzen.
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