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Beschreibung
vor 3 Jahren
Gudrun spricht in dieser Folge mit Attila Genda über sein
Praktikum bei Dassault Systèmes (Standort Karlsruhe), das er m
Frühjahr und Sommer 2020 im Rahmen seines Masterstudiums
Technomathematik absolviert hat.
Bei Dassault Systèmes in Karlsruhe wird schon seit einigen
Jahrzehnten Strukturoptimierung betrieben. Wir haben dort auch
schon einige Podcastfolgen zu den mathematischen Hintergründen
und den aktuellen Weiterentwicklungen aufgenommen (s.u.). Für die
numerische Lösung der betrachteten partiellen
Differentialgleichungen werden Finite Elemente Verfahren
eingesetzt.
Grundlage einer jeden Strukturoptimierung ist ein mathematisches
Optimierungsproblem unter Nebenbedingungen. Dazu werden eine
Zielgröße und mehrere Nebenbedingungen definiert. Die Zielgröße
ist dabei abhängig von zu bestimmenden Variablen, die als
Unbekannte oder Optimierungsparameter bezeichnet werden. Die
Nebenbedingungen sind Bedingungen an die Variablen, die erfüllt
sein müssen, damit die Löung ”zulässig“ ist. Das Ziel der
Optimierung ist nun die Minimierung der Zielgröße unter
Einhaltung der Nebenbedingungen.
Um konkrete Probleme zu lösen, gibt es eine Bandbreite
verschiedener Löungsmöglichkeiten, die jeweils auf die
Aufgabenstellung zugeschnitten werden. Alle Löser bzw.
Minimierungsprobleme haben jedoch gemein, dass sowohl die
Konvexität der Zielfunktion als auch die Konvexität des
Designgebiets von fundamentaler Bedeutung für die Lösbarkeit des
Problems sind.
Strukturoptimierung verändert die Form eines Bauteils oder einer
Baugruppe so, dass weniger Material nötig ist, aber vorgegebene
Festigkeitsanforderungen (z.B. Spannungen, denen das Teil
typischerweise ausgesetzt ist) erfüllt sind. Dabei darf sich die
Materialverteilung frei in approximativen Schritten verändern und
ist nicht durch eine Vorplanung der prinzipiell einzuhaltenden
äußeren Form begrenzt. Dies führt z.B. zur Entstehung von Löchern
in der Form des Bauteils, was die Topologie auch im
mathematischen Sinne verändert. Das ist kompliziert und einfach
zugleich - je nachdem, unter welchem Blickwinkel man es
betrachtet.
Die Einfachheit ergibt sich aus der Tatsache, dass keine Zellen
aus dem numerischen Netz der Numerik entfernt werden. Man setzt
einfach eine Variable, die angibt, ob dort Material vorhanden ist
oder nicht. Anstatt dies jedoch mit binären Werten zu tun (d.h.
Material "an" oder "aus"), ändert man die Materialdichte der
Zelle kontinuierlich zwischen [0, 1]. Dabei steht 0 für kein
Material und 1 für die volle Materialmenge. Um numerische
Probleme zu vermeiden wird statt 0 eine kleine Zahl verwendet.
Da diese Modellierung im Allgemeinen zu physikalisch nicht
interpretierbaren Ergebnissen führt, bei denen die Zellen weder
leer sind noch die volle Menge an Material enthalten, müssen wir
sicherstellen, dass der Optimierer dazu neigt, Ergebnisse zu
finden, bei denen die Anzahl der Zellen mit mittlerer Dichte
minimal ist. Dazu bestrafen wir solche Konstruktionen. Diese
Verfahren heißen Solid Isotropic Material with Penalization
Method - kurz SIMP-Methode.
Strukturoptimierungsaufgaben enthalten in der Regel eine sehr
große Anzahl von Designvariablen, in der Praxis sind es nicht
selten mehrere Millionen von Variablen, die die Zielfunktion
beeinflussen. Demgegenüber ist die Zahl der Nebenbedingungen viel
kleiner - oft gibt es sogar nur ein paar wenige. Da
Strukturoptimierungsprobleme im Allgemeinem keine konvexen
Promleme sind und oft auch keine linearen Probleme, ist die
Auswertung des Zielfunktionals und der Nebenbedingungen sehr
rechenintensiv. Deshalb wurden spezielle Algorithmen entwickelt,
die besonders geeignet für die Lösung solcher Probleme sind, weil
sie vermeiden können, dass bis zur Konvergenz eine große Anzahl
von Funktionsauswertungen stattfinden müssen. Der wahrscheinlich
meist verbreitete Algorithmus heißt Method of Moving Asymptotes
(MAA). Er wird in der Podcastepisode diskutiert.
Die Aufgabe von Attila in seiner Zeit des Praktikums war es
nämlich, diese Methode zu verallgemeinern, dann zum
implementieren und die Implementierung zu testen.
Die ursprünglich angewandte MAA-Methode, die von Svanberg
vorgeschlagen wurde, verwendet nur einen sehr einfachen Ansatz
zur Behandlung der Länge des Intervalls zwischen der unteren und
oberen Asymptote.
Literatur und weiterführende Informationen
M.M. Selim; R.P. Koomullil: Mesh Deformation Approaches - A
Survey. Journal of Physical Mathematics, 7, 2016. doi
C. Dai, H.-L. Liu, L. Dong: A comparison of objective
functions of optimization-based smoothing algorithm for
tetrahedral mesh improvement. Journal of theoretical and
applied mechanics, 52(1):151–163, 2014.
L. Harzheim. Strukturoptimierung: Grundlagen und
Anwendungen. Deutsch, 2008.
David A. Field: Laplacian Smoothing and Delaunay
Triangulations. Communications in Applied Numerical Methods,
4:709 – 712, 1988.
K. Svanberg: The method of moving asymptotes—a new method
for structural optimization, International Journal for
Numerical Methods in Engineering, 1987
Podcasts
H. Benner, G. Thäter: Formoptimierung, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 212, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2019.
M. An, G. Thäter: Topologieoptimierung, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 125, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017.
P. Allinger, N. Stockelkamp, G. Thäter:
Strukturoptimierung, Gespräch im Modellansatz Podcast, Folge
053, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut für
Technologie (KIT), 2015.
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