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Beschreibung
vor 5 Jahren
Gudrun spricht in dieser Folge mit Simone Göttlich über
Verkehrsoptimierung. Die Verabredung zum Gespräch war im März am
Rande einer Tagung in Bonn erfolgt. Am 23. Mai 2019 war Gudrun
dann einen Tag zu Gast in der Arbeitsgruppe von Simone an der
Universität in Mannheim. Im Sport starten sie gemeinsam unter dem
doppeldeutigen Namen "Team Göttlich".
Verkehr erleben wir täglich zu Fuß, im Auto, auf dem Fahrrad oder
im ÖPNV. Wir haben oft das Gefühl, dass einiges besser geregelt
sein könnte, um den Verkehrsfluss zu verbessern. In der Stadt
vermischen sich viele unterschiedliche Fragen sehr komplex, da
viele unterschiedliche Verkehrsmittel um den Raum konkurrieren.
Auf der Autobahn kann man sich auf den Autoverkehr konzentrieren.
Aber auch dort muss das unterschiedliche Verhalten von schnell
fahrenden Autos und langsamen Lastwagen berücksichtigt werden.
Außerdem beeinflussen auch Auf- und Abfahrten die Durchlässigkeit
der Autobahnspuren.
Es gibt also viele Fragen und Probleme im Zusammenhang mit
Verkehr. Ihre Beantwortung kann allen das Leben erleichtern und
Kosten erheblich senken.
Das Gespräch mit Simone beginnt beim Thema Daten. Wie viele
Autos, Personen und Fahrräder bestimmte Strecken zu bestimmten
Zeiten nutzen, wird stichprobenhaft recht genau gezählt. Zu
einigen Zeiten fließt der Verkehr gut, aber z.B. zur sogenannten
Rushhour kommt er ins stocken. Die gezählten Daten fließen in
Verkehrsprognosemodelle beispielsweise für Routenplanung ein. Wir
rufen dann einfach eine App auf und lassen uns die besten Routen
vorschlagen. Für jede wird von der App eine voraussichtliche
Reisedauer geschätzt. Für Autobahnverkehr werden außerdem auch
ganz aktuelle Daten ergänzt. Um gemeldete Staus aber auch um die
Verkehrsdichte auf besonders wichtigen Autobahnabschnitten, wo
das automatisiert beobachtet wird. Als ein Beispiel dient im
Gespräch von Gudrun und Simone die Autobahn A5 in der Nähe von
Frankfurt, wo schon lange Jahre eine Anzeige gute Dienste
leistet, die bei Einfahrt in den Ballungsraum die aktuell zu
erwartende Fahrtzeit zu markanten Punkten wie beispielsweise dem
Flughafen angibt. Als jemand, der sein Flugzeug erreichen muss,
kann man dann ruhiger durch den dichten Verkehr reisen und sich
an die reduzierte Höchstgeschwindigkeit halten, da man
Planungssicherheit hat. Als Nebeneffekt senkt dies die
Unfallwahrscheinlichkeit, weil auf hektische Überholmanöver
verzichtet wird.
Effekte, die man mit Verkehrsflußmodellen simulieren möchte sind
erwartbare Engpässe beim Einziehen von Fahrspuren oder auch der
sogenannte Stau aus dem Nichts, der bei hoher Verkehrsdichte
auftreten kann. Wir alle wissen, dass auf Autobahnen
Geschwindigkeitseinschränkungen auf Baustellen vorbereiten, um
das Einfädeln der Spuren zu vereinfachen. Wenn der Verkehr dicht
genug ist, breitet sich die Störung, die beim Einfädeln entsteht,
entgegen der Fahrtrichtung wie eine Schockwelle aus. Das ist eine
Beobachtung, die sicher alle schon einmal gemacht haben. Für das
Modell heißt das aber, dass es geeignet sein muss Schockwellen
als Lösungen zuzulassen.
Traditionell gibt es sogenannte mikroskopische und makroskopische
Modelle für Verkehr. In den Ersteren schaut man die Fahrzeuge
einzeln in ihrem typischen Verhalten an. Die Modelle beruhen auf
der Idee des zellulären Automaten. In den makroskopischen
Modellen sieht man als wesentlichen Vorgang das Fließen und
charakterisiert das Verkehrsgeschehen mit den Variablen Dichte
und Fluss. Man kann recht schnell ein erstes Modell aufstellen,
indem man folgende elementare Beobachtungen:
wenn kein Verkehr ist, ist der Fluß Null (Dichte Null ->
Fluß Null) wenn die Dichte maximal ist, stehen alle im Stau und der
Fluß Null
mit Hilfe einer konkaven Funktion des Flusses in Abhängigkeit von
der Dichte verbindet. Diese hat ein Maximum für eine gewisse
Dichte. Die entspricht auch einer Geschwindigkeit des
Verkehrsgeschehens, die man mit Bezug auf den besten Fluß als
Optimum ansehen kann.
Komplexere Modelle nehmen die Masseerhaltung als Grundlage (Autos
bleiben in der Summe erhalten) und führen auf die sogenannte
Transportgleichung, die hyperbolisch ist. Hyperbolische
Gleichungen haben auch unstetige Lösungen, was dem
Verkehrsgeschehen entspricht, aber ihre Behandlung schwieriger
macht.
In der Numerik muss auf die besonderen Eigenschaften Rücksicht
genommen werden. Das erfolgt beispielsweise über die sogenannte
CFL-Bedingung, die Zeit- und Raumdiskretisierung koppelt. Oder
man benutzt Upwind-Schemata für finite Differenzen. Am besten
angepasst an hyperbolische Probleme sind jedoch Finite Volumen
Verfahren. Sie arbeiten mit der Approximation des Flusses über
deren Ränder von Zellen.
Simone hat Wirtschaftsmathematik in Darmstadt studiert und
anschließend in Kaiserslautern promoviert. Als Akademische Rätin
blieb sie einige Jahre in Kaiserslautern und hat sich dann dort
auch habilitiert. Seit 2011 ist sie Mathematikprofessorin an der
Universität Mannheim am Institut für Wirtschaftsinformatik und
Wirtschaftsmathematik.
Literatur und weiterführende Informationen
J. Kötz, O. Kolb, S. Göttlich - A combined first and second
order traffic network model - preprint, March 2019.
M. Burger, S. Göttlich, T. Jung - Derivation of second order
traffic flow models with time delays Networks and Heterogeneous
Media, Vol. 14(2), pp. 265-288, 2019.
U. Clausen, C. Geiger: Verkehrs- und Transportlogistik
VDI-Buch, 2013. ISBN 978-3-540-34299-1
M. Treiber, A. Kesting: Verkehrsdynamik Springer, 2010. ISBN
978-3-642-32459-8
Podcasts
P. Vortisch, G. Thäter: Verkehrsmodellierung I, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 93, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016.
U. Leyn, G. Thäter: Verkehrswesen, Gespräch im Modellansatz
Podcast, Folge 88, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut
für Technologie (KIT), 2016.
K. Nökel, G. Thäter: ÖPNV, Gespräch im Modellansatz Podcast,
Folge 91, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut für
Technologie (KIT), 2016.
T. Kretz, G. Thäter: Fußgängermodelle, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 90, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016.
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