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Beschreibung
vor 5 Jahren
Gudrun ist zu Besuch an der ETH in Zürich und spricht dort mit
Laura Keller. Laura hat an der ETH Mathematik und theoretische
Physik studiert und wurde dort auch promoviert. Anschließend
forschte und unterrichtete sie jeweils einige Jahre in Münster,
Lausanne und Luzern. Heute arbeitet sie als Senior Scientist an
Strömungsmodellen, wie sie in Anwendungen in der Biologie, z.B.
im menschlichen Körper vorkommen. Hier gibt es ganz
unterschiedliche biologische und medizinische Fragen. Bekanntlich
enthält der menschliche Körper viel Wasser. Die Bewegung von Blut
oder Gehirnflüssigkeit ist aber nicht wie die von Wasser, sondern
u.a. durch im Fluid gelöste Zellen mitbestimmt, die mit der
Flüssigkeit in unterschiedlich breiten Gefäßen transportiert
werden. Auch Tumorwachstum lässt sich mit solchen Gleichungen
studieren.
Wenn man eine konkrete Frage im Blick hat, muss man als nächstes
entscheiden, was man genau erreichen will: braucht man ein
Modell, mit dem man Beobachtungen im Prinzip
nachvollziehen kann oder muss es ein Modell sein, das kalibriert
ist und möglichst genau experimentelle Daten abbildet und
Prognosen geben kann?
Im Einzelnen heißt das zu entscheiden, welche Effekte sind
wichtig und werden in das Modell einbezogen? Beispielsweise kann
man für eine partikelbehaftete Strömung sowohl Partikel als auch
die Strömung gleichzeitig vollständig modellieren oder man
homogenisiert beide zu einer Flüssigkeit mit Eigenschaften, die
so ungefähr die wichtigen Eigenschaften der Mischung hat.
Klassisch nimmt man hier gern Oldroyd-B-Modelle für
Partikelströmungen, da sie sowohl ein elastisches als auch ein
viskoses Strömungsverhalten zeigen. Sind gelöste Zellen aber
solche Partikel oder nicht? Ein denkbarer Zugang, biologische in
Flüssigkeit gelagerte Zellen zu untersuchen wäre es auch, mit den
unterschiedlichen Dichten als Hauptinformation zu arbeiten. Es
ist nicht so klar, wohin man am sinnvollsten vom Standardmodell
abweicht, um die Modelle realitätsnäher zu machen.
Laura kommt aus der geometrischen Analysis und macht deshalb
besonders gern die Arbeiten zur prinzipiellen mathematischen
Absicherung von Modellen. D.h. sie beweist in ihren Arbeiten
Existenz, Eindeutigkeit und Regularität von Lösungen der sehr
nichtlinearen Gleichungssysteme. Mathematisch ist es immer
hilfreich, wenn man im Modell bestimmte Struktureigenschaften wie
Symmetrie oder Energieminima ausnutzen kann.
Ein wichtiges Thema sind für sie Strömungen ohne Gravitation. Im
Experiment kann man z.B. einen horizontalen Zylinder betrachten
und durch eine Drehbewegung um die Symmetrieachse die mittlere
Gravitation zum verschwinden bringen. Die publikumswirksamen
Anwendungen sind hier Probleme mit Muskeln und Bandscheiben im
Weltall. Allerdings sind physiologische Befunde für bettlägerige
Personen ähnlich wie die für Personen im Weltall, denn denen
fehlt der für ihren Bewegungsapparat wichtige Wechsel zur
Gravitationsrichtung über den Verlauf des Tages hinweg.
Gudrun und Laura lassen den Blick über unterschiedliche
Themenfelder und Aufgaben in der biologischen Mathematik für ganz
verschiedene mathematische Felder schweifen und sind sich
schließlich einig, dass es auf dem Gebiet für unterschiedlichste
mathematische Techniken noch sehr viele spannende ungelöste
Fragen gibt. Außerdem finden sie es wichtig, eine Arbeitskultur
zu schaffen, in der jede/r mit Fragen willkommen ist- sowohl für
die Studierenden als auch im Kollegium.
Literatur und weiterführende Informationen
L.G.A. Keller: Homogenization and concentrated capacity for
the heat equation with two kinds of microstructures: Uniform
cases. Annali di Matematica Pura ed Applicata 196(3), 791-818,
2017.
https://people.math.ethz.ch/~triviere/pdf/pub/keller-mondino-riviere-22-05-13.pdfL.
Keller e.a.:Embedded surfaces of arbitrary genus minimizing the
Willmore energy under isoperimetric constraint] Arch. Ration.
Mech. Anal. 212, 645-682, 2014.
L.Tartar: The General Theory of Homogenization: A
Personalized Introduction. Springer, Heidelberg, 2009.
Podcasts
X. Liao, G. Thäter: Nonhomogenous Fluids, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 189, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2018.
M. E. Rognes, G. Thäter: Cerebral Fluid Flow, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 134, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017.
A. Khrabustovskyi, G. Thäter: Homogenization, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 116, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016.
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