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Beschreibung
vor 5 Jahren
Gudrun spricht in dieser Episode mit Colin Bretl und Niko
Wilhelm. Beide sind zur Zeit des Gespräches Bachelorstudenten am
Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Colin studiert
Mathematik und Niko Informatik. Bevor sie sich für ein Studium am
KIT entschieden haben, hatten sie an der Dualen Hochschule
Karlsruhe (DHBW) ein Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik
abgeschlossen.
Die beiden haben im Wintersemester 2018/19 an Gudruns Vorlesung
Modellbildung teilgenommen. Wie schon in unserer ersten
Podcastepisode besprochen wurde, gehört zum Programm der
Vorlesung, dass die Studierenden sich in Gruppen finden, selbst
ein Projekt suchen und bearbeiten. Colin und Niko haben die
Arbeit von Fluglotsen betrachtet. Sie haben modelliert, wie die
anfliegenden Flugzeuge am besten auf die Landebahn zugeteilt
werden. Am Beispiel des Flughafens Heathrow (mit Daten vom 1.
August 2018) wurde ihr erstelltes Modell getestet. Als
mathematische Methode haben sie hierfür Warteschlangentheorie
augewählt. Die beiden haben das Modell selbst erarbeitet, es
programmiert und eine Ausarbeitung angefertigt. Die
Podcastepisode zeigt, wie und warum sie ihr Problem gewählt haben
und welche Schritte zum Erfolg (oder auch zum Misserfolg) geführt
haben.
Die Überwachung einer Flugbewegung durch Fluglotsen findet z.B
beim Landeanflug auf einen Zielflughafen statt. Wollen mehrere
Luftfahrzeuge in einem kurzen Zeitraum nacheinander landen,
gehört es zu den Aufgaben des Lotsen, diese Reihenfolge
festzulegen. Infolgedessen werden den einzelnen
Luftfahrzeugführern Streckenanweisungen mitgeteilt (bspw. ob
diese einmal oder mehrfach ein Warteschleife fliegen sollen). Im
trivialen Fall, dass zwischen zwei ankommenden Luftfahrzeugen
genug Zeit liegt, kann jedes Luftfahrzeug auf möglichst direktem
Weg zur Landebahn geführt werden. Der Durchsatz, also wie viele
Luftfahrzeuge in einem Zeitintervall landen können, ist in diesem
Fall optimal. Bei hohem Verkehrsaufkommen gestaltet sich die
Überwachung durch Fluglotsen schwieriger. Es müssen nicht nur
Sicherheitsabstände zwischen den Luftfahrzeugen eingehalten
werden, sondern auch physikalische Besonderheiten des
Luftverkehrs und technische Restriktionen berücksichtigt werden.
Diese wirken sich negativ auf den Durchsatz aus. Außerdem
erschweren die Rahmenbedingungen eine mathematische Untersuchung.
Im Projekt von Colin und Niko wird die Problemstellung nur für
Flugzeuge, die durch Radar identifiziert werden können,
betrachtet. Darunter fallen u.a. große Passagiermaschinen, wie
sie an internationalen Verkehrsflughäfen vorzufinden ist. Solche
Flugzeuge machen den größten Anteil an kontrollierten
Flugbewegungen aus. Mit Hilfe des mathematischen Modells sollen
die Grundlagen dafür geschaffen werden, verschiedene
Lotsen-Strategien auf ihren Durchsatz hin zu untersuchen. Es
konzentriert sich dabei zunächst auf das Standardanflugverfahren
bei hohem Verkehrsaufkommen und geht davon aus, dass Flugzeuge in
der Reihenfolge ihrer Ankunft landen dürfen.
Wenn eine Landung nicht unmittelbar eingeleitet werden kann,
müssen die Flugzeuge Standard-Warteschleifen fliegen. Die
Warteschleife ermöglicht es, die Mindestgeschwindigkeit zum
Fliegen aufrecht zu erhalten. Prinzipiell kreist ein Flugzeug in
einer Warteschleife über einem festen Punkt. Mehrere Flugzeuge
können in unterschiedlicher Höhe dieselbe Warteschleife nutzen.
Für den Datensatz von Heathrow am 1. August 2018 stellte sich
heraus: Zu Spitzenzeiten kommen 50 Flugzeuge pro Stunde an. In
diesem Fall ist das System nicht stabil. Das bedeutet, die
Lastspitze könnte im Modell nicht dauerhaft durchgehalten werden.
Stabilität ist bei 38 Flugzeugen pro Stunde gerade noch so
gegeben. Nach dem mathematischen Modell könnte der Flughafen
Heathrow also 38 Flugzeuge pro Stunde abarbeiten, was fast dem
Mittelwert über alle Anflüge am 1.8. 2018 zwischen 06:00 und
23:00 etwa entspricht (das waren im Datensatz 39,1).
Literatur und weiterführende Informationen
C. Bretl & N. Wilhelm: Modellierung ankommender Flugzeuge
- Beschreibung mithilfe von Warteschlangen am Beispiel des
Flughafens London Heathrow, 2019.
J. Reichmuth and P. Berster: Past and Future Developments of
the Global Air Traffic. in: M. Kaltschmitt & U. Neuling
(Eds.): Biokerosene - Status and Prospects, Springer, 2018.
https://doi.org/10.1007/978-3-662-53065-8_2
K.-H. Waldmann and U. M. Stocker: Stochastische Modelle -
Eine anwendungsorientierte Einführung. 2nd ed. Springer, 2013.
D. Baum: Grundlagen der Warteschlangentheorie. Springer,
2013.
F. Shortle et al.: Fundamentals of Queueing Theory. Wiley,
2018
ICAO: Doc. 4444 Air Traffic Management, 2016.
Podcasts
G. Thäter, S. Ritterbusch: Mathematische Modellbildung,
Gespräch im Modellansatz Podcast, Folge 1, Fakultät für
Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2013.
B. Sieker, S. Ritterbusch: Flugunfälle, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 175, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2018.
S., J., C., A., M. Völter: Mit Lufthansas A380 nach Hong Kong
Teil 1, Folge 262 im omega tau Podcast, Markus Völter und Nora
Ludewig, 2017.
S., J., C., A., M. Völter: Mit Lufthansas A380 nach Hong Kong
Teil 2, Folge 263 im omega tau Podcast, Markus Völter und Nora
Ludewig, 2017.
S. Müller, T. Pritlove: Ziviler Luftverkehr, CRE 211,
Metaebene Personal Media, 2016.
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