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Beschreibung
vor 7 Jahren
Gudrun traf Patrick Nathen im April 2017 neben dem Flugfeld in
Oberpfaffenhofen. Vielen ist dieser Ort ein Begriff, weil das
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt dort seinen Sitz hat.
Auch das von Patrick mitgegründete Startup Lilium Aviation hat
dort seine Büros. Die Vision von Lillium ist es ein Anbieter wie
Uber zu werden - allerdings für den Luftraum. Dafür wird ein
senkrecht startender Jet entwickelt, der mit Elektromotoren
relativ leise und mit wenig Platzbedarf beim Starten und Landen
Personen in Ballungsgebieten schnell von Punkt zu Punkt
transportiert: Mobility on demand. Die Fluggeräte starten
senkrecht wie Hubschrauber und auf Reisehöhe werden sie zum Jet.
Diesem Traum waren sie zum Zeitpunkt unseres Gespräches schon
sehr nahe: Der Prototyp flog und befand sich im
Zulassungsverfahren der Europäischen Agentur für Flugsicherheit
(EASA).
Neben den Fluggeräten muss auch die Infrastruktur entwickelt
werden. Einerseits lassen sich die Helipads als Landeplätze in
Metropolregionen nutzen, andererseits braucht es auch die
Software, die Nutzer, Geräte und Landemöglichkeiten miteinander
verbinden wird. In der Zukunft soll es sogar möglich werden, auf
Piloten ganz zu verzichten, weil die Geräte vom Boden
ferngesteuert werden.
Statt - wie Gudrun an dem Morgen - über eine Stunde aus der
Innenstadt von München nach Oberpfaffenhofen zu fahren, würde
sich die Reisezeit für diese Strecke auf etwa 5 min verkürzen.
Das klingt zu schön, um wahr zu werden - diese Idee müssen
Menschen erst für möglich halten bevor es Normalität werden kann.
Die Geschichte von Lilium begann 2013 in der WG von vier
Ingenieurstudenten - Daniel Wiegand, Matthias Meiner, Patrick
Nathen and Sebastian Born - mit einer "spinnerten" Idee. Alle
haben an der Fakultät für Maschinenwesen der TU München studiert
oder promoviert. Sehr schnell hatten sie einen ersten großen
Investor gefunden, sind auf ein Team von 40 Leuten gewachsen
(Stand April - inzwischen sind es schon 70) und nun wird der
Zweisitzer im 1:1 Modell getestet. Das Folgeprodukt soll
schließlich auch eine bemannte Zertifizierung bekommen und eine
effektive Problemlösung für die Allgemeinheit werden. Das
betrifft dicht besiedelte Metropolregionen genauso wie ländliche
Regionen mit wenig ÖPNV-Optionen. Dafür haben sie in der zweiten
Finanzierungsrunde 90 Millionen Euro Kapital eingeworben.
Beim Starten und Landen gibt es auch in der von Lilium
entwickelten Technologie Lärm wegen der Propeller, die für den
Auftrieb sorgen. Da aber möglichst wenig Lärmentwicklung eine
wichtige Voraussetzung dafür ist, dass sich die Technologie
möglichst weit durchsetzen wird, wurde nach neuen Ideen zur
Lärmvermeidung gesucht. Jetzt hat der Propeller eine Hülle.
Dadurch wird weniger Schall abgestrahlt und die Effizienz erhöht.
Im Reiseflug trägt sich der Flieger selbst. Um so einfach wie
möglich zu bauen, muss man aber mit dem für Starten und Landen
nötigen großen Motor irgendwie leben.
In der Konstruktion gingen sie approximativ vor. Als ersten
Schritt kann man die nötige Spannweite und Flügelfläche zusammen
mit der Fluggeschwindigkeit durch vorläufige aerodynamische
Faustformeln schätzen. Die zu erreichenden Widerstands- und
Auftriebsbeiwerte legen schließlich auch das Profil der Flügel
mehr oder weniger fest. Und die statische Stabilität kann mit
Hilfe von Vorerfahrungen mit klassischen Flugobjekten gesichert
werden. Zum Beispiel durch eine elliptische Auftriebsverteilung,
die widerstandsarm ist, weil sie Turbulenzen an den falschen
Stellen vermeidet. Für genauere Untersuchungen mussten diese
Ideen und die gesamte Geometrie aber zunächst am Computer
simuliert werden. Hier gibt es Berührungspunkte zur Arbeit an
Gudruns Lehrstuhl, denn die genaue Strömungsrechnung erfordert
moderne Softwarepakete auf dem Gebiet.
Hinzu kommt, dass Batterien immer kritisch für die Sicherheit der
Geräte sind. Sie heizen sich in der Start- und Landephase auf und
das Kühlungskonzept muss wirklich clever sein. Die Anforderung
ist, dass das Fluggerät im Winter in Schweden und im Sommer in
Dubai funktioniert. Außerdem muss sichergestellt werden, dass
eine brennende Batterie nicht zur Zerstörung des ganzen Gerätes
führt. Schließlich sind auch Ergonomie und Raumluftkomfort keine
unwichtigen Themen. Zum Beispiel müssen Böen durch den
Flugcomputer abgefangen werden und hierfür ist Redundanz in den
Triebwerken nötig.
Literatur und weiterführende Informationen
K. Weltner: Flugphysik. Physik des Fliegens, Strömungsphysik,
Raketen, Satelliten. Books on Demand, Norderstedt, ISBN
978-3-7412-1472-1.
W.-H. Hucho: Aerodynamik der stumpfen Körper. Physikalische
Grundlagen und Anwendungen in der Praxis. Vieweg + Teubner,
Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8348-1462-3.
P. Nathen e.a.: An extension of the Lattice-Boltzmann Method
for simulating turbulent flows around rotating geometries of
arbitrary shape, Conference: 21st AIAA Computational Fluid
Dynamics Conference 2013.
P. Nathen, D. Gaudlitz, N. Adams:Towards wall-adaption of
turbulence models within the Lattice Boltzmann framework
Conference: TSFP-9, 2015.
Handelsblatt am 5.9.2017
Wired am 20.04.2017 Interview.
Investor Frank Thelens Blick auf lilium
Mitmachen bei lilium: Offene Stellen
Podcasts
S. Cannon, M. Voelter: Flying the V-22 Osprey, omega tau
Podcast, Episode 219, 2016.
R. Rudnik, H. Klein: Auftrieb, Resonator-Podcast der
Helmholtz-Gemeinschaft, Episode 71, 2015.
W. Rudolf: Ein elektrisch angetriebenes VTOL-Flugzeug, CC2tv
Audiocast Folge 568, 2017. (Folge 568 Direktlink zur mp3-Datei)
N. Rottger: Die digitale Republik, piqd Podcast Magazin,
2017.
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