Raumklima

Raumklima

Modellansatz 143
17 Minuten
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Beschreibung

vor 7 Jahren

Gudrun hat sich auf den Weg an ihre Alma Mater nach Dresden
gemacht, um mit einem ehemaligen Kommilitonen zu sprechen, der
dort als Diplom-Mathematiker schon seit 30 Jahren unter
Ingenieuren Strömungssimulation betreibt. Markus Rösler hat von
1982-87 an der TU Dresden Mathematik studiert. Im
Industriepraktikum im Rahmen des Studiums kam er in Berührung mit
der damaligen Sektion Energieumwandlung und stieg dort für drei
Monate in die Strömungssimulation ein. Nach dem Studium wechselte
er dauerhaft auf eine Stelle im Institut für Srömungsmechanik in
der damaligen Sektion Energieumwandlung, promovierte zum Dr.-Ing.
und arbeitet seitdem neben der Lehre für Maschinenbauer an
Projekten mit, die Strömungen in Gebäuden und in Räumen besser
vorhersagen und analysieren zu können. Inzwischen an der Fakultät
Maschinenwesen, Professur für Gebäudeenergietechnik und
Wärmeversorgung.


Gudrun und Markus teilen die Faszination für Strömungen, die fast
schon philosophisch tief greift sowohl in der Beschreibung der
Beobachtungen als auch im Verständnis der Phänomenologie. Das
Tagesgeschäft in Markus' Alltag an der TU Dresden sind die
Erforschung der Wirkung von Strömung im Raum auf Energiebedarf
und thermische Behaglichkeit. Das erfolgt einerseits in konkreten
Projekten - andererseits aber auch in grundlegenden Überlegungen
für Situationen in Typenräumen in typischen Situationen. So
entstand bereits ein Katalog, in dem sich Aussagen finden lassen,
wie gebaut oder umgebaut werden kann, um die Energie effektiver
zu nutzen.


Ein Problem in der numerischen Simulation ist, dass die Strömung
in Innenräumen in der Regel eine nicht vollständig ausgebildete
turbulente Strömung ist. D.h. die Modellgleichungen sind jeweils
- optimistisch ausgedrückt - im Grenzfall der Gültigkeit, da es
weder laminar noch wirklich voll turbulent strömt. Die
geometrische Auflösung ist dabei auch ganz kritisch. In einem
Plattenheizkörper muss beispielsweise die genaue Luftströmung um
den Heizkörper mit all seinen Lamellen berücksichtigt werden.
Außerdem die Wasserströmung im Heizkörper.


Die Strömungen werden in der Arbeitsgruppe in der Regel mit einer
Reynolds-Mittelung der Navier-Stokes Gleichungen gerechnet, die
mit geeigneten Turbulenzmodellen gekoppelt wird. Hier ergibt sich
jedoch in der Regel ein Schließungsproblem, d.h. es gibt zu
wenige Gleichungen für die Zahl der Variablen. Diese Lücke wird
mit gewählten Parametern, die auf Messungen beruhen, geschlossen.
Alle Rechnungen sollten etwa in Echtzeit erfolgen. Dafür sind die
eben genannten Methoden gut geeignet. Andererseits werden immer
genauere Rechnungen nötig, die mit den bisher genutzten
Mittelungen nicht möglich sind. Dafür arbeiten sich Markus und
seine Kollegen in neue Methoden ein - wie z.B. Lattice Boltzmann
Modelle. Aber es ist noch sehr schwierig, mit diesen neuen und
genaueren Methoden die geforderten Rechengeschwindigkeiten zu
erreichen.


Ein konkretes Beispiel aus der aktuellen Arbeit sind Simulationen
für Dialyseräume. Es geht darum, Heizung, Lüftung und Kühlung für
maximale thermische Behaglichkeit auszulegen. Dafür wird die
Geometrie das Raumes, der Geräte und der Personen im Computer
genau nachgebildet.


Die Energiewende fordert von der Forschung nachhaltige Lösungen
für die Wärmeversorgung und die Elektroenergietechnik. Im
Lehrstuhl werden hierfür z.B. regionale virtuelle Kraftwerke
untersucht. Für Markus geht es jedoch im engeren Sinne eher um
die effektive Nutzung der Energie. Konkret werden in der nächsten
Zeit instationäre Szenarien für thermische Behaglichkeit
untersucht. Probanden können in einem Versuchsraum dem Anheben
und Absenken von Temperaturen ausgesetzt werden und die Frage
beantworten: Wann wird es unbehaglich? Es ist möglich Puffer für
Wärme/Kälte mit Hilfe von Technik oder dem Gebäude selbst zu
füllen und so zu nutzen, wie die Erkenntnisse aus der
Probandenforschung es sinnvoll erscheinen lassen. An diesen
Fragestellungen ist natürlich besonders interessant, dass eine
Brücke zu Gesundheit und (Arbeits-)Medizin geschlagen wird.


Als Mathematiker hat Markus unter den Energietechnikern zunächst
eine steile Lernkurve absolviert, aber er findet nach wie vor die
Ansicht auf Probleme von zwei Seiten - mathematisch und
ingenieurtechnisch - besonders hilfreich. Die von den Ingenieuren
benutzen numerischen Modelle sind zwar vereinfacht - mitunter
sogar stark vereinfacht - aber doch erstaunlich zutreffend und
lösen tatsächlich die Probleme sehr gut.

Literatur und weiterführende Informationen

Video zum Klimaraum am Institut

X. Yuan, M. Rösler, R. Gritzki, C. Felsmann:
Lattice-Boltzmann-Methoden zur Berechnung von Raumluftströmungen,
GI Gesundheitsingenieure 2017.

J. Seifert, R. Gritzki, A. Perschk, M. Rösler, M. Knorr, M.
Wild, C. Russ: Co-Simulation am Beispiel eines Dialyseraums, GI
Gesundheitsingenieur 2017.

R. Gritzki, C. Kandzia, M. Rösler, C. Felsmann: Frische Luft
direkt am Arbeitsplatz – Vergleich von konventioneller und
persönlicher Lüftung in Büroräumen, Bauen im Bestand, März 2017.

R. Gritzki, C. Kandzia, M. Rösler,C. Scheer, C. Felsmann:
Simulation und experimentelle Evaluierung thermoaktiver Textilien
für die energieeffiziente Heizung und Kühlung von Räumen,
Tagungsbeitrag BauSIM 2016, September 2016.

W. Kozak, D. Stein, C. Felsmann, B. Hensel, K. Kabitzsch, M.
Rösler: AmI-basierte Regelung von Klimaanlagen und Anwendung auf
das Phänomen der \"Trockenen Luft\" Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund, 2014 (ISBN:
978-3-88261-033-8)

G. Lube, T. Knopp, R. Gritzki, M. Rösler, J. Seifert:
Application of domain decomposition methods to indoor air flow
simulation, International Journal of Computer Mathematics, Volume
85, Issue 10 (October 2008).

T. Knopp, G. Lube, R. Gritzki, M. Rösler: A near-wall
strategy for buoyancy-affected turbulent flows using stabilized
FEM with applications to indoor air flow simulation, Computer
Meths. Applied Mechan. Engrg. 194 (2005) 3797-3816.


Podcasts

B. Hagemann, A. M. Falah: Cooles Büro - Labor fürs Raumklima,
KIT Wissen, 2014.

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