Bézier Stabwerke

Bézier Stabwerke

Modellansatz 141
53 Minuten
Podcast
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Beschreibung

vor 7 Jahren

Arne Rick (@Couchsofa) war schon ein häufiger, aber ungenannter
Gast im Modellansatz Podcast: Als DJ war er auf den Aufnahmen von
der aktuellen und früheren Gulasch-Programmiernächten im
Hintergrund zu hören. Außer für Musik hat Arne auch ein großes
Faible für Mathematik und Informatik und befasst sich im Zuge
seiner von Prof. Marcus Aberle betreuten Bachelorarbeit zum
Bauingenieurwesen an der Hochschule Karlsruhe mit Bezierkurven
für Stabwerke.


Stabwerke sind Modelle für Strukturen in Bauwerken und eine
Lösung für ein System von Stabwerken hilft im konstruktiven
Bauingenieurwesen, die Aufbauten in ihren Bemessungen und
Anforderungen auszulegen und erforderliche Eigenschaften
festzulegen.


Die Darstellung als Stabwerke ist im Sinne eines Fachwerks eng
verknüpft mit dem Prinzip von Finite Elementen, da diese in
gewissen Anwendungen als Stabwerke und umgekehrt interpretiert
werden können. Weiterhin können Stabwerke mit Hilfe von finite
Elementen innerhalb der Stäbe genauer bestimmt bzw. verfeinert
werden.


Die Betrachtung des Stabwerks beginnt mit der Struktur und den
Einwirkungen: Hier ist spielt das Semiprobabilistische
Teilsicherheitsbeiwerte-System eine besondere Rolle, da es die
möglichen Einwirkungen auf die Bauteile und damit die
Gesamtanalyse probabilistisch erfassbar macht.


Man unterscheidet hier nicht mehr so stark zwischen dem Bauen im
Bestand, wo viele Nebenbedingungen zwar bekannt, aber die
Eigenschaften der verbleibenden Bestandteile unsicher sind, und
dem Aufbau eines Neubaus, wo es jeweils für die Bauingenieure
gilt, die Vorgaben aus der Architektur konstruktiv, berechnend,
planend und organisatorisch unter Berücksichtigung des möglichen
Zeit- und finanziellen Rahmens, verfügbarer Materialien, Technik,
Mitarbeiter und Bauverfahren sicher umzusetzen.


Speziell in der Betrachtung der Stabwerke können die Fälle der
statistischen Über- und Unterbestimmung des Bauwerks auftreten,
wo Überbestimmung grundsätzlich zu Verformungen führt, eine
Unterbestimmung andererseits kein funktionsfähiges Bauwerk
darstellt. Weiterhin ändert jede Anpassung von beispielsweise der
Tragfähigkeit eines Bauteils auch gleich zur Änderung des
gesamten Stabwerks, da ein stärkerer Stab oft auch mehr wiegt und
sich eventuell auch weniger verformt. Außerdem ziehen in einem
statisch überbestimmten System die steiferen Elemente die Lasten
an. So ist es häufig, eher unintuitiv, von Vorteil Bauteile zu
schwächen um eine Lastumlagerung zu erzwingen. Dies führt in der
Auslegung oft zu einem iterativen Prozess.


Die Darstellung eines Stabes oder Balkens ist dabei eine
Reduzierung der Wirklichkeit auf ein lokal ein-dimensionales
Problem, wobei die weiteren Einwirkungen aus der Umgebung durch
Querschnittswerte abgebildet werden.


Die Voute ist ein dabei oft auftretendes konstruktives Element in
der baulichen Umsetzung eines Tragwerks, die in der Verbindung
von Stäben eine biegesteife Ecke bewirkt und in vielen Gebäuden
wie beispielsweise dem ZKM oder der Hochschule für Gestaltung in
Karlsruhe zu sehen sind.


In der Modellierung der einzelnen Stäbe können verschiedene
Ansätze zum Tragen kommen. Ein Standardmodell ist der
prismatische Bernoulli Biegestab, das mit Differentialgleichungen
beschrieben und allgemein gelöst werden kann. Daraus entstehen
Tabellenwerke, die eine Auslegung mit Hilfe dieses Modell
ermöglichen, ohne weitere Differentialgleichungen lösen zu
müssen. Eine häufige Vereinfachung ist die Reduzierung des
Problems auf zwei-dimensionale planare Stabwerke, die in den
meissten Anwendungsfällen die relevanten Anforderungen darstellen
können.


Die Stäbe in einem Stabwerk können nun unterschiedlich
miteinander verbunden werden: Eine Möglichkeit ist hier ein
Gelenk, oder in verschiedene Richtungen und Dimension festlegte
oder freie Lager, also Festlager oder Loslager zwischen Stäben
oder einem Stab und dem Boden. Je nach Wahl der Verbindung
entstehen in diesem Punkt eine unterschiedliche Anzahl von
Freiheitsgraden. Für die praktische Berechnung werden Lager oft
auch verallgemeinert, in dem die Verbindung über eine Feder
modelliert wird: Hier haben ideale Loslager eine Federkonstante
von 0, während die Federkonstante von idealen Festlagern gegen
unendlich geht. Mit allen Werten dazwischen können dann reelle
Lager besser beschrieben werden.


In vereinfachter Form führt die Berechnung eines Stabwerks mit
idealisierten unbiegbaren Balken mit den Endpunkten der Balken
als Variablen und den Verknüpfung der Balken als Gleichungen
direkt auf ein relativ einfaches lineares Gleichungssystem. Da
sich in Realität alle Balken unter Last merklich verbiegen (es
sei denn, sie sind vollkommen überdimensioniert), müssen sie
grundsätzlich mit Steifigkeit modelliert werden, um belastbare
Ergebnisse zu erhalten.


Aber auch im erweiterten Modell wird der Stab durch eine Matrix
linear beschrieben, nur dass hier auch die Last eine Rolle spielt
und über das Elastizitätsmodul, Fläche und Trägheitsmoment die
Verbiegungen abbilden kann. So ergibt das erweiterte Modell
ebenfalls ein lineares Gleichungssystem, nur mit mehr Variablen
und Parametern, die das System beschreiben und Angaben zur
Verbiegung und Lastverteilung machen.


Nach der gewöhnlichen Berechnung des Stabwerks hat sich Arne nun
mit der Frage beschäftigt, ob die Stäbe mit Biegezuständen mit
Bezierkurven besonders sinnvoll dargestellt werden können. In der
Konstruktion erfahren Bézierkurven eine große Beliebtheit, da sie
über Start- und Endpunkt mit zwei Kontrollpunkten sehr intiutiv
zu steuern sind. Oft kommen oft Non-Uniform Rational B-Splines
(NURBS) zum Einsatz, die als verallgemeinerte Bézier-Splines
aufgefasst werden können.


Das Grundproblem besteht darin, dass die Stäbe im erweiterten
Modell durch Einführung der Biegezustände und Elastizität weder
ihre Länge behalten, noch eine eindeutige Ausrichtung durch
unterschiedliche Winkel an den Enden erhalten. Einen solchen
Widerspruch versucht man bei Finiten Elementen entweder durch
eine feinere Diskretisierung und damit durch eine Abbildung durch
Geradenstücke oder durch eine Abbildung mit Polynomen höherer
Ordnung zu ermöglichen und das Problem auf dem verfeinerten
Modell zu lösen. Der dritte Ansatz ist hier, die Ergebnisse durch
die in der Konstruktion bewährte Darstellung über Bezier-Kurven
qualitativ anzunähern, um die Modellerfahrung aus der
Konstruktion in der Darstellung der Lösung zu nutzen.


Die Umsetzung erfolgt in Python, das mit den Bibliotheken NumPy
und SciPy eine Vielzahl hilfreicher und effizienter Funktionen
besitzt.

Literatur und weiterführende Informationen

A. Rick: Structurana, Python, 2017.

Friedrich U. Mathiak: Die Methode der finiten Elemente (FEM),
Einführung und Grundlagen, Skript, Hochschule Neubrandenburg,
2010.

Ch. Zhang, E. Perras: Geometrische Nichtlinearität,
Steifigkeitsmatrix und Lastvektor, Vorlesung Baustatik (Master),
Lehrstuhl Baustatik, Universität Siegen, 2015.


Podcasts

M. Bischoff: Baustatik und -dynamik, Gespräche mit Markus
Völter & Nora Ludewig im omega tau Podcast, Episode 029,
2010.

M. An: Topologieoptimierung, Gespräch mit G. Thäter im
Modellansatz Podcast, Folge 125, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017.

A. Rick: A Hackers Approach To Building Electric Guitars,
Vortrag auf der GPN15, Karlsruhe, 2015.


GPN17 Special

Sibyllinische Neuigkeiten: GPN17, Folge 4 im Podcast des CCC
Essen, 2017.

M. Lösch: Smart Meter Gateway, Gespräch mit S. Ritterbusch im
Modellansatz Podcast, Folge 135, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017.

F. Magin: Automated Binary Analysis, Gespräch mit S.
Ritterbusch im Modellansatz Podcast, Folge 137, Fakultät für
Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017.

A. Rick: Bézier Stabwerke, Gespräch mit S. Ritterbusch im
Modellansatz Podcast, Folge 141, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017.

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