#4: Das "Linzer Modell" für ein Bedingungsloses Grundeinkommen

#4: Das "Linzer Modell" für ein Bedingungsloses Grundeinkommen

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vor 9 Monaten

Es gibt ja verschiedene Modelle für ein BGE: Unterschiedliche
Vorstellungen von der Höhe, unterschiedliche Ideen zur
Finanzierung, unterschiedliche Ideen zur Umsetzung, usw. In
unserem Verein „Das Grundeinkommen“, der in Linz gegründet wurde
und in Linz auch seinen Sitz hat, haben wir auch mehrmals darüber
gesprochen. Im Sommer 2020 haben wir uns dann einmal zu einer
Klausur getroffen und all diese Themen besprochen und in 12
Punkten festgelegt


Grundlage dafür waren ja auch die Berechnungen, die Paul Ettl in
den Monaten vorher gemacht und niedergeschrieben hast.


Aber das „Linzer Modell“ ist nicht nur ein Berechnungs- oder
Finanzierungsmodell. Die ersten 6 der 12 Punkte betreffen
allgemeine Fragen:
Grundeinkommen ist eine bedingungslose finanzielle Zuwendung,
die jedem Mitglied der Gesellschaft in existenz­sichernder Höhe,
ohne Rücksicht auf sonstige Ein­kommen, auf Arbeit oder
Lebensweise, lebens­läng­lich als Rechtsanspruch
zusteht.Sozialleistungen wie Gesundheitsvorsorge, kosten­lose
Bildung, Schulbücher, öffent­licher Verkehr etc. bleiben erhalten.
Ebenso Sonderleistungen für außergewöhnliche Belastungen (z.B. bei
Behinderung). Das BGE ersetzt Familienbeihilfe (Kindergeld),
Mindestsicherung, Notstandshilfe und Ausgleichspension.Die Höhe des
Grundeinkommens für Erwachsene soll sich an der
Armuts­gefährdungs­schwelle orientieren (80% - 100% der
Armutsgefährdungsschwelle). Die jährliche Anpassung an den
Richtwert ist zu garantieren. Für Kinder und Jugendliche schlagen
wir ein progressiv steigendes Grundeinkommen vor, beginnend mit 30%
bei der Geburt  und dann jährlich steigend um weitere 
4%-Punkte pro Jahr.Zuverdienst zum Grundeinkommen verringert dieses
nicht.Erhalten sollen das BGE alle, die ihren Lebensmittelpunkt
legal in Österreich haben.Bisher bezahlte
Arbeitslosenversicherungsbeiträge und Pensionsbeiträge sind
er­worbenes Recht und müssen daher ausbezahlt werden. Nach
Einführung eines BGE sollen Arbeitslosenversicherung und
Pensionsversicherung freiwillig, also nicht mehr verpflichtet,
sein.

Vor allem der letzte Punkt ist uns wichtig, dass Arbeitslosengeld
und Pensionen erworbenes Recht sind und daher durch ein BGE nicht
einfach ersetzt werden können.


Über die bezugsberechtigten Personen, die in Pkt. 5 erwähnt sind,
haben wir ja in der 3. Folge unserer Sendereihe schon gesprochen.
Und über die Höhe (also ausgerichtet an der
Armutsgefährdungsschwelle) haben wir in der zweiten Folge schon
gesprochen.


Und die letzten 6 Punkte betreffen dann die Finanzierung:


In diesen Überlegungen gehen wir von einer einfachen Tatsache
aus: Wer heute nur 10.000 Euro im Jahr verdient, zahlt derzeit
keine Steuer, weil Einkommen bis 11.000 Euro bisher steuerfrei
waren. Seit 1. Jänner 2024 gilt das sogar bis 12.816 Euro. Wenn
diese Person nun aber zu den 10.000 Euro aus Erwerbseinkommen
noch 12.000 Euro Grundeinkommen bekommt, dann ist das
Gesamteinkommen ja 22.000 Euro. Und damit ist diese Person
natürlich steuerpflichtig.


Damit würden nach der aktuellen Steuertabelle für die 22.000 Euro
Gesamteinkommen schon 2.350 Euro Steuer anfallen. Das heißt
einerseits, dass diese Person durch das Grundeinkommen nicht
12.000 Euro mehr im Börserl hat, aber immerhin noch 9.650 Euro
mehr. 2.350 € würden also an den Staat an Steuer zurückfließen.
Dem Staat kostet das Grundeinkommen für diese Person also nur
9.650 Euro.


Aber wir müssen noch einen zweiten Schritt machen. Wenn man die
Einkommensteuertabelle so beibehält, würden auch dem
Großverdiener  6.000 € mehr im Börserl bleiben, weil er von
den zusätzlichen 12.000 € 50% an Steuern zurückzahlt.


Unser Vorschlag ist es, die Einkommensteuer etwas anzuheben. In
der ersten Einkommensteuerstufe gehen wir von den jetzigen 20%
wieder auf die 25% und in der zweiten Einkommensteuerstufe von
30% auf 35%, wie das schon bis 2019 der Fall war, die weiteren
Stufen erhöhen wir auch um ca. 5%, sodass die höchste
Einkommensteuerstufe jetzt nicht mehr 50% bzw. 55%, sondern 60%
ist. Mit dieser Änderung kann man bewirken, dass Großverdiener
nicht dazu bekommen, sondern etwas zur Finanzierung beitragen.
Wer 100.000 € im Jahr verdient, würde dann nicht nur 35.700 €
Steuern zahlen, sondern 52.700 €, also 17.000 € mehr. Gegenüber
12.000 €, die er als Grundeinkommen bekommt.


Wie schaut das im mittleren Einkommensbereich aus?


Bei einem Bruttomonatsgehalt von 3.000 € wären das mit dem
Grundeinkommen (unter Berücksichtigung der höheren Lohnsteuer)
immer noch 270 € im Monat mehr. Bei einem Bruttomonatsgehalt von
5.000 € würde sich das Grundeinkommen mit der erhöhten
Einkommensteuer aufheben.


Das würde ja auch ein bisschen zur Umverteilung beitragen.


Aber selbst Großverdiener würden in diesem Modell nie mehr als
10% des Bruttoeinkommens verlieren. Damit würden sie nicht
hungern müssen, hätten immer noch genug für Kleidung, Wohnung und
für Reisen. Vielleicht etwas weniger Geld, das sie ihrem
Finanzberater für Finanzspekulationen zur Verfügung stellen
könnten.


Was würde das Grundeinkommen dann dem Staat kosten, wenn so viel
Geld durch die Steuer zurückfließt?


Durch diese erhöhte Einkommensteuer würden dann über 60% der
Kosten wieder in die Staatskasse zurückfließen. Durch die
Einsparungen im Sozialbereich (also Kindergeld, Notstandshilfe
und Pensionsausgleichszahlungen) wären das noch einmal 10% und
durch die Kaufkrafterhöhung der einkommensschwachen Schichten
würden noch einmal 10 Mrd. € an zusätzliche Mehrwertsteuer 
in die Staatskasse fließen.


Damit sind ja schon 80% des Grundeinkommens finanziert! Aber was
ist mit den restlichen 20%?


Auch dafür haben wir Vorschläge gemacht, die aber unterschiedlich
politisch umsetzbar sind. So haben wir vor vier Jahren schon eine
CO2-Abgabe vorgeschlagen, die es jetzt schon gibt, eine
Vermögens- und Erbschaftssteuer, die jetzt diskutiert wird, eine
Finanztransaktionssteuer, die eigentlich schon beschlossen, aber
noch nicht umgesetzt worden ist. Und eine Reihe anderer
Maßnahmen. Das würde hier aber den Rahmen sprengen.


Und wo kann man das ganze genauer nachlesen?


Wir haben dann im Herbst 2021 das Buch „Das Linzer Modell für ein
Bedingungsloses Grundeinkommen“ herausgebracht. Das kann in jeder
Buchhandlung bestellt werden. Auch als eBook. Im Internet ist das
Modell zu finden unter www.linzer-modell.info

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