Vom Oligomer zu supramolekularen Strukturen: Studien zur freien Diffusion, Selbstassemblierung und Elektrophorese von DNA und DNA-Chromophor-Hybriden

Vom Oligomer zu supramolekularen Strukturen: Studien zur freien Diffusion, Selbstassemblierung und Elektrophorese von DNA und DNA-Chromophor-Hybriden

Beschreibung

vor 19 Jahren
In der vorliegenden Arbeit wurden die diffusiven und
elektrophoretischen Eigenschaften von Desoxyribonuklein-säure (DNA)
und die Selbstassemblierung von DNA-Chromophor-Hybridmolekülen
untersucht. Hierzu wurden, neben Gelelektrophorese und
temperaturabhängigen Absorptionsmessungen, vor allem
Fluoreszenz-Korre-lationsmethoden angewandt. Um quantitative
Aussagen mittels Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie (FCS) über
die freie Diffusion von doppelsträngigen (ds) DNA-Fragmenten (75 bp
- 1019 bp) in wässrigen Lösungen zu treffen, wurden
laserleis-tungsabhängige Messungen durchgeführt. Diese Experimente
ergaben, dass photophysikalische Effekte wie Triplettrelaxation,
Isomerisations- oder Bleichprozesse die Autokorrelation
entscheidend beeinflussen. Die Län-genabhängigkeit der gemessenen
Diffusionskonstanten kann mit einem Stabmodell beschrieben werden,
das für alle verwendeten dsDNA-Fragmente, die Konturlängen von bis
zu 7 Persistenzlängen aufweisen, Gültigkeit besitzt. In diesem
Zusammenhang konnte auch gezeigt werden, dass kleinere
Diffusionskonstanten lediglich bei der Zuga-be von zweiwertigen
Salzen und bei hohen Salzstärken (> 0,1 M) beobachtet werden.
Durch eine Komplexierung der dsDNA-Fragmente mit kationischen und
neutralen Lipiden war es möglich, dsDNA in ein unpolares
Lösungs-mittel (n-Alkan) zu überführen. Durch Messung der freien
Diffusion konnte die Monodispersität von Lipid-dekorierten
dsDNA-Fragmenten festgestellt werden. In der unpolaren Phase wurde
eine kritische DNA-Konzentration (≈ 10 nM) festgestellt, die für
die Stabilität der DNA-Lipid-Komplexe notwendig ist. In der
Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Müllen am Max-Planck-Institut für
Polymerforschung in Mainz wurde ein DNA-Chromophor-Hybrid
synthetisiert, bei dem an ein zentrales Farbstoffmolekül (Perylen)
beidseitig jeweils ein kurzes ca. 20 Basen langes Oligonukleotid
(ODN) kovalent angebunden wurde. FCS-Messungen, die die
intrinsi-schen Fluoreszenzeigenschaften des Hybrids ausnutzten,
konnten die Löslichkeit und Monodispersität der Hybride bzw. der
Lipid-Hybrid-Komplexe sowohl in wässriger Phase als auch in Alkanen
nachweisen. Durch eine geeigne-te Wahl der ODN-Sequenzen und der
Anknüpfungsstelle der ODN an den Farbstoffkern entstanden durch
Basen-paarung unterschiedliche, supramolekulare Strukturen, die in
Gelelektrophorese-Experimenten nachgewiesen wur-den. Symmetrische
DNA-Chromophor-Hybride können neben beliebig langen, linearen
Ketten bei entsprechender Modifikation der Bausteine sandwichartige
Dimere ausbilden. Asymmetrische Hybride ermöglichen den Aufbau
linearer Strukturen definierter Länge (z. B. Dimere). Die
thermodynamischen Eigenschaften der unterschiedlichen,
supramolekularen Konstrukte wurden durch tempe-raturabhängige
Absorptionsexperimente untersucht. Die Denaturierung der linearen
kettenartigen Strukturen kann durch ein Zwei-Zustands-Modell
beschrieben werden, dessen energetische Eigenschaften sehr gut mit
denen der verwendeten ODN übereinstimmen. Im Fall der
sandwichartigen Strukturen musste für den Schmelzübergang ein
Drei-Zustands-Modell angenommen werden, wobei die eingebauten
Farbstoffkerne eine energetische Wechselwir-kung vermittelten.
Neben der freien Diffusion von dsDNA wurde deren elektrophoretische
Drift untersucht. Dazu wurde ein Mikroe-lektrophorese-System
entwickelt, bei dem die Drift im elektrischen Feld mittels zweier
Laserfoki detektiert wird, die einen Abstand von ca. 5 µm
aufweisen. Hierbei wirken die beiden Foki wie eine mikroskopische
„Lichtschran-ke“; die Driftzeit wird dabei durch eine
Orts-Orts-Kreuzkorrelation der beiden Fluoreszenzsignale zugänglich
ge-macht. Auf Grund der methodisch bedingten sehr hohen
Ortsauflösung ist es möglich, detaillierte Aussagen über die
elektrophoretischen und elektroosmotischen Anteile an der Drift zu
treffen. Experimente mit unterschiedlichen Feldstärken zeigen, dass
eine Temperaturänderung durch den Eintrag von Joulscher Wärme nicht
vernachlässigbar ist. Die elektrophoretische Mobilität ist in
freier Lösung bei der verwendeten dsDNA unabhängig von der
Frag-mentlänge und beträgt im Mittel 4,5∙10-4 cm2/Vs. Durch die
gleichzeitige Messung von Drift und Diffusion konnte neben der
elektrophoretischen Mobilität der dsDNA-Fragmente auch der Einfluss
der hydrodynamischen Reibung ermittelt werden. Dadurch zeigt sich,
dass neben der elektrostatischen Kraft und der Reibungskraft auch
hydrody-namische Abschirmeffekte berücksichtigt werden müssen, um
mit einem entsprechenden Kraftbild die Elektropho-rese-Experimente
zu erklären. Im Gegensatz zu den Messungen in freier Lösung zeigt
die elektrophoretische Drift der dsDNA-Fragmente in ei-nem
physikalischen Polyethylenoxid-Netzwerk eine Längenabhängigkeit,
die einem Potenzgesetz folgt (exp=-0,3). Berechnet man das
Auflösungspotential der Elektrophorese-Experimente und vergleicht
dies mit theoretischen Vorhersagen, so ergibt sich, dass die
Diffusion im Vergleich zur Detektorausdehnung den deutlich stärker
limitie-renden Faktor bezüglich des Auftrennpotentials
unterschiedlich langer DNA darstellt. Die Auftrennung
unter-schiedlich langer dsDNA-Fragmente in der Lösung konnte
experimentell nachgewiesen werden, wobei die Auflö-sungsgrenze
ungefähr 400 bp betrug. Die vorgestellten Ergebnisse belegen, dass
FCS zur quantitativen Charakterisierung der Diffusion eingesetzt
wer-den kann. Darüber hinaus erlaubt die simultane Messung von
elektrophoretischer Drift und Diffusion mit Hilfe von
Doppelfokus-FCS, die Bildung von supramolekularen Konstrukten im
Bezug auf Ladung und Geometrie mit einer Zeitauflösung im
Minutenbereich zu verfolgen.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: